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Das neue Normal

Während der Coronakrise hat sich gezeigt, dass Routinen wie das wöchentliche Sporttraining absolut nicht selbstverständlich sind. Statt Schweiß und Mannschaftsgeist hieß es stay at home und social distancing. Mit den Lockerungen in der Coronaschutzverordnung lebt nun auch das Vereinsleben wieder auf. Dazu gehört auch der Sport. Aber auch hier gilt: Es ist anders als vorher.

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Tischtennis ist per se ein Distanzsport. Foto: Mira Otto
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Für die Vereine scheint Sport zu Zeiten von Corona vor allem eines: Eine organisatorische Meisterleistung. „Wir haben die Trainingszeiten so angepasst, dass jeder zum Training kann“, sagte so Michael Küven, der Präsident des TTC indeland. Er ist auch der Hygienebeauftragte. Davon muss jetzt jeder Verein einen haben, damit die Maßnahmen korrekt umgesetzt werden. Die Kinder trainieren ihre Fähigkeiten im Tischtennis ab dem frühen Nachmittag, dann eine Pause, um alles zu desinfizieren, anschließend das Training für die Erwachsenen. Den Freitag hat eine Trainingsgruppe für sich, dessen Mitglieder alle über 60 sind. Auch durch zeitlichen Abstand zwischen den Gruppen soll das Training so coronafrei wie möglich werden.
Weitere Maßnahmen sollen zu der Sicherheit beitragen. „Alle, die zum ersten Mal wieder hier sind, bleiben erstmal draußen“, sagte so Küven zu einer Trainingsgruppe Ende Mai, während der Hygienebeauftragte auch selbst vor die Tür der Halle trat. Dann die Ansage an alte Bekannte in der neuen Situation: „Die Umkleiden sind noch zu. Bevor ihr die Halle betretet, desinfiziert ihr euch die Hände. An eurem Trainingsplatz steht ein Stuhl zum Ausruhen, der nur von Euch genutzt werden darf. Es gibt momentan keine Doppelspiele und auch keine Seitenwechsel. Der Trainingspartner ist fest eingeteilt, ihr könnt diese also nicht tauschen. Ich halte eure Partner dann in einer Liste fest. Nach dem Training verbleiben wir nicht in der Halle. Bis ihr in Eurer Box seid, müsst ihr einen Mundschutz tragen. In der Box dürft ihr diesen dann abnehmen.“

Die „Box“, das ist ein kniehoher Metallrahmen mit einer Plastikplane drüber, der die Spieler rund um den Tisch einzäunt. Hier geht es um den Abstand. Außerdem sind die Bälle in den Boxen nun nummeriert und haben aufgrund ihrer Farben eine Bedeutung. So ist jeder Ball durch die Nummer einer der Boxen zuzuordnen. Der weiße Ball ist von dem Spieler an dem einen Kopfende. Der orangene Ball gehört dem Spieler auf der anderen Seite. Fällt der weiße Ball auf der Seite des Spielers runter, dem die orangenen Bälle gehören, darf dieser den Ball nicht anfassen, um ihn zurückzugeben. Mit dem Fuß rüberkicken geht. Dadurch soll verhindert werden, dass jeder jeden Tischtennis-Ball anfasst.

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Die Schutzmaßnahmen umzusetzen, bedeutet von für die Vereinsmitglieder einen immensen Zeitaufwand. Nach dem Training dauert es eine Stunde, bis Tische, Bälle, Netze, Stühle und Banden desinfiziert sind. Der Aufbau für das Training dauert statt 15 Minuten geschlagene fünf Stunden. Da die Halle zu Anfang Mai nur vom TTC genutzt wurde, durfte der Verein den Aufbau stehen lassen. Anders wäre es auch nicht gegangen. Auch für den Hygienebeauftragen Küven bedeutet die Umsetzung, dass er jetzt statt den vorherigen drei Stunden nun 20 Stunden in der Halle steht. Besprechungen kommen hinzu.

Tischtennisspieler haben grundsätzlich Abstand zueinander. Beim Kampfsport sieht das anders aus. Es ist schwierig, seinen Gegner im Judo auf die Matte zu legen, wenn nur kontaktfreie Übungen durchgeführt werden. „Man musste es nehmen wie es kam. Am schlimmsten ist, dass wir die Kinder nicht zum Training geben konnten. Die Gruppen gehen an die 30. Einzeltraining wird für die Kinder schnell langweilig“, sagte Leander Fürst, der erste Vorsitzende und der Hygienebeauftragte des Jülicher Judoclubs. Eine Trainerin des Clubs hatte zusammen mit einer Kollegin des TV Manheim die Idee zu einer „Corona-Judo-Olympiade“. Dabei wurden den Kindern sportbezogene Aufgaben gestellt. Dieser werden dann durch einen Videobeweis miteinander verglichen. „Eine dieser Aufgaben war, möglichst viele Aufgaben in zwei Minuten zu machen. Mir ist schon beim Zuschauen schwindelig geworden. Einer hat 70 geschafft. Das war nicht ohne“, sagte Fürst und lacht. Silke Werner trainiert selbst beim Judoclub. Aber auch ihre Kinder sind beim Kampfsport mit dabei. „Ich fand die Olympiade sehr schön. Sie waren isoliert und haben das Training vermisst. Durch die Olympiade kamen die Kinder nochmal in Kontakt.“ Die Ergebnisse wurden über Whatsapp geteilt und Gewinner gekürt. Dabei fanden auch von vergangenen Veranstaltungen übriggebliebene Medaillen Verwendung, die an alle Teilnehmer ausgeteilt wurden.

Judotraining in Coronazeiten. Foto: Mira Otto

Außerdem trainieren die Kinder jetzt mit imaginären Gegnern. Füße aus Pappe stellen hierbei den Stand des Gegners dar. Dann heißt es Bewegungsabläufe üben. Immer wieder, bis die Drehung im Rücken sitzt, das eigene Fallen Automatismus geworden ist.

Das machen die Erwachsenen beim Training auch. Allerdings in der Sporthalle und nicht zuhause. „Wir bewegen uns heute nur. Richtiges Judo ist natürlich nicht möglich“, sagte Stefan Horn, der Übungsleiter des Trainings zu den fünf Kampfsportlern, die sich zum Training eingefunden hatten. Mit reichlich Abstand stand hierbei jeder für sich auf der Judomatte.
Er folgte eine Mischung aus Kraft- und Dehnübungen mit Judoelementen. Darunter auch die wiederholte Begrüßung, die man vor dem Judokampf durchführt. Auf die Knie und ohne den Einsatz der Hände wieder aufstehen. Interessant hier bei: Die Kampfsportler auf den gegenüberliegenden Matten wandten sich wie von selbst zueinander und synchronisierten ihre Bewegungen. Ein wenig distanziertes Miteinander.

Die Isolation während der Coronakrise hat auch Auswirkungen auf den Wettkampfsport. So wurde die Saison des Tischtennis ausgesetzt. Die letzten Spiele wurden nicht gespielt. Für den TTC indeland war dies von Vorteil wie von Nachteil.
So lag die zweite Herrenmannschaft des TTC punktgleich mit dem Tabellenführer, hatte aber zwei Spiele weniger in petto, um Punkte sammeln zu können. Dadurch wurde der Aufstieg verpasst.

Gleichzeitig waren die Damen der Verbandsliga auf dem Relegationsplatz, als die Tabellen eingefroren wurden. Dann die Entscheidung: Die Relegationsplätze bleiben in der Liga. Die Rettung vor dem Abstieg.
Außerdem startet der TTC mit der Beginn Sport und Werbung GmbH in die zweite Bundesliga. Die Spieler, die ins Rennen gehen, sind schon verpflichtet. Florian Cnudde aus Belgien, Ewout Oostwouder aus den Niederlanden, Liang Qiu aus Deutschland sowie der niederländische Meister im Einzel Laurens Tomer sind die Auserwählten. Außerdem gibt es einen Dreijahresvertrag, mit dem alle Spiele im Internet übertragen werden. Das gibt es nicht nochmal in der zweiten Liga.

Allerdings gibt es ein Problem. „Seit Corona sind viele Sponsoren nicht mehr in der Lage, zu unterstützen“, sagte Arnold Beginn, der Manager der Profiabteilung. Neben Zuschauern fehlt somit vor allem eins: Geld, mit dem Spieler finanziert sowie alle anderen anfallenden Kosten, wie Busse und Ausrüstung, getilgt werden können.


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