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Szenariorechnung zur Sicherung der Gasversorgung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat am 23. Juni 2022 die zweite Stufe – die Alarmstufe – des Notfallplans Gas ausgerufen. Grund dafür sind die seit Mitte Juni stark eingeschränkten Gaslieferungen aus Russland (um etwa 60 Prozent) sowie das hohe Preisniveau am Gasmarkt. Trotz dieses Teilembargos stuft die Bundesnetzagentur die Versorgung noch als sicher ein, bezeichnet die aktuelle Gasversorgung aber als angespannt. Allerdings zeichnet sich für den kommenden Herbst sowie im Frühjahr 2023 eine Gasmangellage ab. Das Jülicher Institut für Techno-ökonomische Systemanalyse hat hierzu ein Statement verfasst.

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Beispiel aus dem am Jülicher Institut für Techno-ökonomische Systemanalyse entwickelten Webtool "No Stream". Abbildung: Forschungszentrum Jülich
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Eine Entscheidungsgrundlage für das Ausrufen der Alarmstufe sind Szenariorechnungen, die von der Bundesnetzagentur durchgeführt wurden. Diese zeigen: Bleiben die Gasimporte weiterhin eingeschränkt, ist die notwendige Speicherbevorratung nicht mehr möglich; die gesetzlich vorgeschriebenen Füllstände der Speicher können dann nicht eingehalten werden. Auch der bis Ende des Jahres geplante Bau von zwei Terminals für verflüssigtes Erdgas (kurz: LNG) in Deutschland und die dafür bestimmten zusätzlichen Erdgasimporte reichen nicht aus, um die fehlenden russischen Gasimporte vollständig zu kompensieren. Von entscheidender Bedeutung sind daher verbraucherseitige Einsparungen, die sich zudem möglichst schnell umsetzen lassen – etwa der Ersatz von Gaskraftwerken durch Kohlekraftwerke oder Einsparungen im Industriesektor.

Berechnungen des Instituts für Techno-ökonomische Systemanalyse (IEK-3) des Forschungszentrums Jülich zeigen: Fallen die Gasimporte aus Russland vollständig weg, kann die Gasversorgung für den nächsten Winter und das Frühjahr nur durch erhebliche Herabsetzung des Verbrauchs sichergestellt werden. Die hierfür notwendigen Verbrauchsreduktionen gehen deutlich über die Szenario-Annahmen des Bundesnetzagentur hinaus. Darüber hinaus zeigen die Analysen des Instituts, dass bereits im frühen Herbst mit Einsparmaßnahmen begonnen werden müsste. Mit dem eingesparten Erdgas könnten dann die Erdgasspeicher für die Winterbevorratung aufgefüllt werden. Für den Winter wären weitere, zusätzliche Sparmaßnahmen notwendig.

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„Die Einsparungen in allen Sektoren sind eine zentrale Stellschraube für das Funktionieren der Gasversorgung im nächsten Winter“, erläutert Professor Jochen Linßen, Abteilungsleiter am IEK-3. „Jeder Kubikmeter Gas, der heute bereits eingespart wird, kann für die Befüllung der Gasspeicher genutzt werden und steht dann für den Winter zur Verfügung.“

Mit Hilfe des von Jülicher Systemanalytikern entwickelten Modelltools „No Stream“ lässt sich zeigen, dass eine Lösung der Gasversorgungskrise nur im gesamteuropäischen Kontext möglich ist. Deutschland, eines der Hauptgastransitländer, spielt dabei eine besondere Rolle. Die Durchleitung von russischem Gas in benachbarte Länder, beispielsweise Frankreich oder Tschechien, ist ein maßgeblicher Faktor für die Sicherstellung der dortigen Gasversorgung. „Um einen Gasmangel in Europa zu vermeiden, ist eine abgestimmte gesamteuropäische Strategie erforderlich“, so Dr. Peter Markewitz, der die Gruppe integrierte Transformationsstrategien am IEK-3 leitet. „Diese muss zusätzliche Möglichkeiten der Gasbeschaffung in den Blick nehmen, ebenso die Befüllung und Nutzung von Speichern und auch verbraucherseitige Einsparungen. Ohne ein solidarisches Verhalten der europäischen Länder wird es nicht gelingen, die Gasversorgungskrise zu bewältigen.“


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