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Gerhard Richter

„Malen ist eine andere Form der Sprache“

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Gerhard Richter Arbeit am gelben Bild
Gerhard Richter Arbeit am gelben Bild
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„Malen ist eine andere Form der Sprache“ wird Gerhard Richter, gleich zu Beginn von Corinna Belz Film zitiert. Die Dokumentarfilmerin nimmt diese Aussage gleichermaßen ernst und ignoriert sie dann bedauerlicherweise doch wieder. Wie schwer es ist, Kunst in Worte zu fassen, ist offensichtlich, erst recht im Medium des Dokumentarfilms, der sich meist nicht die Zeit für lange, komplexe Aussagen nimmt, sondern möglichst mit kurzen, prägnanten Gesprächsfetzen einen Sachverhalt auf den Punkt zu bringen sucht und ihn gerade deswegen allzu oft verfehlt. Verstärkt wird diese Problematik noch, wenn man es wie bei Gerhard Richter mit einem abstrakten Künstler zu tun hat, der sich im Laufe seiner künstlerischen Entwicklung vom anfänglichen fotorealistischen Malen, zu zunehmender Abstraktion entwickelt hat.

In der Phase, in der dieser Film entstand, arbeitete Richter vorwiegend in großformatigen Bildern, auf die er breitflächig Farben aufträgt, wieder abschabt, übermalt, bis er schließlich irgendwann mit dem Ergebnis zufrieden ist. Warum er ein Bild für fertig hält, was er sucht oder gar ob er damit etwas ausdrücken will, auf all diese Fragen gibt Richter keine Antwort, vermutlich will er es auch gar nicht. Immer wieder versucht Belz ihn zu einer konkreteren Aussage zu bewegen, und immer wieder scheitert sie. Ob ihre extrem naive Fragetechnik dabei eher abträglich ist oder doch zumindest den Ansatz einer Antwort hervorruft, bleibt offen. Letztlich spielt es aber auch keine Rolle, was Richter zu seiner Arbeit zu sagen hat, denn schließlich drückt er sich in ihr aus, steht und spricht sie für sich selbst. Immer dann, wenn Belz dies akzeptiert, wenn sie nichts anderes tut, als Richter bei der Arbeit zu beobachten, den Titel ihres Films also wirklich ernst nimmt, ist „Gerhard Richter Painting“ ein faszinierendes Dokument. Dann kann man dabei zusehen, wie Kunst entsteht, wie ein Bild durch immer neue Farbaufträge sozusagen wächst, wie es sich entwickelt, wie durch kleine Veränderungen ein ganz neuer Eindruck entsteht. In diesen Momenten erinnert Belz Film an Henri-Georges Clouzots großartigen „Le mystere Picasso“, in dem Picasso durch optische Tricks praktisch direkt auf die Leinwand malte. Die Genese eines Kunstwerks war dort so unmittelbar zu erleben wie selten und sie ist es auch hier. Nur leider viel zu selten.

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Vielleicht wäre es ein zu großes Wagnis gewesen, der Kunst selbst zu vertrauen, und so baut Belz um diese Momente der Kreativität einen Dokumentarfilm, der konventioneller nicht sein könnte. All die „typischen“ Szenen eines Künstlerdaseins werden penibel abgehakt: Richters Assistenten beim Anrühren der Farben, Galeristen beim Besprechen einer Ausstellung, das Hängen der Bilder, ein Rundgang mit der Presse, Lobreden auf den Künstler, einige wenige Versuche der historischen Einordnung, des Rückblicks auf vergangene Werkphasen, die etwa beim legendären RAF-Zyklus zu erschreckend banalen Dialogen führen: „Das war ein schwieriges Thema, oder?“ fragt Belz tatsächlich, worauf Richter nur ein „Ja, war es“ raus bringt. Einer von zu vielen Momenten auf den man gern verzichtet hätte. Entweder für eine wirklich umfassende Dokumentation über Gerhard Richters Leben, die sich entlang seiner Schaffensperioden entwickelt und nicht nur punktuell in die Vergangenheit eintaucht. Noch viel lieber aber für eine längere Version des Films, der in dieser Dokumentation versteckt ist: Ein Film über die Arbeit eines Künstlers, der nicht versucht in Worte zu fassen, was ihn antreibt, sondern sich ganz in seiner Arbeit ausdrückt.

Michael Meyns / www.programmkino.de


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