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Talentscout in der Zellfabrik

Neuer Biosensor erleichtert die Suche nach effizienten Mikroorganismen.

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Prof. Jan Marienhagen, Leiter der Forschergruppe "Synthetische Zellfabriken" am Institut für Bio- und Geowissenschaften - Biotechnologie. Foto: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau
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Sie sind klein, aber haben es in sich: Mikroorganismen. Ihre Leistungsfähigkeit macht sich die sogenannte „Weiße Biotechnologie“ auf vielfältige Weise zu Nutze. Etwa um Chemikalien, medizinische Wirkstoffe oder Nahrungsergänzungsmittel herzustellen. Die Arbeit der kleinen Leistungsträger steckt mittlerweile in einer ganzen Reihe von Produkten – Tendenz steigend. Das Bakterium mit dem komplizierten Namen Corynebacterium glutamicum beispielsweise produziert jedes Jahr etliche Tonnen der Aminosäuren Isoleucin, Valin oder Threonin. Diese kann der Mensch nicht selber produzieren. Sie werden unter anderem für Infusionslösungen in Krankenhäusern benötigt.

Der Vielfalt an mikrobiellen Synthesestoffen entspricht das breite Spektrum an Einsatzfeldern. Die mögliche Nutzung reicht von Enzymen in Waschmitteln über die Produktion von Arzneien bis hin zur Erzeugung von Biokraftstoffen. Neben dieser großen Bandbreite ist die Nachhaltigkeit der zugrundeliegenden Herstellungsverfahren ein weiterer wesentlicher Vorteil. Anders als bei vielen energiehungrigen chemischen Verfahren bilden hier einfache, regenerative Komponenten die Ausgangsbasis für biobasierte Produktionsprozesse. Der Weißen Biotechnologie wird daher beim Wechsel von einer auf fossilen Energieträgern fußenden hin zu einer biobasierten Wirtschaft eine wichtige Rolle zugeschrieben. So klein die Produzenten, so groß sind also die Erwartungen an die „Minifabriken“.

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Eine wesentliche Hürde auf dem Weg zur biotechnologischen Produktion neuer oder auch etablierter Stoffe im industriellen Maßstab ist oftmals die aufwendige Ermittlung von besonders geeigneten Bakterienzellen. Die Identifikation von Zellvarianten, die interessante Moleküle besonders gut produzieren können, gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen – mindestens. Denn die zu untersuchenden Bakterienkulturen können aus vielen Milliarden Zellvarianten bestehen. Je größer die Zahl der Varianten, die die Wissenschaftler generieren, desto größer ist schließlich auch die Aussicht auf einen passenden Kandidaten. Zum Vergleich: Die Chance auf einen Lottogewinn liegt je nach Lotterie bei 1:95 Millionen. In Anbetracht dieser Größenordnung wird schnell klar, dass die Suche nach mikrobiellen Talenten für gewöhnlich sehr zeitintensiv und damit kostspielig ist.

In der Zellfabrik brennt noch Licht

Die Forschergruppe „Synthetische Zellfabriken“ unter der Leitung des Jülicher Wissenschaftlers Prof. Jan Marienhagen setzt daher auf ein neues Verfahren, um die vielversprechendsten Anwärter schneller entdecken zu können. Sie ermittelt einzelne Zellen, die ein relevantes Molekül besonders gut produzieren können, mithilfe spezieller Biosensoren. Liegt die gefragte Substanz vor, so bringt der Sensor die betreffenden Zellen zum Leuchten. Er schaltet gewissermaßen das Licht an, so dass die besten Zellen unter all den anderen Millionen leicht zu erkennen sind. „Kombiniert man diese Technologie mit einem Zellsortierer, kann man mehrere 10.000 Zellen pro Sekunde bezüglich ihrer Fluoreszenzintensität (und damit der Molekülkonzentration) bewerten und so sehr produktive einzelne Zellen identifizieren“, erklärt Marienhagen.

Diese innovative Herangehensweise, die gegenüber klassischen Analyseverfahren um ein Vielfaches schneller ist, hat bisher nur ein Problem: Ihre Ergebnisse sind noch nicht so genau, wie es wünschenswert wäre. Vereinfacht gesagt schaltet der Sensor nämlich nicht nur das Licht an, wenn der gefragte Kandidat im Raum ist, sondern auch, wenn lediglich einige seiner engen Freunde im Zimmer stehen. „Viele Sensoren, die konstruiert werden, sind nicht sehr spezifisch und detektieren mehrere einander sehr ähnliche Substanzen. Dies führt zu vielen vermeintlich tollen Produzenten, die sich dann aber als sogenannte ‚Falsch-Positive‘ entpuppen“, verdeutlicht Marienhagen die Tücken des Verfahrens.


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