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Trubel – Was ich noch sagen wollte…

Manchmal ist das ja so eine Sache mit dem Trubel

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©HZG
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Also mit dem gewollten, in den man sich manchmal bewusst begibt und dem ungewollten, in den man gerät und dem man meistens lieber entflieht. Der November, eigentlich ein stiller Monat, birgt so manchen Trubel beiderlei Kategorien. Zunächst beginnt er ja mit dem stillen Feiertag Allerheiligen, der nach dem lauten Halloweenfeiertrubel des Vorabends innehalten lässt. Vergessen ist dann auch der Trubel auf dem Friedhof, den in den Tagen zuvor viele Menschen mit Tannengrün, Kerzen und Harken in der Hand verursacht haben, um die Gräber winterfest zu machen. Kurz darauf wird am 11.11. dann die fünfte Jahreszeit eröffnet mit reichlich Narrentrubel auf Knopfdruck – und wegen Kopfdruck dann nicht selten tags drauf sofort wieder abgeschaltet. Trubelig wird es dann wieder zum Ende des Monats zur Eröffnung der Weihnachtsmärkte nicht nur am Glühweinstand, sondern auch in den Geschäften, wenn  der Sturm auf die potentiellen Geschenkeburgen beginnt. Der Trubel wird lediglich noch einmal etwas eingebremst durch Volkstrauer- und Totensonntage, wenn an  Denk- und Ehrenmalen Menschen ganz untrubelig zusammenkommen. Trubel ist nämlich per heutiger Definition ein „mit Gewühl verbundenes lebhaftes geschäftiges oder lustiges Treiben“ oder ein „Durcheinander von Personen“ – das lässt zwar reichlich Interpretationsspielraum, sich aber nicht allumfassend anwenden. Vor allem nicht beim Blick in die Geschichtsbücher oder Lehrbücher von Sprachwissenschaftlern. Angelehnt an das französische „trouble“, das Verwirrung und Unruhe bedeutet und ebenso eher negative Assoziationen weckt wie das ihm zugrunde liegende spätlateinische „turbuläre“, das verwirren und trüben meint, war das Wort lange Zeit „Ausdruck körperlichen oder seelischen Unbehagens“. Noch im 17. Jahrhundert war Trubel einfach nur Lärm, ein lautes Durcheinander und unruhiges Treiben. Bis ins 19. Jahrhundert wurde es zudem für die Umschreibung politischer und kriegerischer Wirren und Aufruhr verwendet. Nun gut, auch heute noch hat mancher Trubel, also das „Durcheinander von Personen“ etwas mit kriegsähnlichen Zuständen zu tun, wenn es den besten Platz am Pool oder ein Schnäppchen beim saisonalen Schlussverkauf zu ergattern gilt. Ganz friedlicher Trubel ist hingegen zu beobachten, wo dem „mit Gewühl verbundenen lebhaften geschäftigen Treiben“ Struktur gegeben wird. Faszinierendsten Beispiel ist für mich der Passantenstrom in den Straßen New Yorks. Wie von Zauberhand und -fuß gelenkt, setzen die Menschen ihre Schritte im größten Trubel ungeachtet aneinander vorbei, ohne sich zu berühren und ohne das Tempo zu verringern oder zusammenzustoßen. Die einen durchblicken den Trubel, die anderen haben blindes Vertrauen. Komischerweise versagt dieses doch recht simple System bei einfacher Fahrbahnverringerung auf deutschen Autobahnen. Diesem Auto-Trubel folgt dann meist ein Stau und mit ihm der „Ausdruck körperlichen oder seelischen Missbehagens“. Womit wir statt beim Trubel beim „Trouble“ wären, der eindeutig nicht das „lustige Treiben“, sondern Ärger und Probleme meint.
Diese trüben die Freude am Trubel ungemein. Tatsächlich hängt auch das Wort „trübe“ rein sprachwissenschaftlich mit dem Trubel zusammen. Also wie wenn man Bodensatz mal ordentlich aufwühlt. Trübe Tassen sind also keinesfalls Trubel-Muffel, sondern eigentlich dessen Ergebnis. Und genau so ist das wohl mit dem November – ein
völlig missverstandener trüber Trubel-Monat…

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Gisa Stein
Aus dem Herzen der Lutherstadt Wittenberg in die Herzogstadt gekommen und angekommen: "Wenn ich erlebe, dass Menschen weite Wege gehen, gar von anderen Kontinenten anreisen, um die Jülicher Zitadelle zu besichtigen, entwickle selbst ich als "Immi" eine gewissen Stolz..."

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