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Der Verlag Jos. Fischer

Informationen für Jülich in gedruckter Form

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Verlag J. Fischer in Jülich | Foto: Fischer | HERZOG
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1. Was ist an dem Jülicher Verlag Jos. Fischer „gebunden“?

Ein Verlag ist an eine Tätigkeit gebunden, nämlich das Verlegen von Werken, z.B. durch den Rechteerwerb von einem Autor mit dem Ziel der Herstellung eines Buches, eines Kalenders oder der Veröffentlichung eines Artikels in einer Zeitung.

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2. Ist der Verlag an einen Verleger gebunden?

Nein: Der älteste Jülicher Verlag stammt aus dem Jahr 1831. Er wurde von Gottlieb Schirmer, einem Bruder des bekannten Jülicher Landschaftsmalers Johann Wilhelm Schirmer, gegründet und von ihm bis 1868 geführt. Das wichtigste Produkt war die Herausgabe einer Zeitung, damals „Jülicher Correspondence- und Wochenblatt“ genannt. Seit der Übernahme am 1. Januar 1869 durch Joseph Fischer gehört der Verlag zur Firma Jos. Fischer, in der Wolfgang Hommel die Geschicke als Vertreter der vierten Generation der Verlegerfamilie seit 1986 leitet.

 

3. Ist ein Verlag an seinen Verlagsort gebunden?

Im Prinzip nein – aber Wechsel des Verlagsortes großer und bekannter Verlage sind selten und erregen viel Aufmerksamkeit wie der Umzug des Suhrkamp-Verlages von Frankfurt nach Berlin. Ein Regionalverlag wie der hiesige Jos. Fischer-Verlag ist von seiner Ausrichtung an seinem Verlagsort orientiert und damit an ihn gebunden. Das Verlagshaus in Jülich lag von 1831 bis 1876 am Markt/Ecke Marktstraße und seitdem in der Kölnstraße 9.

 

4. Sind Autoren an ihren Verlag gebunden?

Ja – durch den Verlagsvertrag. Er wird auf Zeit oder für ein Werk geschlossen. In ihm verpflichtet sich der Verleger zu Herstellung, Werbung und Vertrieb des Werks des Autors auf eigene Rechnung und eigenes Risiko, während der Autor sich zur Produktion eines oder mehrerer Werke bindet. Häufig ist die Bindung von Autor zum Verleger so groß, dass es nur selten zu einem Wechsel kommt; andererseits gibt es Autoren, die mit unterschiedlichen Werken sich an mehrere Verlage binden, deren Profil besser zu der jeweiligen Literatur passt und das Werk damit besser vermarkten kann. Im Jülicher Fischer-Verlag gab es eine lange Bindung zum Festungsforscher Hartwig Neumann, der von 1971 bis 1989 mehrere Bücher im Verlag Jos. Fischer veröffentlichte. In den letzten Jahren hat der Verleger Wolfgang Hommel selber als Autor mehrere Bücher verfasst, die vom Thema naturgemäß an den Verlag gebunden sind, zuletzt im Dezember 2012 die Bilddokumentation „Die Sophienhöhe und ihre Entstehungsgeschichte“.

 

5. Was ist an der Verlagsproduktion gebunden?

Zeitungen sind bei Erscheinen in der Regel lose Blatt-Sammlungen. Erst die Zusammenfassung in Jahres- oder Monatsbänden macht aus ihnen eine gebundene Version. So wurden die „Rurblumen“, von 1920 bis 1944 wöchentliche heimatkundliche Beilage des Jülicher Kreisblattes (Name der Fischer-Zeitung in diesen Jahren), häufig zum Jahresende incl. eines Jahresregisters zu einem dicken Heft gebunden, weil sie schon damals eine Fundgrube von Informationen der Heimatgeschichte war. Später wurden Zeitungen auf Mikrofilm gebannt, heute erscheinen sie auch digital – natürlich nicht mehr gebunden.

Bücher (aus Papier) werden gebunden – früher meist mit Fadenheftung, später Drahtheftung oder Klebebindung – als Verbindung zwischen Buchblock und Buchdeckel. Bücher gehören sporadisch seit dem 19. Jahrhundert zur Produktion des Jos. Fischer-Verlags. Seit 1888 gibt es in Deutschland die Buchpreisbindung, zunächst als freiwillige Vereinbarung innerhalb des Buchhandels, seit 2002 als gesetzliche Regelung. Sie dient dem Schutz, der vielfältigen Produktion und dem breiten Vertrieb des Buches als Kulturgut. Deshalb haben auch die Jülicher Bücher den gleichen Preis, egal ob in der Buchhandlung oder im webshop erworben!

Der Bestseller des Verlags Jos. Fischer ist übrigens nicht gebunden: Fischers Taschenfahrplan wird seit 1950 jährlich neu verlegt, in gehefteter Form und vom Inhalt lediglich an die Fahrplanzeiten der Verkehrsbetriebe gebunden.

Jülicher Kreisblatt von 1869 / Foto: HERZOG

 

6.  Ist der Verlag in der Herstellung gebunden?

Ein Verlag ist an keine, schon gar nicht an eine eigene Produktionsstätte gebunden. Früher war auch das häufig anders: Zu einem Verlag gehörte meist eine Druckerei, so auch in Jülich. Bis 1968 waren der Standort von Verlag und Druckerei identisch; danach wurden für die Druckerei Fischer ein neues Gebäude in der Römerstraße 19b errichtet. Aber der technologische Fortschritt in den folgenden Jahren konnte nicht bewältigt werden: die Druckerei wurde 1980 von der Firma aufgegeben.

 

7. An welche staatlichen Auflagen ist die Verlagsproduktion gebunden?

In der heutigen Rechtsverfassung ist die Meinungsfreiheit als hohes Gut angesiedelt und der Verlagsfreiheit werden nur die Grenzen der Verunglimpfung und des Jugendschutzes gesetzt. In der ersten Hälfte der Verlagstätigkeit in Jülich war das anders: Im 19. Jahrhundert gab es Streit zwischen den preußischen Aufsichtsbehörden und der katholischen Verlegerfamilie, dann Zensur im 1. Weltkrieg, während der belgischen Besatzung bis 1929 und ab 1933 das Ende der Pressefreiheit durch die nationalsozialistische Regierung. Insofern war der Verlag bis auf die Jahre 1929 bis 1933 ständig an Auflagen gebunden.

 

8. Und die Bindung vom Verlag zum Kunden?

Diese Bindung ist die wichtigste, aber auch die labilste: Lediglich durch ein Abonnement z.B. einer Zeitung, ist der Käufer vertraglich gebunden, für die Buchproduktion gilt das (mit Ausnahme der Buchgemeinschaften) nicht: Der Verlag hofft auf eine gute emotionale Bindung zu seinen Kunden und Lesern – und das ist auch in Jülich so und seit langem auf dem lokalen Markt relativ erfolgreich!

Wolfgang Hommel


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