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Maria Güldenberg

„Maria macht das schon!“ Diesen Spruch hört Maria Güldenberg öfter. Sie lächelt schulterzuckend. Sie ist eben eine echte Macherin und seit zwölf Jahren „Unternehmerin“ für Menschen in sozialen Ausnahmesituationen in ihrer Heimatstadt.

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Maria Güldenberg. Foto: la mechky+
Maria Güldenberg. Foto: la mechky+
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Als Frau der ersten Stunde ist sie bei der Jülicher Tafel im Einsatz – natürlich ehrenamtlich. Eigentlich ist sie nur an zwei Tagen der Woche „Dienst“ – aber das ist nur virtuell. Rund 20 bis 25 Stunden kommen da schon zusammen, denn „normal gibt es nicht!“ Immer gibt es unaufschiebbare Ausnahmesituationen, die die persönliche Anwesenheit nötig machen. Hörbar ist Maria Güldenberg nicht nur Vorsitzende, sondern das Herzstück der Jülicher Tafel. Sobald sie die Türe hereinkommt, kommen die Helfer auf sie zu: „Komm mal, ich muss Dir unbedingt…!“

Denn die „Tafel“ deckt nicht nur im übertragenen Sinne in Jülich für rund 1400 Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, den Tisch, es geht auch um die Engagierten, die Ansprache brauchen. Beim Zusammenspiel der 18 Kräfte, die pro Öffnungstag im Einsatz sind, ist eben stets ein offenes Ohr gefordert und manchmal auch diplomatisches Geschick.

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Ein großes Kleinunternehmen ist die Jülicher Tafel mittlerweile eben auch personell: Morgens fahren sechs Helfer in drei Lieferwagen im Altkreis Jülich die Waren holen, die dann nach dem Abladen von sechs Helfern in die Kühltheke und die Regale sortiert werden und schließlich werden zur täglich Ausgabe noch einmal sechs Kräfte benötigt. Maria Güldenberg ist immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen. „Es wäre schon hilfreich, wenn sich jemand für einen Tag in der Woche bereit erklärt, uns zu unterstützen und dann verlässlich dabei bliebe“. Dabei macht Maria Güldenberg keinen Hehl daraus, dass es sich zum Teil auch um körperlich anstrengende Arbeit handelt – vor allem beim Be- und Entladen der Lieferwagen. es ist eben nicht so, wie man ihr beim Amtsantritt gesagt hat: „Das ist doch ein Selbstläufer.“

Neben den Ehrenamtlichen gehören auch Bufdis (Bundesfreiwilligendienst) oder Jugendliche, die Sozialstunden leisten müssen, zum Team – und Brückenjobber. Sie liegen Maria Güldenberg besonders am Herzen. Wenn es um das Thema geht, diese Langzeitarbeitslosen wieder für den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten, kommt Bewegung in die ansonsten Gelassenheit ausstrahlende Frau: „Es ist erst einmal wichtig, das man ihr Selbstwertgefühl wieder aufbaut. Wenn einer keine drei Worte reden kann und auf einmal anfängt zu erzählen, dann ist das ein Gefühl wie sechs Richtige im Lotto. Da geht mir das Herz auf.“ Ist dieser Schritt gelungen, erfordert der nächste reichlich Kenntnisse über Antragsverfahren und Fördermöglichkeiten. „Das sind Arbeiten, die von draußen nicht gesehen werden.“ Aber der Erfolg gibt ihnen Recht und so erzählt Maria Güldenberg beispielhaft, von Tarek und Dennis, die in Ausbildungen vermittelt werden konnten. Das lässt sie strahlen.

Eine große Hilfe ist ihre Stellvertreterin Edelgard Heidelberg, die von Hause aus Juristin ist. Sie erledigt einen Großteil des Papierwusts. Brückenjobber werden beispielsweise erst einmal für ein halbes Jahr zugewiesen, dann muss ein Profiling geschrieben werden und eine Beurteilung, ob eine Verlängerung befürwortet würde, oder eine Alternative besser wäre. Das richtige Bearbeiten des Papierwerks hat ihnen keiner beigebracht – die Praxis ist hier der Lehrmeister gewesen.
Und so war es ihr Berufsleben lang: Als ausgebildete Krankenschwester war Maria Güldenberg 28 Jahre in der ambulanten Pflege und als Stationsleitung tätig. „Es zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben“, sagt die Fachfrau und meint damit – wie sie es nennt – ihr „Helfersyndrom“. Hilft ihr die berufliche Tätigkeit bis heute bei der ehrenamtlichen Arbeit? Schon, denn geübt ist sie im Umgang mit verschiedensten Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten sowie Menschen am Rande der Gesellschaft, auch Drogenabhängige oder Alkoholiker. Getragen wird Maria Güldenberg von der Erkenntnis: „In unserem Land wird zu wenig für Leute getan, die etwas tun wollen und zu viel für Leute, die nichts tun wollen.“ Es fehle die Bereitschaft, Verantwortung übernehmen zu wollen – für sich selbst und ein Ehrenamt.

Um hier nicht nur praktische Arbeit zu leisten, sondern auch die Stimme für soziale Ungerechtigkeit geltend zu machen auf der politischen Bühne, ist sie im CDU-Ortsverband Jülich Mitte/Heckfeld als stellvertretende Vorsitzende aktiv. Zu ihrem Bedauern hat sie kein Ratsmandat in der Stadt Jülich – dafür ist sie sachkundige Bürgerin im Kreistag in Düren. Selbstverständlich ist das auch ein Ehrenamt. Ein Gewinn für ihre Hauptaufgabe bei der Tafel: „Ich erfahre schon einiges, dass ich sonst nicht mitbekommen würde. Veränderungen oder Perspektiven, die man hier brauchen kann.“

Bis Maria Güldenburg 2006 zur „Tafel“ kam, hatte sie mit Vereinswesen gar nichts am Hut. „Ich hatte nie Zeit dafür. Ich habe immer 100 Prozent gearbeitet und hatte meine Familie.“ Nach einer schwierigen Lebensphase, so erzählt die heutige Vereinsvorsitzende zurückhaltend, hatte sie großes Glück und damit das Gefühl, etwas der Allgemeinheit zurückgeben zu wollen. In dieser Situation traf sie auf Doris Vogel – damals noch Sozialamtsleiterin und Mitinitiatorin –, die Maria Güldenberg für die Vereinsgründung gewann. „Ich bin die einzige, die vom ersten Tag an dabei ist.“ hat alle Höhen und Tiefen mit durchlebt, alle Vorstände überlebt. „Deswegen ist die Tafel auch ein Stück von mir.“ Angefangen hat sie vor zwölf Jahren als Kassierin. Dabei kam Maria Güldenburg zugute, dass sie ihrem inzwischen verstorbenen Mann, der selbständiger Geschäftsmann war, die Buchführung gemacht hatte und die Abrechungen im Gesundheitswesen. „ich bin mit dem PC nicht befreundet“. Fast verzweifelt ist sie anfänglich an den Excell-Tabellen. „Nur ein Zahlendreher und schon war alles durcheinander.“ Dankbar ist sie Rainer Frings, der als Steuerberater zum Verein kam und das ganze Buchhaltungssystem strukturiert hatte. „Das kann man ihm gar nicht gut machen“, ist die Erleichterung bis heute hörbar.

Dass sie trotz der „Spannungsfelder“ die manchmal auszuhalten und auszuräumen sind, ihre gute Laune nicht verliert, dass hat vermutlich einen guten Grund: Die waschechte Muttkrat ist schließlich schon von Geburts wegen ein Sonntagskind mit jecker Natur. Am Tulpensonntag erblickte sie das Licht ihrer Heimatstadt Jülich. Erst spät in die KG Rurblümchen eingetreten hofft sie still, dass ihr Großmutter-Wunsch sich erfüllt und die Enkel eines Sessions-Tages als Prinz und Prinzessin Karneval im Zug mitgehen. Viel Hoffnung hat sie nicht, denn zumindest der Enkel hat andere Ambitionen: „Der spielt lieber Fußball“ sagt Maria Güldenberg achselzuckend aber lächelnd.


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