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Danke 2.0 #Dnk!

Danke? Nein Danke, oder doch?

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Danke | Foto: HZG
Danke | Foto: HZG
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Als mein Sohn noch in den Kindergarten ging, bekamen wir quartalsweise Elternbriefe mit Rückblicken und Ankündigungen. An einen dieser Briefe erinnere ich mich immer noch gut. Die Erzieherinnen hatten sich Luft verschafft und darauf verwiesen, dass sie ganz gerne auch mal begrüßt und verabschiedet würden, wenn wir Eltern unsere Kinder bringen und abholen. Zudem erinnerten sie an die Bedeutung der Worte „Bitte“ und „Danke“ und erbaten die Mithilfe aller bei ihren diesbezüglichen pädagogischen Bemühungen.

Eine ziemliche Bankrotterklärung für die Elternhäuser und deren Vermittlung eigentlich selbstverständlicher Werte für ein gelingendes Miteinander. Der Brief führte zu einem mittelschweren Sturm der Entrüstung.

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Natürlich sah auch ich mich nicht persönlich angesprochen. Bis heute raune ich meinem Sohn doch grundsätzlich rechtzeitig zu, wenn ein „Danke“ angebracht ist. Ich bin recht optimistisch, dass diese Art der Konditionierung irgendwann zum Erfolg führt. Ganz bestimmt. Irgendwann.

Waren die mahnenden Worte der
Erzieherinnen also tatsächlich übertrieben und völlig abwegig? Oder wachsen unsere Kinder in einer verrohenden und undankbaren Gesellschaft auf? Zählt die Dankbarkeit nicht mehr? So mancher Soziologe, Psychologe oder Pädagoge und auch viele selbsternannte Experten prognostizieren ein düsteres Bild so genannter Ichlinge, von uns selbst gezüchtete Egoisten, die nur am eigenen Vorteil interessiert sind und nichts in der Welt wichtiger finden als sich selbst, frei nach dem Motto me, myself and I. Dankbarkeit werde in solchen Köpfen zum Fremdwort. Ich glaube, diese Art der Schwarzmalerei ist nicht angebracht.

Junge Leute wissen durchaus, was sich gehört, sie verwehren sich höchstens gegen verordnete Korsetts. So haben sie beispielsweise den englischen Ausdruck thanks recht kreativ durch die Schreibung von thanx an die deutsche Aussprache angepasst. Im Zuge der heute üblichen Abkürzungen wird die Schreibung in chatrooms, sms und bei Whatsapp auf die wesentlichen Konsonanten „thx“ reduziert. Und auf diese Art Danke zu sagen, ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Danke 2.0 sozusagen. Wirkt auch im Schriftbild viel weicher als etwa „Dnk“ oder „Mrc“.

Wo Worte es vielleicht nicht ausrichten können, greift so manch einer zu einer echt leckeren Alternative. Wie praktisch und überaus rentabel, dass eine findige Firma eine Schokolade auf dem Markt etabliert hat mit dem schlichten Namen „Merci“.

Ich bekomme manchmal von meinen Schülerinnen zu Weihnachten eine Tafel geschenkt, manchmal sogar die XXL-Edition. Dieses Dankeschön nehme ich dankend an und denke mir dann, dass ich wohl nicht alles falsch gemacht habe. Oder aber, die Eltern dieser Schülerinnen haben ihre Kinder so erzogen, wie es ja auch schon mein
Kindergartenbrief wünscht…

Ich weiß nicht, ob die gleichnamige Schoko­lade zuerst war, oder Udo Jürgens erster
großer Welthit. Helene Fischer hat jedenfalls Udos Grand Prix Eurovision de la Chancon – heute kurz ESC – Siegertitel „Merci“ aus dem Jahre 1966 im letzten Jahr medienwirksam so herzzerreißend bei der Geburtstagssendung zum 80. des großen Künstlers geschmettert, dass nicht nur Udo Jürgens vor Rührung weinte.

Die aktualisierte Interpretation des Liedes fand rasenden Absatz in den gängigen Downloadportalen und wurde bei youtube nahezu 1 Million Mal angeklickt und unzählige Male bei facebook verlinkt. Wenn da nicht die Botschaft angekommen ist, dann wird der beste Kindergartenbrief es wohl nicht mehr richten können.

Udo Jürgens kann nicht mehr danke sagen, daher hat die CCKG 2015 seinen Karnevalsorden diesem großen Künstler gewidmet und sich ganz ungeniert an seinem Liedtitel „Vielen Dank für die Blumen“ bedient. Ein Glück – die CCKG macht
weiter! Vielen Dank!

Wer es mal ganz unverbindlich mit dem Danken probieren möchte, dem sei das Ernte-Dank-Fest empfohlen, welches weltlich und kirchlich bestens besetzt ist.

In unserem schönen Jülich feiern wir Erntedank sogar drei Tage lang mit dem bereits traditionellen Erntedank Stadtfest der Werbegemeinschaft inklusive einem verkaufsoffenen Sonntag.

Aber auch die Kindergärten und Grundschulen feiern mit. Da wird Suppe gekocht, jeder steuert etwas bei, alle werden satt. Und auch rund um den Altar in der Kirche sammeln sich schön dekoriert die Erntegaben, von freundlichen Spendern mitgebracht und im Anschluss vielleicht für den guten Zweck verkauft.

Ein recht bekanntes Kirchenlied entfaltet die Möglichkeiten des Dankens in unzähligen Strophen: Danke für diesen guten Morgen, Tag, die Sorgenübernahme, Freunde, für Jedermann, die Arbeitsstelle, das Glück, den Frohsinn, die Helligkeit, Musik, Traurigkeit, die guten Worte, eine Hand, die Gottesliebe, Gottes Geist, Gottes Wort, Heil und ganz zum Schluss der Dank dafür, dass man danken kann. Da wurde an alles gedacht.

Und wer vom Danken nicht genug bekommt: Erntedank wird auf der ganzen Welt gefeiert. Besonders bekannt ist sicherlich das amerikanische Thanksgiving, welches als traditionelles Familienfest groß gefeiert wird und bei welchem der Truthahn nicht wegzudenken ist. Thanksgiving findet erst Ende November statt und ist ein offizieller staatlicher Feiertag. Anders als in Deutschland verstehen die Amerikaner das Fest nicht ausschließlich als Erntedankfest, sondern verbinden damit den Dank für alles Gute und allen Erfolg.

Danken kann man praktischerweise sogar im Voraus. Das kann sinnvoll sein, wenn man bereits ahnt, auf andere kommt vielleicht eine unangenehme Zeit oder Situation zu, für die man selbst verantwortlich ist. Es gibt allerdings keine Garantie dafür, dass dieser Dank angenommen wird.

Mich machen Hinweise bei Autobahnbaustellen – „Wir bauen für Sie bis voraussichtlich 2018. Wir danken für Ihr Verständnis“ – manchmal doch etwas aggressiv.

Dankbarkeit ist nicht immer bedingungslos. Manchmal knüpfen wir an unseren Dank auch bestimmte Hoffnungen. Im besten Fall ergibt sich daraus eine win-win-Situation, nach dem Motto „Ich werde dir ewig dankbar sein, wenn …“ Mit solch vollmundigen Versprechen sollte man zweifelsohne vorsichtig sein, sie könnten wie ein Bumerang wieder auf einen zukommen.

Dem werten Leser dieses Artikels sage ich deshalb ganz ohne Bedingung, wenngleich schon mal im Voraus, an dieser Stelle:

Danke. Merci. Thanks. Thanx. Thx!


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