Wahrscheinlich kennt jeder in Jülich einen „Löwen“, ohne dass er es immer genau weiß. Denn das große „Gebrüll“ ist deren Sache nicht: Die Rede ist von den Mitgliedern der Jülicher Lions-Clubs, sage und schreibe drei an der Zahl. Damit hat Jülich genauso viele Clubs wie Düren und darauf sind die Jülicher Lions stolz. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Charaktere aus einer Region mit unterschiedlichsten Berufen, die wiederum unterschiedliche soziale Kontakte haben und miteinander verknüpfen. Allen drei Clubs liegt der Grundgedanke zugrunde: Anderen durch tatkräftiges Engagement und finanzielle Unterstützung zu helfen – sei es in sozialen, kulturellen oder bildungsfördernden Projekten – aber nie in der Erwartungshaltung zu stehen, daraus selbst einen Vorteil zu erzielen. Sie verstehen sich als eine Vereinigung freier Menschen, die in freundschaftlicher Verbundenheit bereit sind, sich gesellschaftlichen Problemen zu stellen und uneigennützig an ihrer Lösung mitzuwirken. Übergeordnetes Ziel ist dabei die Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Jülicher Lions gehören zu 1,4 Millionen Mitgliedern weltweit der Lions Clubs International und zu etwa 50.000 Mitgliedern in Deutschland. Der erste deutsche Lions Club wurde 1951 in Düsseldorf gegründet. In Jülich startete 1960 der erste Lions-Club, 1991 folgte der Jülicher Lions-Club Juliacum und der jüngste Ableger der Hilfsorganisation gründete sich 2011 mit dem Lions Club Jülich Gavadiae.
Dass es in Jülich gleich drei Lions-Clubs gibt, hat seine guten Gründe. Einer davon heißt: Wird die Mitgliederzahl zu groß, kann man sich persönlich nicht gut kennen. Und Letzteres ist für die Lions maßgeblich, denn Freundschaft, Vertrauen und gegenseitiger Respekt heißen die ethischen Grundsätze ihrer Gemeinschaft. Daher achten die Lions-Clubs auch darauf, eine kritische Größe nicht zu überschreiten – bei allen drei Clubs liegt die Mitgliederzahl zwischen 29 und 40. Bei Wachstum befürworten die Lions eher die Neugründung eines weiteren Clubs. Ein anderer Grund für die drei Clubs in Jülich liegt in der Tradition. So war ursprünglich die Lions-Bewegung in Deutschland eine reine Männersache. Doch das hat sich geändert. Heute gibt es auch viele Damen- und gemischte Clubs – in der Türkei etwa gibt es derzeit die meisten Damenclubs – und auch in Jülich sind seit vier Jahren die Löwinnen los: Organisiert im Lions Club Jülich Gavadiae. Der ungewöhnliche Name rührt aus dem um 70 n. Chr. auch im Jülicher Land bekannten Matronenkult, der Verehrung von Muttergottheiten. Auf Matronensteinen, die als Anbetungsobjekt fungierten, wurden zumeist drei Frauen dargestellt, die für Jugendkraft, Mütterlichkeit und Weisheit des Alters standen. Ein solcher Stein wurde in der Nähe von Jülich gefunden und trug als Matronenname die Inschrift „Gavadiae“. Diesen Attributen fühlen sich die Jülicher Löwinnen auch heute durchaus verbunden und stellen ihre Tugenden seit Gründung unter Beweis. So kann ihre kurze Geschichte heute schon als eine „Erfolgsstory“ bezeichnet werden: Tatkräftig backen die Lions-Damen Osterlämmer und „shaken“ Cocktails mit Namen „Löwenblut“ – dieser genießt bereits Kultstatus in der Region – und erzielen damit bewundernswerte Erlöse auf den Handwerkerinnen-Märkten in Jülich und Niederzier. Auch mit Zuschüssen aus der Mitgliederkasse runden die Löwinnen die erwirtschafteten Summen großzügig auf. Zugute kommen die Mittel vorwiegend karitativen Projekten in der Region, jüngst kamen 18 regional tätige Initiativen in den Genuss, aber auch die internationale Hilfe der weltweiten Lions-Bewegung wird bedacht wie z.B. die Blindenhilfe in Afrika oder das Friedensdorf Oberhausen, in dem kriegsverletzte Kinder aus aller Welt medizinisch behandelt werden.
Obwohl alle drei Jülicher Lions-Clubs für sich stehen, gibt es keine Berührungsängste untereinander. Das kann auch nicht sein, sind doch viele Lions-Damen mit Clubmitgliedern der beiden anderen Lions-Clubs verheiratet. Austausch und Kooperationen untereinander sind somit selbstverständlich. Zu besonderen Veranstaltungen gibt es wechselseitige Einladungen und die Clubs unterstützen sich gegenseitig. Bestes Beispiel: Der reine Männer-Lions Club Juliacum veranstaltet jedes Jahr eine Tombola auf dem Weihnachtsmarkt und erstellt einen Jülicher Adventskalender, deren Gewinne alljährlich von Firmen, Gewerbetreibenden, Institutionen und Einzelpersonen der Region gestiftet werden. Bei dem Verkauf des Kalenders und der Lose durch das sog. Lions-Hilfswerk stehen dann Lions-Damen und Lions-Herren am Stand nebeneinander und man hat dabei schon so manchen Löwen sagen hören: „Wenn wir die Damen nicht hätten…“
Auch zu dem im Februar durch den ältesten Jülicher Lions-Club ausgelobten Musikförderpreis für Kinder und Jugendliche, der fortan alle zwei Jahre stattfindet, waren die Mitglieder aller Jülicher Clubs eingeladen. Sonst eher zurückhaltend in der öffentlichen Darstellung seiner Spenden, geht der älteste Club mit dieser öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung neue Wege und betont damit den Wunsch, nachhaltig etwas in Jülich bewegen und fördern zu wollen. Der aus der Veranstaltung erwirtschaftete Überschuss kommt auch hier konkreten Sozialprojekten der Region zugute.
Allen drei Lions-Clubs ist ein monatliches Treffen gemein. Viele Mitglieder sind beruflich noch sehr aktiv, einige bereits im Ruhestand. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt jenseits der 50, was auch nicht verwundert, denn berufliche und familiäre Gründe stehen nun mal in den Jahren zuvor klar im Vordergrund: Für berufstätige Familienväter und -mütter fehlt schlichtweg die Zeit für ein ehrenamtliches Engagement. Gerne würden die Lions jüngere Mitglieder in ihren Clubs aufnehmen, doch auch die Ältesten der Lions machen ganz und gar nicht den Eindruck, der Welt abhandengekommen zu sein. „Mein Enkel im jugendlichen Alter und meine selbstbewusste Schwiegertochter sorgen schon dafür, dass ich mitten im Leben stehe“, meint eine 70-Jährige Löwin und kreiert mit sichtlicher Freude die neuste Cocktailrezeptur für den nächsten Jülicher Handwerkerinnen-Markt.