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Sorgenvoller Blick in die Zukunft

Dramatisch hohe Energie- und Rohstoffpreise, steigende Inflation, fragile Lieferketten: Die Unternehmen in der Region stellen sich auf einen harten Winter ein. Das ist das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen, an der sich rund 360 Unternehmen mit insgesamt mehr als 30.000 Beschäftigten aus der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg beteiligt haben.

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Foto: pixabay
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„Es zeichnet sich eine deutliche Kauf- und Investitionszurückhaltung ab, die die Wirtschaft in den kommenden Monaten stark belasten wird“, sagt Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. „Zwar wird die aktuelle Geschäftslage von den meisten Betrieben noch positiv eingeschätzt. Allerdings ist der Saldo seit dem Frühjahr 2022 so deutlich zurückgegangen wie zuletzt in Folge der Lehman-Brothers-Pleite nach 2008.“

Entsprechend deutlich haben sich die Ertragslage und die Aussichten der Betriebe verschlechtert, so die Industrie- und Handelskammer, die den Saldowert der Geschäftserwartungen mit -43 als den niedrigsten seit Beginn der digitalen Aufzeichnung 1994 angeben. Auch vom Export erwarte die Mehrheit der Befragten keine Wachstumsimpulse mehr. Zudem würden die Unternehmerinnen und Unternehmer in den kommenden Monaten weniger investieren wollen.

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„Die dominierende Sorge der Unternehmerinnen und Unternehmer ist weiterhin die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise“, betont Bayer. „85 Prozent der Befragten sehen diese als größtes Risiko für die Konjunktur. Damit setzt sich der Negativtrend fort und erreicht einen neuen Höchstwert.“ Vor dem Hintergrund des akuten Arbeitskräftemangels werd in den Unternehmen nicht davon ausgegangen, Mitarbeitende entlassen zu müssen. Aber: 6 von 10 Befragten gaben an, dass sie offene Stellen längerfristig nicht besetzen könnten. Nach wie vor gesucht werden insbesondere Auszubildende, Fachwirte, Meister und Mitarbeitende mit akademischem Abschluss. Zwei Drittel der Befragten sahen den Arbeits- und Fachkräftemangel als große Herausforderung für die künftige wirtschaftliche Entwicklung an.

Die konjunkturelle Entwicklung werd sich auch auf die kommunalen Haushalte auswirken – in doppelter Hinsicht: Zum einen würden die Einnahmen aus der Gewerbesteuer niedriger ausfallen. Zum anderen sei zu befürchten, dass sich auf der Ausgabenseite die Anhebung der historisch niedrigen Zinsen insbesondere bei den Kassenkrediten deutlich bemerkbar machen werde. „Beides wird die kommunalen Haushalte spürbar belasten, darf aber keinesfalls den Reflex auslösen, die Realsteuerhebesätze anzuheben“, warnt Bayer. „Das wäre ein fatales Signal für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region, die trotz geringerer Gewerbeerträge nach wie vor durch Grund- und Gewerbesteuer in erheblichem Maße zur Finanzierung der Kommunalhaushalte beitragen.“

Geschäftslage und Erwartungen der Befragten im Detail
Im Kreis Düren hat sich laut IHK die Geschäftslage seit dem Frühjahr deutlich verschlechtert. Immer weniger Befragte bewerteten ihre Situation gegenwärtig positiv: 32 Prozent seien mit ihren Geschäften noch zufrieden, 29 Prozent unzufrieden. Von einer guten Lage berichten insbesondere der Großhandel (Saldo: +44) und der Einzelhandel (Saldo: +31). Die Erwartungen hätten sich ebenfalls deutlich verringert. Nur noch 10 Prozent der Betriebe gingen von einer Verbesserung ihrer Geschäfte in den kommenden Monaten aus, 56 Prozent sind zurückhaltend. Am besten seien die Aussichten noch im Einzelhandel (Saldo: -25). Im Baugewerbe (Saldo: -76) seien sie dagegen besonders negativ.

Die Mehrzahl der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Industrie sei mit der aktuellen Situation noch zufrieden. Allerdings meldeten bereits deutlich weniger Betriebe gute Geschäfte als noch im Frühjahr. 3 von 10 Unternehmen bewerteten ihre Lage als gut, jeder fünfte Befragte sei nicht zufrieden. Dabei seien die Umsätze bei der überwiegenden Zahl der Betriebe gestiegen (Saldo: +23). Allerdings gäben auch 70 Prozent der Befragten an, dass sie die gestiegenen Energiepreise zu einem großen Teil an ihre Kunden weitergeben würden. Die Umsatzsteigerungen seien daher zu einem gewissen Grad auch auf deutlich gestiegene Preise zurückzuführen. Um Kosten zu sparen, wollen 56 Prozent der Befragten in Energieeffizienzmaßnahmen investieren.

Trotz der rückläufigen Tendenz bei der Lagebewertung sinke die Auslastung der Produktionskapazitäten nur um 1 Prozentpunkt auf 83 Prozent. Sie liege damit weiter über dem langjährigen Durchschnitt von 80,8 Prozent. Die bisherige Lagebewertung der Dienstleister ist weiterhin überwiegend gut, allerdings berichteten jetzt deutlich weniger Befragte von guten Geschäften als noch im Frühjahr: 37 Prozent der Betriebe blickten noch auf gute Geschäfte zurück, 19 Prozent auf schlechte. 4 von 10 Befragten meldeten gestiegene Umsätze in den zurückliegenden Monaten, bei jedem fünften Unternehmen seien sie gesunken.

Im Handel habe sich die wirtschaftliche Situation seit dem Frühjahr deutlich verschlechtert. Die Zahl der positiven und negativen Antworten sei dabei nahezu ausgewogen. 26 Prozent der Befragten seien mit ihren Geschäften zufrieden, 24 Prozent meldeten eine schlechte Lage. Im Großhandel ist die Situation geringfügig besser als im Einzelhandel. 28 Prozent der Großhändler seien zufrieden, 24 Prozent nicht. Im Einzelhandel berichteten 24 Prozent der Befragten von guten Geschäften, 27 Prozent seien unzufrieden.

Im Gegensatz zur allgemeinen Konjunkturentwicklung habe sich die Lage im Baugewerbe deutlich verbessert. 55 Prozent der Befragten seien mit ihrer momentanen Lage zufrieden, nur 8 Prozent unzufrieden. Allerdings ist die Bauproduktion in den vergangenen sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahr bei der Mehrzahl der Betriebe bereits gesunken.

Trotz der noch überwiegend positiven Geschäftslage hat sich die Ertragslage der Unternehmen bereits deutlich verschlechtert. Die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten konnten die Unternehmen zwar anteilig, aber nicht in vollem Umfang an ihre Kunden weitergeben. Bei 42 Prozent der Unternehmen haben sich die Erträge negativ entwickelt, bei 24 Prozent sind sie gestiegen.

Obwohl sich die Geschäftserwartungen deutlich eingetrübt haben, rechnen die Befragten nicht mit einem Abbau von Personal in größerem Umfang. 21 Prozent der Befragten gehen von einem Anstieg der Mitarbeiterzahl aus, geringfügig weniger erwarten einen Rückgang.
Bei der aktuellen Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen mit den Vereinigten Industrieverbänden von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e. V. (VIV) kooperiert und Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam befragt.

Der Konjunkturbericht ist auf der Internetseite der IHK Aachen unter www.ihk.de/aachen zu finden.


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