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Endlich 18!

Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist ein Zick-Zack-Kurs. Ganz eindeutig. Zumindest, was mich betrifft. Da soll mir niemand etwas von einer Geraden erzählen. Die ist meistens so langweilig, dass man sich überlegt, ob man den Weg weiter verfolgen soll, bis man dann völlig einschläft. Der Weg ist das Ziel.

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Endlich (20)18 | Collage: HZG, Foto: Nomad Soul - stock.adobe.com
Endlich (20)18 | Collage: HZG, Foto: Nomad Soul - stock.adobe.com
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Da konnte Holden Caulfield vermutlich ein ganzes Buch drüber schreiben. Das war der, der sogar ein altes Gedicht falsch verstanden hat, so dass er in seinem Kopf zum Fänger im Roggen wurde. Logisch, dass ihm dann ja auch in der Klasse vorgeworfen wurde, er würde beim Thema zu oft abschweifen.

Okay, ich kenne natürlich auch Tucholskys „Ratschläge für einen schlechten Redner“ und fange trotzdem vor dem Anfang an. Denn schließlich geht es um das Thema „Endlich 18“. Da könnte ich jetzt recht frei über Reinhold Messner fabulieren, dem sieben Zehen aufgrund von Erfrierungen amputiert worden sind und der sich nun freut: „Endlich acht Zeh‘n!“ Wahrscheinlich finden dies aber wieder etliche Menschen viel zu makaber und völlig daneben und überhaupt zu wenig dem Thema angemessen.
Und schon wieder liegt das Ziel außerhalb der Sichtweite wie auf einem Golfkurs, bei dem jede Menge Löcher zu bewältigen sind. Wie viele waren es doch noch gleich? Freut sich der Spieler dann auch kurz vor dem Ziel: „Endlich 18“? Wohl eher nicht. Dabei ist er sicherlich auch nicht auf dem geraden Weg dorthin gekommen, sondern hat immer wieder irgendwelche Hindernisse im Bunker oder im Rough und so manche verwinkelte Situation überstehen müssen. Und da war er wieder, der Zick-Zack-Kurs.

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Dann wohl doch das ganz Offensichtliche. Endlich 18! So wie es mein Sohn ausrufen wird, wenn er im September seinen Geburtstag feiert. So jung und doch schon so alt. Jüngeren Zeitgenossen könnte er, der unter einer Regentschaft von Gerhard Schröder geboren wurde, erzählen, wie ein Leben in Deutschland war, als noch nicht Angela Merkel Kanzlerin war. Wenn er sich nur erinnern könnte.
Genau so, wie wir seiner 1997 geborenen Schwester und älteren Zeitgenossen damals von einem Leben ohne Helmut Kohl als Bundeskanzler hätten berichten können. Wenn sie es nur verstanden hätte. Aber die Zeiten ändern sich, und aus den Kleinen werden Große. Und irgendwann erwachsen. Wer im Jahr 2000 geboren wurde, kann in diesem Jahr feiern: „Endlich 18!“ Ob sie es in den Genen haben, dass in ihrem Geburtsjahr die Welt untergegangen ist, weil alle Computer auf dem Globus mit der 00-Umstellung nicht zurecht gekommen sind? Nun gut, spätestens 2012 gab es ja bereits den nächsten Weltuntergang, wie der Maya-Kalender eindeutig belegt hat.

Wahrscheinlich ist es deshalb bei ihnen genetisch verankert, dass sie feiern, bis zwar nicht der Arzt, dafür aber die Katastrophe kommt, mit der alles – was auch immer – endet. Was aber macht die Spaß-Generation, wenn sie nachweislich für alle ihre Misse- und sonstigen Taten auf einmal selber verantwortlich sind? Vermutlich erst einmal Party. Oder sie chillen es aus. Ey, kein Bock, Alter.
„Feuerwerk!“, war denn auch prompt die erste Aussage auf die Frage, was der Jung denn zum Achtzehnten wünscht. Um es möglichst wahrheitsgetreu wiederzugeben, hätte ich es wohl mit Großbuchstaben, Fettdruck und unterstrichen sowie mit mindestens fünf Ausrufungszeichen schreiben müssen, wozu ich mich per se weigere. Für den 18-Jährigen garantiert ein Must-have.
Habe ich eigentlich schon „Party“ erwähnt? Natürlich muss zum großen Tag der endgültigen Zeitenwende auch eine Feier her. Und das nicht ein, nicht zwei, nein, gleich drei Tage lang! Weil in der näheren zeitlichen Umgebung gleich der nächste Kandidat seinen Wiederholung-der-Erinnerung-an-den-ersten-Blick-in-die-Welt-Tag begeht. Wobei das Ganze mit sportlichen Aktivitäten wie „gehen“ eher wenig zu tun hat. Stehen, zuprosten, sitzen und irgendwann irgendwo herumliegen trifft es vermutlich schon eher. Aber das gehört wohl ebenso dazu wie das eigens für dieses Ereignis nach höchst eigener Rezeptur zusammengemixte Zusammenmixgetränk. Mit Alkohol, süß und stilecht passend für die Monster-Party (ei-ei-ei-ei) mit Endlosschleife.
Und dann irgendwann – allerdings kaum am nachfolgenden Tag – mit dem Lambo durch die Stadt cruisen, denn 18 bedeutet Führerschein, und Führerschein bedeutet noch ein Stück mehr Freiheit. Ein ganz großes Stück. Voll krass. Das mit dem Cruisen besorgen wir sofort, den Lambo irgendwann später. So als Gamer oder Proll mit 523 Billiarden Likes auf YouTube. Oder so. Irgendwas passiert dann schon. Wenn man lange genug wartet.
Und dann noch ein Haus mit der ganzen Bagage möglichst weit weg, wo es möglich sehr heiß und sonnig ist. Los Angeles wäre ein guter Ort. Wenigstens hat sich das mit der Hundezucht fürs Erste erledigt.

Pläne gibt es dennoch detailliert und reichlich. Pavillons kommen darin vor, Zierbrunnen und die ein oder andere Chill-Zone. Und ein Swimming-Pool. Und irgendetwas haben sie alle mit unserem Haus zu tun. Tolle Pläne sind das. Nicht nur fantasievoll, auch ganz konkret. Wie gut, dass wir Eltern offenbar darin auch vorkommen.
Wir Eltern. 18 Jahre älter als damals. Es waren 18 schöne Jahre, damals wie heute. Wir haben sie genossen. Jedes einzelne Jahr. Zumindest teilweise. Wie das mit Kindern so ist. Und mit dem Leben. Oh, hoffentlich sind wir jetzt nicht auch so geworden, wie wir es früher den Älteren immer vorgeworfen haben… Ich kann mich zumindest immer noch an meine Jugend erinnern. Auch an den Tag, als ich 18 geworden bin. Bestimmt! Glaube ich.
Endlich 18! Also, ich wollte mir damals einen Image-Wechsel zulegen und habe mir meinen ersten Samt-Blazer gekauft. Erinnert das jemanden an etwas? Genau, dieses Image habe ich heute noch. Offenbar bleibt manches ein Leben lang bestehen. Also: Endlich ein Leben lang 18!

Der Herzog wird übrigens auch gerade erwachsen, macht sich groß und breit, und offensichtlich tut es ihm gut. Anscheinend wird er ebenfalls: Endlich 18! Als ob er drauf gewartet hätte. Den Image-Wechsel vollzieht er auch gerade und schnuppert mit viel modernem Forschungsdrang und historischem Festungscharakter in das gewobenen Netz der wunderbaren weiten Welt, wo es das JüLicht überall hin scheinen lässt. Quasi ein JüLeuchtturm-Projekt. Und wie fühlen wir uns dann dabei? Meistens herzöglich.


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