Start Magazin Rat & Recht Klimaschutz – schlagfertig wie noch nie!

Klimaschutz – schlagfertig wie noch nie!

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ((EGMR) hat am 9. April 2024 ein historisches Urteil gefällt (53600/20)! Der Tenor lautet: Klimaschutz ist ein Menschenrecht! Der Klimaschutz findet zwar in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) keine ausdrückliche Erwähnung.Erstmals hat aber der EGMR aus diesem Menschenrechtskodex ein Recht auf Klimaschutz analog entwickelt, indem er nämlich auf Art. 8 der EMRK, das Recht auf Privat- und Familienleben abstellt. Denn zum Zeitpunkt der Entstehung der EMRK im Jahre 1950 sei Klimaschutz im politischen und gesellschaftlichen Diskurs noch ohne jede Relevanz gewesen.

Daher beinhalte Art. 8 der EMRK auch die Garantie für einen wirksamen Schutz vor den schwerwiegenden Auswirkungen des Klimawandels auf Leben und seine Grundlagen, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität. Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sei unverzichtbare Bedingung für die Verwirklichung der Menschenrechte.

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Damit gab der EGMR dem von Greenpeace unterstützten Verein „Klimaseniorinnen Schweiz“, einem Zusammenschluss von etwa 2500 betagten Damen mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren, dahingehend recht, dass die Schweizer Klimapolitik unzureichend sei.

Die „Klima-Omas“ waren zuvor bei allen Schweizer Gerichten mit ihrem Klimaschutzbegehren gescheitert und haben nunmehr vor dem EGMR einen überragenden Erfolg gelandet. Denn die Richterinnen und Richter des EGMR haben sehr deutlich unterstrichen, dass die Schweiz in der Vergangenheit ihre Ziele der Reduzierung der Treibhausemissionen nicht erreicht habe.

Dem Einwand der Schweizer Institutionen, ein Staat könne das Weltklima nicht retten, zeigte der EGMR die rote Karte, ähnlich wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem ebenso wegweisenden Klimaurteil im Jahre 2021 der deutschen Politik vorgehalten hat. Die der EMRK angeschlossenen Vertragsstaaten stünden in der ehernen Pflicht, gegen den Klimawandel mit geeigneten Maßnahmen im Rahmen eines zielführenden und zeitlich genau festgelegten Regelwerks vorzugehen.

Es gebe „hinreichend verlässliche Hinweise“ darauf, dass der menschengemachte Klimawandel eine ernsthafte Bedrohung für die Menschenrechte darstelle. Die bisherigen globalen Anstrengungen reichten bei weitem nicht aus, was eine schwere Hypothek für die nachfolgenden Generationen bedeute.

Zudem hob der EGMR hervor, dass die Gerichte eine Schlüsselfunktion im juristischen Kampf für mehr Klimaschutz einnähmen.
Folgerichtig hat der EGMR mit seinem Urteil auch den Zugang zu den nationalen Gerichten gestärkt, indem er erstmals das Verbandsklagerecht legitimiert hat, was einem Quantensprung für die juristische Aufarbeitung allzu zögerlicher oder unzureichender Klimapolitik gleichkommt.

Denn bislang hat dieses Verbandsklagerecht im deutschen Verfahrensrecht noch keinen Einzug gehalten und könnte daher eine Flut von Klimaklagen von Umweltverbänden und -organisationen vor deutschen Gerichten auslösen.

Der EGMR konstatiert, dass Klimawandel eine gemeinsame Sorge der Menschheit sei. Dafür sei zuvorderst die Politik verantwortlich, aber flankierend auch Gerichte in den einzelnen Staaten und der Menschenrechtsgerichtshof. Die Staaten seien für die negativen Folgen des Klimawandels verantwortlich. Der Klimawandel habe drastische Auswirkungen auf die Menschenrechte. Naturkatastrophen, der Anstieg des Meeresspiegels, die fortschreitende Erderwärmung und das Waldsterben beeinträchtigten die Rechte der heutigen Weltbevölkerung und kommender Generationen. Die einzelnen Staaten seien völkerrechtlich verpflichtet und stünden in der Verantwortung, auch das Menschrecht auf Klimaschutz zu schützen, zu fördern und zu realisieren.

Wegen der unmittelbaren Auswirkungen staatlichen Handelns oder Unterlassens auf die Klimafolgen müssten laut Urteilsbegründung des EGMR auch Verbände und Vereine besseren Klimaschutz als ein autonomes Menschenrecht einklagen können.

Umweltschützer und Klimaaktivisten überschlagen sich geradezu mit Lobeshymnen über den Spruch des EGMR und „seine Strahlkraft weit über Europa hinaus“, so eine Greenpeace-Sprecherin. Denn Klimaschutz sei Staatspflicht!

Natürlich ist Klimapolitik nicht erstrangig Auftrag für Richterinnen und Richter.Doch sollen und müssen die Rechtshüter auf Antrag der betroffenen Menschen überprüfen dürfen, ob die staatlichen Anstrengungen dem Klimaschutz hinreichend dienen oder nicht.

Der EGMR hat richtungsweisend entschieden: Klimaschutz ist ein Menschenrecht – und damit so schlagfertig wie noch nie!


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