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Gehacktes

Was ich noch sagen wollte

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Kolumne | Foto: HZG
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Manchmal ist das ja so eine Sache mit dem Gehackten. Also mit den zerkleinerten Teilen von etwas Ganzem. Manchmal gewollt, manchmal gesollt, manchmal aus Versehen passiert, manchmal unerwünscht. Meistens lässt sich einmal Gehacktes nicht wieder zusammensetzen: bei Petersilie aussichtslos, bei geschredderten Akten nur unter höchstem Einsatz einer ganzen Behörde und bei Holzstämmen völlig kontraproduktiv. Manchmal geht es aber doch und ist sogar gewollt: ein Puzzle basiert genau auf dem System, ein zuvor in Einzelteile gehacktes Gesamtbild wieder zusammenzusetzen. Lückentexte füllen ganze Rätselblöcke und das so trainierte Hirn wird auch mit zerhackten Gesprächsfetzen bei schlechter Telefonverbindung fertig. Meine ersten Assoziationen im weltweiten Netz der Informationen abzusichern, bringt in diesem Fall nicht viel: das Internet erschlägt mich mit 3485 Rezepten rund um zerkleinertes Fleisch. Gut, das Wort stammt aus einer Zeit, in der tatsächlich noch mit dem Messer gehackt wurde – heute erledigt das der Fleischwolf. Genaugenommen müssten wir an der Fleischtheke also „ein Pfund Geleiertes halb und halb“ verlangen. Als DDR-Kind zum Einkaufen der Hauptzutat für Königsberger Klopse geschickt, hatte ich in der Schlange beim Metzger viel Zeit zum Nachdenken, während die Zeiger auf der Uhr die Stunden in Minuten und diese in Sekunden zerhackte. Wenn ich die Beine der anderen Wartenden durchgezählt, die durchschnittliche Bedienzeit und damit die noch bevorstehende Wartezeit ermittelt hatte, verzweifelte ich regelmäßig an der noch verbliebenen mathematischen Problemstellung auf meinem Einkaufszettel: „½ kg Gehacktes halb und halb“. Ich wusste, dass ein Pfund ein halbes Kilogramm ist, aber warum sollte es nochmals „halbiert“ werden? Oder sollte ich zwei Pfund mitbringen, also „halb UND halb“, was ja wieder ein ganzes Kilo macht? Glücklicherweise wusste die Fleischereifachverkäuferin genau, was ich wollte und sollte und irgendwann ließ auch mein Kindskopf das Bild von zu meiner Nahrung verarbeiteten unterschiedlichen Tierarten zu, um es dann später wieder auszublenden. Apropos ausblenden. Wenn das Internet bei der Eingabe der ersten Buchstaben in der Adresszeile des Browsers keinen Einlass gewährt und sich der Bildschirm in Startposition des Rechners ausblendet, kann das natürlich bedeuten, dass der Rechner „gehackt“ wurde, also ein Eindringling von außen das Gehirn des PC zerkleinert. Muss aber nicht. Es kann auch einfach nur ein neues Schmuckstück sein, dessen in Einzelteile zerhackte Glieder rund um das Handgelenk durch einen Magnetverschluss zusammengehalten werden. Gerät man mit diesem nämlich über die Stelle am unteren Gehäuserand, an der dem Laptop normalerweise beim Zusammenklappen ein Minischaltmagnet aus dem oberen Rand des Bildschirms signalisiert „Ich bin zu, bitte in Standby schalten und Bildschirm ausblenden!“, macht das Gerät brav, was es soll, nämlich nichts mehr. Nicht mal halb und halb… Da hilft kaum, alle im eigenen Gehirn in Einzelteile zerhackte Informationen zusammen zu puzzlen rund um Wahrscheinlichkeitsrechnung und Ausschlussverfahren. Einzig ein Geistesblitz genau in dem Moment, wenn man das Gehacke auf der Tastatur aufgibt und sich wie durch den Fleischwolf gedreht mit geballter Faust das neue Schmuckstück am Handgelenk betrachtet, rettet das Gerät vor der Zerkleinerung und damit schlussendlich auch diese Zeilen…

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Gisa Stein
Aus dem Herzen der Lutherstadt Wittenberg in die Herzogstadt gekommen und angekommen: "Wenn ich erlebe, dass Menschen weite Wege gehen, gar von anderen Kontinenten anreisen, um die Jülicher Zitadelle zu besichtigen, entwickle selbst ich als "Immi" eine gewissen Stolz..."

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