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Astrid Lambrecht

These: Quantenphysik lässt sich auf Leitungsfunktion anwenden. Von Tieren, Fahrradfahren und Gestalten im Strukturwandel.

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Astrid Lambrecht. Foto: Dorothée Schenk
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Das nötigt schon Respekt ab: In wenigen Minuten ist das Gegenüber eine Quantenphysikerin, die seit fast 100 Tagen Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums Jülich ist, das 948 Millionen Euro im Jahr 2022 erlöste und 7248 Menschen im Jülicher Land Arbeit gibt. Die Tür öffnet sich, und eine sportliche Frau, der man ihren Jahrgang 1967 nicht ansieht, betritt mit offenem Lächeln und wachem Blick, der gepaart ist mit einer Spur freundlicher Neugier, den Raum: Astrid Lambrecht.

Und sofort ist das Gespräch im Gange. Über die Schönheit und die Historie Jülichs weiß die Wissenschaftlerin allerlei. Jülich hat einen neuen Fan gewonnen, das ist hörbar. Astrid Lambrecht ist begeistert von der Zitadelle, deren Bau- und „Lebensgeschichte“ ihr der Vorsitzende des Fördervereins Festung Zitadelle Rüdiger Urban näher gebracht hat. Im Wallgraben geht sie gerne mit ihrer Familie spazieren, wenn diese sie besucht, und berichtet von der Begegnung mit Kaninchen und Wassertieren in den und am Ufer der Künetten.

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Apropos Tiere und Jülich: Muttkrat? Weiß sie, wer oder was das ist? Interessiertes Verneinen und amüsiertes Faktenaufnehmen, dass die Matschkröte Adelsbezeichnung für die Ur-Jülicher ist. Als Astrid Lambrecht erfährt, dass – nach Hein Ningelgen – sich Zugezogene inzwischen per Gefühl entscheiden können, ebenfalls „Muttkrat“ zu sein, schmunzelt sie. „Das eröffnet ja noch mal ganz neue Perspektiven für mein Leben in Jülich!“ Ließe sich da auch ein Bogen zur Wissenschaft schlagen? Grundlagenforschung zum Thema „Die Lebensbedingungen der Matschkröte“ verbessern? „Das könnte zu unserer Bioökonomie-Forschung passen“, lacht sie. „Das nehmen wir sofort als Forschungsthema mit.“ Erkenntnis: Die neue Vorstandsvorsitzende hat also auch eine gute Portion Humor mitgebracht.

Was ist sonst noch gut an Jülich? „Die Nähe zum Thalys nach Paris“, sagt sie lachend, denn Frankreichs Hauptstadt ist ein Lebensmittelpunkt. Hier hat die gebürtige Mülheimerin promoviert und habilitiert, war am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) für Physik in Paris seit 2007 Forschungsdirektorin, von 2014 bis 2015 stellvertretende Direktorin des Forschungsinstituts Laboratoire Kastler Brossel und ab 2016 stellvertretende wissenschaftliche Leiterin am CNRS-Hauptsitz für den wissenschaftlichen Geschäftsbereich Physik, den sie seit 2018 leitete. Und hier ist die Familie mit vier Kindern zu Hause, von denen allerdings drei schon Studierende sind, eines steht kurz vor dem Abitur.

Bewegung bestimmt also auch das Leben der Vorstandsvorsitzenden Lambrecht. Gilt das auch im Wortsinn? „Ich fahre manchmal mit dem Fahrrad zum Forschungszentrum, wenn es die Termine und das Wetter zulassen.“ Außerdem joggt sie gern durch die Rurauen und reitet. „Ich brauche Sport unbedingt als Ausgleich“, sagt sie.

Passend zur Position hat Astrid Lambrecht Quartier im Nordviertel bezogen. „Hier sind nette Nachbarn, und es ist immer was los!“ Sie ist begeistert von ihrem international geprägten Stadtviertel, das ja bekanntermaßen nur wegen der Ansiedlung der KFA, dem heutigen Forschungszentrum, entwickelt wurde. Ach ja… Die KFA. Das lässt Astrid Lambrecht seufzen. „In den Köpfen ist eben manchmal noch die ,KFA’ drin. Ich kann das verstehen. „Es war historisch von großer Wichtigkeit, aber inzwischen arbeiten wir eben an ganz anderen wichtigen Themen“, sagt die Frontfrau des FZJ. Sie wünscht sich vor allem eins, „dass die Menschen besser verstehen, was das Forschungszentrum tut“. Darum soll der Nachbarschaftsdialog weitergeführt werden, aber auch Unternehmen möchte sie nicht nur als Besucher, sondern auch als Kooperationspartner für gemeinsame Projekte im Forschungszentrum sehen.

Ein weiterer Punkt: „Für mich ist wichtig zu kommunizieren, dass wir hier exzellente Grundlagenforschung betreiben, dass sie eine wesentliche Voraussetzung für die angewandte Forschung und die Translation in den Strukturwandel ist. Man braucht wirklich beides. Das ist eine wichtige Botschaft auch in Richtung Politik.“ Darüber hinaus wird Astrid Lambrecht Fürsprecherin für eine Verbesserung des ÖPNV sein – für das Forschungszentrum und die Stadt Jülich. Das sieht sie als Einheit. Gleiches gilt für den Bau eines Kongresszentrums und eines großen Hotels, die Stadt und FZJ dienlich wären, und und und. So schnell werden, das ist klar, Astrid Lambrecht die Betätigungsfelder nicht ausgehen.

Was nimmt man aus der Quantenphysik mit in die Position einer Leitung des größten Arbeitgebers von Jülich und der Region? Astrid Lambrecht überlegt und sagt dann lachend: „Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen.“ Aber im Ernst: „Quantenphysik heißt ja, man macht sich die Gesetze auf atomarem Niveau zunutze, um makroskopische Eigenschaften zu verändern und zu beeinflussen. Ich glaube, da kann man schon einiges mitnehmen. Man tut etwas in einem kleinen Rahmen. Das hat aber Einfluss auf viele andere Dinge. Dieses Bild, das passt.“


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