Start featured Kreishaus Jülich – auf historischem Boden

Kreishaus Jülich – auf historischem Boden

Jetzt tickt die Uhr: "Einmal werden wir noch wach… " dann wird in Jülich ein neues Kapitel Stadtgeschichte aufgeschlagen. Ehe es soweit ist, lohnt sich ein Blick zurück und blättern im "Fotoalbum". Stadtarchivarin Susanne Richter hat sich als Gastautorin für den HERZOG in die Tiefen der Geschichte begeben.

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Noch vor der Eröffnung: Blick in die Düsseldorfer Straße. Foto: Dieter Benner
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Das neue Kreishaus in Jülich steht – wie so häufig in Jülich – auf geschichtsträchtigem Grund: Hier endete das Spätantike Kastell und die Römerstraße „Via Belgica“ verlief in unmittelbarer Nachbarschaft – noch heute zu erkennen am farbigen Band im Straßenpflaster. Im 16. Jahrhundert befanden sich auf dem Gebiet des heutigen Kreishauses zahlreiche sehr repräsentative Gebäude wohlhabender Jülicher Bürger. Eines davon wurde Haus „zum Napf“ genannt und galt damals als vornehmstes Haus der Stadt. Kaiser Karl V. soll Joseph Kuhl zufolge in diesem Haus übernachtet haben. 1613 wurde das Gebäude den gerade erst in der Stadt entstandenen evangelischen Gemeinden (Reformiert und Lutherisch) als Gottesdienststätte zur Verfügung gestellt.

Schon wenige Jahre später, 1621, änderten sich erneut die politischen Verhältnisse. Die Stadt wurde von spanisch-katholischen Truppen eingenommen. Den Evangelischen wurde in der Folge das Haus „zum Napf“ wieder entzogen. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, damals Herzog von Jülich, genehmigte dem Kapuzinerorden in Jülich eine Niederlassung zu eröffnen und stellte ihnen das Haus „zum Napf“ zur Verfügung. Der Orden erwarb weitere umliegende Grundstücke und begann im Bereich der heutigen Düsseldorfer- und Kapuziner Straße (die erst später nach den hier lebenden Mönchen benannt wurde) mit dem Bau einer großen quadratischen Klosteranlage mit innen liegendem Garten. Sie wurde 1628 fertig gestellt. Der Kapuzinerorden war ein Bettelorden, deshalb wurde dieser Bau betont schlicht und zweckmäßig gehalten. Die dafür abgerissenen Bürgerhäuser waren dagegen groß und stattlich gewesen. Sie waren alle erst nach dem Stadtbrand von 1547 von reichen Bürgern der Stadt erbaut worden.

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Nach dem Einzug der Franzosen in die Stadt wurde das Kloster 1794 zunächst als Magazin genutzt. Nach der Auflösung des Klosters 1802 wurden hier Veteranenwohnungen eingerichtet. Ab 1817 diente das Gebäude als Garnisonlazarett, Pläne des Lazaretts haben sich im Stadtarchiv erhalten. Nach der Aufhebung der Garnison gelangte das Klostergebäude in Privathand und wurde als Mietshaus genutzt. So sieht man es auch auf einem Foto René von Schöfers aus dem Jahr 1938.

Bei der Bombardierung der Stadt 1944 wurde das ehemalige Klostergelände vollständig zerstört. Das Grundstück lag lange Zeit brach. Erst Ende der 1960er Jahre erbaute der Kölner Lebensmittelhändler „Stüssgen“ auf diesem Gelände einen Supermarkt mit eigenem Parkdeck. Auch die Stadtbücherei erhielt hier ihr neues zu Hause, bis sie 1991 in das Kulturhaus umzog. Es war damals geplant, das Gebäude mit sieben weiteren Geschossen aufzustocken, um für die aus allen Nähten platzenden Stadtverwaltung neue Räume zu gewinnen. Das wurde mit der kommunalen Neuordnung 1972 und der Übernahme des ehemaligen Landratsamtes (heute „Neues Rathaus“) überflüssig. Der Stüssgen-Markt wurde 1992 geschlossen und die Fläche in mehreren kleine Ladenlokale als „Rathaus-Passage“ umgebaut. Seit 2015 plant der Kreis Düren den Neubau eines Kreishauses für den Nordkreis – genau auf dem Areal des ehemaligen Klostergeländes, übrigens wie schon bei den Kapuzinern auch wieder mit Garten im Innenhof. Beim Bau fanden sich übrigens auch archäologische Reste der Historie des Grundstücks: Die römische Kastellmauer wurde angeschnitten und Reste der ehemaligen Klosterbebauung ausgegraben.

Abb. 1: Das Kapuzinerkloster und die angrenzende Kapuzinerkirche (Nr. 29) auf einem Grundrissplan von Jülich um 1760, Ausschnitt (Museum Zitadelle Jülich, Inv.-Nr. 2018-0231).
Abb. 2: Grundriss des Kapuzinerklosters nach dessen Ausbau und Einrichtung zum Lazarett, um 1814 (Ausschnitt). Im Erdgeschoss des Gebäudes wohnten die „Lazareth officianten“ (a), es gab eine Badestube (c), die Küche (e) und die Toiletten (h), im Obergeschoss lagen die Krankensäle. (Stadtarchiv Jülich, Karten und Pläne H 05.1).
Abb. 3: Luftaufnahme aus dem Jahr 1930: Man erkennt links neben dem Rathaus die 1637/1638 erbaute Kapuzinerkirche links daneben das Klostergebäude an der Düsseldorfer- Ecke Kapuzinerstraße (Foto: Stadtarchiv Jülich, Fotosammlung).
Abb. 4: Luftaufnahme aus gleicher Perspektive aus dem Jahr 1955: Das Grundstück neben dem neu erbauten Rathaus liegt brach (Foto: Aero Lux, Stadtarchiv Jülich, Fotosammlung).
Abb. 5: Luftaufnahme des Stadtzentrums aus dem Jahr 1986 mit Blick auf das bebaute Grundstück an der Ecke Düsseldorfer-Kapuzinerstraße (Foto: Aero Schwarzer, Stadtarchiv Jülich, Fotosammlung).
Abb. 6: Das Kapuzinerklostergebäude an der Ecke Düsseldorfer- Kapuzinerstraße 1938 (Foto: René von Schöfer, Stadtarchiv Jülich, Fotosammlung).
Abb. 7: Die Rathaus-Passage 2016 (Foto: Paul Wirtz)
Abb. 8: Ist-Zustand Neubau Düsseldorfer Straße Anfang September. Foto: Udo Bataille


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