Schafe hüten, Wache stehen, Drogen finden oder auch einfach Stöckchen holen – die beliebten Vierbeiner können eine Menge und werden folglich zu zahlreichen Zwecken „verwendet“. Auch Menschen wie die Jülicherin Susanne Küpper, die auf Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags angewiesen sind, kommen schnell auf den Hund. Auf Schritt und Tritt folgen Miss Marple, Pebbles und Moneypenny ihrem „Frauchen“. Während Moneypenny einfach „nur“ ihr Haustier ist, haben respektive hatten Miss Marple und Pebbles deutlich weitergehende Aufgaben. Aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigung benötigt Susanne Küpper zum Beispiel Hilfestellung beim An- und Ausziehen. Die zweijährige Pudelhündin Pebbles hat bereits gelernt, ihr beim Ausziehen von Hose, Schuhen und Jacke zu helfen. Ein kurzes Kommando genügt, und die fleißige Hündin greift vorsichtig mit den Zähnen zu. Natürlich gibt es ein Leckerchen zur Belohnung, schmunzelt Küpper und ergänzt: „Es sind trotz allem immer noch Tiere, die auch ihre Bedürfnisse haben.“
Das Wohlergehen ihrer tierischen Assistentinnen ist dem bekennenden Hundefan ein wichtiges Anliegen und auch ein Grund dafür, dass Miss Marple, obwohl mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand, immer noch bei ihr lebt. Wäre ihr Assistenzhund über einen Verein finanziert worden, was vielfach gängige Praxis ist, wie Küpper erläutert, hätte sie die Rentnerin zurückgeben müssen. „Und das hätte ich nicht gekonnt!“ Und so darf die inzwischen leicht ergraute Pudeldame immer noch unterstützend eingreifen und beispielsweise hinuntergefallene Gegenstände aufheben.
Assistenzhunde werden für verschiedene Einsatzbereiche ausgebildet. Sie zeigen blinden und sehbehinderten Menschen als sogenannte Blindenführhunde den Weg, warnen vor einem bevorstehenden epileptischen Anfall oder einem lebensbedrohlichen hypoglykämischen Schock, bieten psychisch erkrankten Menschen das dringend benötigte Gefühl der Sicherheit oder helfen wie im Fall von Susanne Küpper körperlich beeinträchtigten Menschen bei alltäglichen Handgriffen – sie leisten sogenannte lebenspraktische Assistenz.
Während die Kosten für Blindenführhunde angefangen von der Ausbildung hin zum monatlichen Unterhalt des Vierbeiners von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, zahlen sie nicht für andere Assistenzhunde. Folglich bleibt nur der langwierige und komplizierte Weg, sich beispielsweise über private Spender, Stiftungen, Vereine oder auch über Crowdfunding-Plattformen selbst um die Finanzierung zu kümmern. Die Ausbildung eines Assistenzhundes dauert mehrere Monate, benötigt einen erfahrenen Hundetrainer, kostet viel Mühe und auch Geld, wird mit einer Prüfung abgeschlossen und anschließend zertifiziert. Auch einen offiziellen Ausweis bekommt das Tier, damit es als gesetzlich anerkannter Assistenzhund auch Räume betreten darf, zu denen Hunde üblicherweise keinen Zutritt haben. Alle diese Dinge regelt die sogenannte „Assistenzhundeverordnung“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), inkraftgetreten am 1. März 2023.
Eigentlich dazu gedacht, „die Lücke für die Assistenzhunde (also alle außer den Blindenführhunden, Anm. d. Red.) zu schließen, die bislang keiner gesetzlichen Ausbildungs-, Prüfungs- und Zertifizierungsregelung unterlagen“, so das BMAS, sorgt die Verordnung für große Probleme. Denn sie sieht vor, dass Ausbildung der Hunde in einer zugelassenen Ausbildungsstätte stattfinden muss. Zugelassen wird von einer „fachlichen Stelle“ – und genau hier liegt der Hase im Pfeffer, denn besagte fachliche Stelle gibt es bis dato nicht. Bis Juli 2024 galt eine Übergangsregelung für Hunde, die bereits ausgebildet wurden. Ausbildungsstätte und Prüfer mussten noch nicht offiziell akkreditiert sein. Die Übergangsregelung ist ausgelaufen, eine fachliche Stelle gibt es jedoch noch immer nicht. Auf Nachfrage des NDR hat das zuständige Ministerium bereits Verzögerungen eingeräumt.
Für Susanne Küppers‘ Hündin Pebbles bedeutet das, dass sie nicht geprüft werden kann. Für ihr Frauchen bedeutet das, keine Anerkennung für ihr Tier als Assistenzhund und somit auch nicht das verbriefte Recht, den Hund überall mitnehmen zu dürfen – ihrer Erfahrung nach bisher ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen. An vielen Orten würden auch Assistenzhunde draußen bleiben müssen, berichtet sie und hofft weiter, dass wenigstens die „fachliche Stelle“ bald festgelegt wird und ihre Hündin die Prüfung ablegen darf.