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Melone

Was ich noch sagen wollte…  

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Kolumne | Foto: HZG
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Manchmal ist das ja so eine Sache mit der Melone. Also mit der für in den Kopf und der für auf den Kopf. Eine runde Sache ist sie allemal. Die zum Verzehr geeignete stammt vom griechischen Wort „Melo“ für Apfel, also ein Obst? Weit gefehlt! Sie gehört zu den Kürbissen, die ebenso wie Zucchini Fruchtgemüse sind. Unreif geben Melonen kein Geräusch von sich, je reifer Melonen sind, desto hohler klingen sie und sind bei gleicher Größe schwerer. (Wieso muss ich jetzt an schnarchende Menschen denken?) Ein anderes Wort für die Melone ist auch Panzerbeere. Mir ist nicht ganz klar, ob damit die harte Schale gemeint ist, durch die man sich an das Fruchtfleisch durchkämpfen muss, oder ein möglicher Einsatz als Geschoss. Wer einmal im Sportunterricht einen Medizinball an den Kopf bekommen hat, weiß um die Erfolgsquote und Notwendigkeit eines Waffenscheins. Als Kind habe ich anhand der Melone zudem gelernt, dass Wasser durchaus kleben kann. Trotz aller Bemühungen schaffe ich es auch heute nicht, eine Melone ohne zu kleckern zu verspeisen. Oder ohne zu schlürfen. Oder ohne den Drang des Kernespuckens. Mitessen kann ich diese immer noch nicht, zu sehr hat sich die kindliche Vorstellung in mir manifestiert, dass dann im Bauch Melonen wachsen. Immerhin begegneten mir schwangere Frauen und bierbäuchige Männer bereits, als ich noch an den Klapperstorch glaubte. Nicht oft begegnet sind mir in freier Laufbahn Menschen mit Melonen auf dem Kopf. Also diesen steifen, abgerundeten Hüten mit Krempe. Erfunden haben ihn die Londoner Hutmacher Thomas und William Bowler, weshalb die Engländer die Kopfbedeckung nicht „melone“ sondern „bowler“ nennen. Oder „coke“ nach dem Namen des ersten Trägers. In der deutschen Sprache existieren auch weitere sich selbst erklärende Bezeichnungen wie Eiersieder, Hartmann, Glocke oder Koks – wobei sich mir wiederum nicht eindeutig erschließt, ob letzteres eine freie Übersetzung des Erstträger-Namens oder der tiefschwarzen Hutfarbe geschuldet ist. Das Objekt ist aus schwerem Filz gefertigt und wurde ursprünglich mit Schellack versteift. Vielleicht hat Pan Tau, ein prominenter Melonenträger, ja Musik gehört, als er mit dem Finger gleich einer Grammophonnadel über die Krempe strich? Die Amerikaner nennen den Hut „derby“, weil der Earl of Derby diese Kopfbedeckung erstmals zum Pferderennen getragen hat: niedrig, stabil, fest auf dem Kopf sitzend. Mit dem Zylinder blieb man nicht selten an den Ästen hängen. So entdeckten auch Cowboys und Eisenbahnarbeiter diese Kopfbedeckung für sich. Wieso sie in London zur Berufsbekleidung für Banker wurde, ist mir rätselhaft – tief hängende Äste werden weniger die Gefahr gewesen sein. Vielleicht gibt es einen Zusammenhang zu den „schwarze Schatten“ genannten Männern mit Melone auf dem Kopf, die einst als Geldeintreiber für Inkassounternehmen hinter den Schuldnern hinterherschlichen – quasi als für jeden sichtbarer Kontoauszug mit negativem Vorzeichen. Auch anderswo wurden die Melonenhüte zum Markenzeichen: für Vertreter aus Nordirland, die eine Union mit Großbritannien befürworteten, macht das Sinn, für bolivianische Indiofrauen auf den ersten Blick irgendwie nicht. Charlie Chaplin, Dick und Doof, Billy the Kid, Winston Churchill, Egon Olsen haben sie berühmt gemacht oder ihre Berühmtheit genutzt. Und letztlich jonglieren auch Clowns und Artisten mit ihnen – was auf jeden Fall besser ist als mit dem Fruchtgemüse…                     

  Gisa Stein

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