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„So ein Gedicht muss laufen“

So einiges ist bereits über Heino Bücher geschrieben worden. Der Jülicher ist nicht nur als Mundart-Kenner und -Könner, den Muttkrate-Club und durch die „Bütt“ im Karneval bekannt, sondern auch durch seine Transkribierung der katholischen Messe, die an Rosenmontag in der Propsteikirche mit der KG Ulk gefeiert wird, und der Erinnerung von Johann Wilhelm Schirmer. Zuerst für das Museum Zitadelle hat er die Tagebücher des berühmten „Malersohns“ von Jülich in Mundart übertragen und sie in den vergangenen Jahren beim bundesweiten Vorlesetag des HERZOGs zum Besten gegeben. Jetzt hat Heino Bücher erstmals ein Buch veröffentlicht.

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Das Titelbild des Buches von Heino Bücher ist 2009 für das Porträt im HERZOG entstanden. Foto: Marcel Kanehl | Archiv
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Hinter verschlossenen Rolladen – „damit ich nicht abgelenkt werden“ – und im stillen Kämmerchen mit Laptop hat Heino Bücher sein Werk „Wat ich Dich noch verzälle wollt“ geschrieben. 17 gereimte Erzählungen aus seinem schier unerschöpflichen Fundus aus 30 Jahren hat er darin zusammengetragen.

Von Adam und Eva, dem feinen Unterschied von Frau und Mann, von der Kommelion und der „Schötzebroderschaff“ bis zu „dä Danneboom“ reicht die Vielfalt durch den Jahreslauf, die Heino Bücher mit augenzwinkernder Beobachtungsgabe aufs Korn nimmt. Da schwingt jede Menge Zeitgeist und Lokalkolorit mit. Die Männer am Stammtisch, die Frauen, die zum Stressabbau shoppen oder zum Kaffeekränzchen gehen – aber wertschätzend, weil sie multitaskingfähig „ierlich jenial“ sind. Das ist vielleicht nicht mehr die abgebildete Realität der Generation X, Y, Z, aber wunderbare Anlässe zum Schmunzeln- Und sie sind doch irgendwie immer noch wahr – und wenn es nur das Wiedererkennen aus der Eltern-Generation ist. Einiges basiert auf wahren Begebenheiten, wie „Wat e Tjater vue däm Tijater“. „Wenn ich den roten Faden haben, ist es leicht“, bekennt der Erzähler.

Ein Trio im Dienste der Mundart (v.l.) Guido von Büren für den Herausgeber Jülicher Geschichtsverein, Autor Heino Bücher und Verleger Wolfgang Hommel. Foto: Dorothée Schenk
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Verständlich ist die lautmalerische Botschaft allemal, auch für jene, denen die„Muttersproch“ nicht mehr ganz geläufig ist. „Ich habe mich bemüht, es so zu schreiben, wie man es spricht“, erklärt Autor Heino Bücher. Wer sich also aus der Schrift den Text nicht erschließen kann, für den ist es also angesagt, sich die Geschichten selbst – oder anderen – laut vorzulesen. „Den reinen Jülicher Dialekt gibt es ja nicht mehr“, sinniert der Autor. „Durch das Eisenbahnausbesserungswerk sind viele Menschen mit ihrer eigenen Mundart nach Jülich gekommen.“

Wie kommt ein Elektromeister, der mit Mundart groß geworden ist, dazu, zuerst Redner und jetzt im Alter von 88 Jahren Autor zu werden? „Ich bin immer wieder zu Festivitäten gefragt worden: Du machst doch was?“, erzählt er schmunzelnd. Das war natürlich eine Zeit, in der alle Mundart sprachen und auch verstanden. Zunächst in Prosa, später auch in Reimform kam Heino Bücher der Bitte seines Freundes- und Familienkreises und auch seiner Innung nach. Bekannt geworden ist er mit seinen Vorträgen später auch durch seine Auftritte in der Bütt bei der KG Ulk Jülich und bei den Mundartfreunden. Schon lange habe seine Familie gesagt, er müsse die handschriftlichen Manuskripte endlich einmal für die Nachwelt erlebbar machen.

„Die Idee ist vor Corona entstanden“, erzählt Heino Bücher. Guido von Büren, Vorsitzender des Jülicher Geschichtsvereins, der Herausgeber des Werks ist, meint grinsend: „Lange vor Corona…“ woraufhin ein leise griemelnder Autor erwidert: „Gut Ding muss Weile haben.“ Ein bisschen gefeilt habe er an dem einen oder anderen Text noch, gibt Heino Bücher zu. Beim Versschreiben käme es vor allem auf den Rhythmus an, erklärt er: „So ein Gedicht muss laufen.“

Handsignierte Exemplare gibt es beim Mundart-Abend am 16. Mai. Foto: Dorothée Schenk

Mundart-Bücher, haben Seltenheitswert, weiß Verleger Wolfgang Hommel. Zuletzt habe der jüngst verstorbene Heinz Thull 2006 das Buch „Ming ehschte Appelzien“ veröffentlicht. „Er legte aber großen Wert darauf, dass es kölsche Mundart ist!“ betont Heino Bücher. Also könnte man es fast eine Premiere nennen, zählt man Edmund Giesens Gedichtbändchen „Jülich an der Rur“, nicht mit, das 1973 posthum herausgegeben und wie das Bücher-Buch im Verlag Fischer-Jülich verlegt wurde. Einige Korrekturschleifen, berichtet Wolfgang Hommel, seien der Veröffentlichung vorausgegangen. Mundart-Schrift erfordert eben ein ganz eigenes Vorgehen. „Ich lese immer wieder drin rum, um zu sehen, ob ich Dinge entdecke, die ich noch nicht kannte“, lacht Heino Bücher. „Mir ist aber alles bekannt vorgekommen.“ 17 Erzählungen aus 30 Jahren sind jetzt lesbar. Was wird mit all den noch unveröffentlichten Geschichten? „Wenn ich es zeitlich schaffe gibt es noch ein Buch“, gibt Heino Bücher preis und verrät darüber hinaus: „Da bin ich schon dran!“

In einer Auflage von 100 Stück ist das Buch gedruckt worden. Wenn die Nachfrage groß sei, so Verleger Hommel, könne man schnell „nachdrucken“ lassen. Bei der Jülicher Buchhandlung Thalia ist das Buch von Heino Bücher zu bekommen oder per Versand beim Verlag – aber auch beim Mundart-Abend am 16. Mai. Dann ist sogar möglich, in den Besitz eines handsigniertes Exemplar zu kommen. Denn nicht auf der Bühne, sondern auch am eigens zu diesem Anlass aufgebauten Büchertisch, wird der Autor präsent sein.

Heino Bücher: Wat ich Dich noch verzälle wollt. 17 Erzählung | Hrsg. Jülicher Geschichtsverein | 121 S. | Verlag Fischer-Jülich | ISBN 978-3-87227-307-9 | 10 Euro


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