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Mit Kochlöffeln und nackten Tatsachen

Stetternich goes Chippendale: Beim Theaterstück „Landeier oder…Bauer sucht Frau“ zeigte die Laienspielgruppe der Gesellschaft Frohsinn Stetternich 1880 e.V. dem vollbesetzten Saal des KuBa, zu was Landwirte auf Partnersuche fähig sind: Partnerbörse war gestern. Spot on für die Bauern der Region, heißt es auch am Samstag und Sonntag nochmal

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Schiere Begeisterung der "Landeier". Foto: Sonja Neukirchen
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Um den Höhepunkt gleich vorweg zu nehmen: Die Stetternicher Bauern machten den Chippendales der 80er Jahre große Konkurrenz. Die Landeier der Laienspielgruppe der Gesellschaft Frohsinn zeigten dem Publikum nicht nur was schauspielerisch in ihnen steckt, sondern auch, was unter dem karierten Hemd so alles verborgen liegt. Und beides ließ sich sehen. Der finale Strip im bunten Rampenlicht ließ nicht nur Frauen, sondern auch Männer grölen, klatschen und jubeln. Kurzum: die Gäste kamen im komplett belegten Saal voll auf seine Kosten.

Eingeleitet wurde das Stück vom Männergesangsverein (Tim Lieven, Helmut Lieven, Hermann Haag, Holger Bagusat, Wolfgang Bauer, Heinz-Willi Keuter, Wolfgang Schulz, Gotthard Klose) unter der Leitung von Inge Duve. Sie sangen von Liebe, und von was anderen könnten sie auch nicht singen, so scherzte Duve gleich zur Eröffnung. Der Ellbach wurde besungen, und auch an Ed Sheeran traute sich das siebenköpfige Sanges-Team heran. Doch ihren Höhepunkt mit gleichzeitiger Überleitung zum Stück gaben die Sänger, als sie „Wenn in Stetternich d’r Buur op d’r Huhzick danz“ intonierten – den Klassiker der Bläck Föös.

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Getanzt wurde dann tatsächlich im Laufe des Abends. Aber zunächst standen drei der vier Landeier aus Stetternich sowie der Gastwirt der Gloria Schenke vor einem großen Problem: Sie suchten eine Frau. Das ewige Dosen-Ravioli vom Kneipenwirt Heinz (Wolfgang Schulz) schmeckte ihnen weder kalt noch warm mehr. Zeigten sie schon selbst gute Ansätze für eine Lösung mit einer Videoselbstdarstellung auf Youtube, so kamen ihnen Kosmetikerin Biggi Bücher (Petra Vallentin) und Studentin Katrin Vogt (Dr. Julia Eckardt) bei der Umsetzung zur Hilfe: Die listige Idee der Damen: Während die Jungbauern Hemden bügelnd und Eier trennend am Herd bei Haushaltstätigkeiten posierten, sollten sie Schritt für Schritt die Hüllen fallen lassen. Dabei liefen die Laienschauspieler unter der Regie von Angelika Ponten zur Höchstform auf. Als Koch machte vor allem Jungbauer Jan Jensen (Holger Bagusat) seinem dänischen Kollegen aus der Sesamstraße (Smörebröd) Konkurrenz: die Bewegungen der drei waren einfach ein Angriff auf die Lachmuskeln. Auch Petra Vallentin war mit der schrulligen Kosmetikerin Biggi Bücher in ihrer absoluten Paraderolle und mimte – mal als Creme-Repräsentantin, mal als gerupftes Huhn – den perfekten Gegenpart zum bäuerlichen Auftreten der Kollegen. Studentin Kathrin Vogt war eher der vernünftige und geerdete Part, während Jungbauer Richard (David Kebrich) schon zu Beginn der Aufführung dem Publikum zeigte, wozu Muskeltraining gut sein kann. Bauer Jens (Meinhard Bock) mimte ein wenig den bärbeissigsten unter den Heiratskandidaten, während der ewig trinkende Berufsalkoholiker Jupp (Dr. Maik Boltes) das ganze Partnerinnensuchen eher mit Schnäpsen begoss und sich neben gelegentlichen Kommentaren lieber dem Spieleautomaten, und nicht der Weiblichkeit widmete: „Warum gibt es mehr Frauen als Männer auf der Welt? Weil es mehr zu Putzen als zu trinken gibt“. Damit hat er sein Verhältnis zu Frauen schon geklärt. Heinz (Wolfgang Schulz), der coole Gastwirt der Gloria Schenke, war an dem Abend bestrebt, möglichst wenig selber zu kochen und dabei seine bäuerlichen Kollegen möglichst nicht hinter den Tresen zu lassen.

Bis zum Happy End für die Rosenkavaliere gab es viele Diskussionen und Problemstellungen, die dem Publikum Komik, aber auch Nachdenkliches bot: So kritisierte „Mr. Biobauer“ Jan, dass es den Menschen ja völlig egal sei was sie essen und knabbert dabei an seiner „gewaltfrei gezogenen“ Bio-Möhre, die noch nach etwas schmecke. Statt seine Lämmer als Keule, oder sich selbst als Mann, inserierte er lieber seine Schurwolle, und das sei viel erfolgreicher als seine Partnerschafts-Anzeige im „sonntäglichen Käseblatt“. Bauer Jens Strategie in Richtung holde Weiblichkeit: Er klaut dem Kneipenwirt gerne mal den Klostein „Ocean Breeze“, um gut zu riechen und verbreitet unter den Kumpels einen eigenartigen Klogeruch, während Bauer Richard, der sportlich gutaussehende Rennradfahrer, lieber die Ü30 Party im KuBa besucht, die sich dann aber enttäuschen als Ü70 entpuppt habe. Im Internet eine Frau bestellen, das wäre doch eine Idee, findet Bauer Jens Jansen, 54 Jahre alt und Schweinezüchter. Und damit beginnt das eigentliche Vermittlungs-Programm:

Doch beim ersten Dreh-Versuch mit Richards Kamera ging so einiges schief: Traktor-Tuning gehöre nicht gerade zu den von Frauen stark bewunderten Freizeitgestaltungen, versuchten die Landwirtkollegen dem etwas unbeholfenen Jens zu vermitteln. Der zweite Versuch klappte schon besser, lockte aber offensichtlich nur Männer an. Im gefälligen Harley Davidson Look und mit wilden Tatoos geschmückt, meldete Gastwirt Hein, der auch gerne eine Frau an seiner Seite wollte, Bedenken an, wer heute überhaupt noch einen Landwirt heiraten wolle. Für seinen Stundenlohn könne er sich nicht mal eine Putzfrau leisten, jammerte Richard. Sieben Tage Arbeit, EU-Richtlinien und ständig ein neuer Skandal, welche Frau wolle das schon? So klagten die Teilzeit-Bauern und wurden damit gleichzeitig ein wenig politisch. Nur Richard war noch Vollzeit-Bauer, denn einen 300 Jahre alten Hof gebe man nicht ab. Da strandete Biggi mit ihren Schaumpackungen aus regional-nachhaltigem Angebot und ihrem festen Willen den Jungs zu helfen gerade recht im Gloria: Erstmal gab’s jetzt Strammen Max statt Ravioli.

Als Studentin Katrin noch auftauchte, bemühten sich plötzlich alle Jungbauern, als Praktikanten die Gastwirtschaft zu unterstützen. Schnell wurden sich die Frauen einig: Nackte Tatsachen müsste man schaffen, damit sich der Erfolg beim weiblichen Geschlecht einstelle. Und die Damen waren dabei nicht ganz uneigennützig: Angelte sich jede doch am Ende selbst einen „Strammen Max“. Der Abend brachte ein Happy End in Form einer Bilderstrecke aus glücklichen Paaren vor bäuerlich-romantischer Heimat-Kulisse. Den Darstellern brachte er viel Applaus und sehr erheiterte, strahlende Gesichter im Saal.


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