Start featured Ein Festmahl der ganz besonderen Art

Ein Festmahl der ganz besonderen Art

Der Jülicher Schwanenteich beheimatet zwar aktuell keine Schwäne, beflügelt jedoch die Fantasie und wirft die Frage auf, was es mit dem Schwan auf sich hat.

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Illustration aus der Chronik der Fürsten von Kleve: Beatrix von Kleve erblickt von ihrer Burg aus den Schwanenritter Elisa. Gent/Brügge, vor 1481. Abb: Bayrische Staatsbibliothek München
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Der mittelalterliche Mythos des Schwanenritters etwa gehört zu den populärsten Erzählungen der Zeit mit einer langen Wirkungsgeschichte; man denke nur an die Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner. Der Schwan spielte in der höfischen Kultur eine herausgehobene Rolle, die in dem Mythos reflektiert wird. Zahlreiche Adelsgeschlechter verbanden ihre Genealogie mit diesem symbolträchtigen Tier. Ein herausgehobenes Beispiel sind die Grafen und Herzöge von Kleve, die ihre Herkunft von dem Schwanenritter Elias ableiteten. In Chroniken seit dem 15. Jahrhundert ist diese Bezugnahme nachweisbar, tatsächlich reicht sie aber bis weit ins Mittelalter zurück. Die Stammburg in Kleve wurde entsprechend zur „Schwanenburg“ ausgebaut.

Die Faszination, die der Schwan auslöst, hat mit seinem majestätischen Erscheinungsbild zu tun. In unseren Breiten findet man überwiegend den Höckerschwan, aber auch den etwas kleineren Singschwan. Der Höckerschwan, der eigentlich in Einzelpaaren vorkommt, wurde vom Menschen insoweit domestiziert, dass er heute an zahlreichen Orten in kleineren und größeren Kolonien anzutreffen ist und dem Menschen auch nicht mehr aus dem Weg geht. Schwäne benötigen große und freie Wasserflächen, um sich mit ihren bis zu 2,5 Metern Spannweite umfassenden Flügeln in die Lüfte zu erheben. Beim Flug machen sie durch ihren Flügelschlag laute Geräusche. Die hiermit in Verbindung zu bringende Bezeichnung „Schwan“ ist ein sehr alter Begriff. Bereits im Alt- und Mittelhochdeutschen wurden diese Vögel als „swan“ bezeichnet. Der Begriff leitet sich vermutlich von dem indogermanischen Wort „suen“ ab, das für rauschen und tönen steht und ein Hinweis auf die auffallenden Fluggeräusche dieser Vögel ist.

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Seit dem Mittelalter war das Halten von Schwänen ein Recht des Adels. Noch heute gehören der Königin von England sämtliche herrenlose Schwäne auf offenen britischen Gewässern, die deshalb einmal im Jahr gezählt werden – eine mehr als 600 Jahre zurückreichende Tradition. In den Diensten der Queen stehen ein offizieller Schwanenmarkierer und ein Schwanenwächter. In vormodernen Zeiten ging es nicht nur darum, sich am Äußeren der prächtigen Vögel zu erfreuen, sondern auch um eine herausgehobene Speise auf der Tafel. Schwanenbraten – das dunkle Fleisch soll an Pute erinnern – galt im Mittelalter und auch noch in der Frühen Neuzeit als eine Delikatesse, wie zahlreiche überlieferte Rezepte zur Zubereitung belegen. Schwäne wurden nicht gerupft. Den Vögeln wurde der Balg vollständig abgezogen, um ihn dem gebratenen Tier wieder überzustülpen. Mitunter bedeckte man den gebratenen Vogel mit Blattgold. Auf diese Weise aufgetragen, gehörten Schwäne zu den Schauessen an fürstlichen und adeligen Tafeln, wie zeitgenössische Darstellungen zeigen. In den „Carmina Burana“ aus dem 13. Jahrhundert findet sich das „Lied des gebratenen Schwanes“.

In einer Küchenordnung vom 6.11.1559 zeigte sich Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg darüber unzufrieden, dass aus Kleve für seine Tafel bisher sehr wenige Schwäne geliefert worden seien. Vielleicht hatte diese Besonderheit der klevischen Hofhaltung mit dem Respekt vor dem Schwan als herzoglichem Symbol zu tun. In Jülich hatte das Halten von Schwänen an den herzoglichen Hoflagern und deren Verzehr eine lange Tradition. So ist durch die Jülicher Landrentmeister-Rechnung von 1434 / 1435 die Fütterung von Schwänen mit Roggenbrot auf Schloss Hambach belegt. In Jülich mussten im 16. und frühen 17. Jahrhundert mehrmals die herzoglichen Schwäne im Winter wegen der zugefrorenen Teiche und Gräben umquartiert und gefüttert werden.

Dass sich heute kaum noch Schwäne auf Speiseplänen finden lassen, hat mit der Abkehr der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert von Gepflogenheiten des Adels, die als dekadent galten, zu tun. Allein das Halten von Schwänen auf nun öffentlichen Gewässern steht in der Tradition der alteuropäischen Adelsgesellschaft.

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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