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Das ganze Leben im Sucher

Der Verein „Tapfere Knirpse“ schenkt auch bei uns Familien schwerkranker Kinder sichtbare Erinnerungen.. Gegründet wurde der Verein 2013 in Jülich. Zum fünfjährigen Vereinsjubiläum präsentiert sich der Verein ab 14. Mai mit einer Ausstellung in der Sparkasse am Schwanenteich.

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Schon 1000mal im Einsatz waren die
Schon 1000mal im Einsatz waren die "Tapferen Knirpse" in den vergangenen fünf Jahren. Fotos: Dorothée Schenk
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Vor drei Jahren wurde Raphael zum ersten Mal am Herzen operiert. Mutter Alexandra erinnert sich: „Als Raphael geboren wurde, habe ich mich immer wieder ertappt, dass ich bete. Man fängt von alleine an zu glauben.“ Die Hoffnung, dass es gut geht, den Augenblick festhalten… Damals bewarb sich die Familie bei den „Tapferen Knirpsen“ – ein Verein, in dem heute deutschlandweit 450 Fotografen organisiert sind; 425 davon aktiv. Sie stellen sich in den Dienst von Familien schwerst- und lebensbedrohlich kranker Kinder – von Familien mit „tapferen Knirpsen“.

„Wir waren Nummer 31“, erzählt Alexandra Akyildiz-Müller lachend. Gerade erst hatte Günter Jagodzinska im Mai 2013 den Verein mit 30 Gleichgesinnten gegründet. Es ist ein „Import“ aus der Schweiz. Beim dortigen Verein „Herzensbilder“ stehen krebskranke Kinder im Fokus. Eine Anfrage erreichte den Fotografen aus Titz-Rödingen, ob er einen Auftrag in Deutschland übernehmen könne. Schnell stellte Jagodzinska fest, dass es im eigenen Land viel Bedarf an dieser Aufgabenstellung gibt – allerdings bei allen schwerstkranken Kindern.

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Werbung brauchte der Verein nicht. „Unsere Devise war: Wir lassen es sich ganz natürlich entwickeln“, erzählt Vorsitzender Jagodzinska aus den Gründertagen. Mundpropaganda und Schneeballsystem verhalfen den „Tapferen Knirpsen“ sowohl zu den ersten Anfragen als auch zu weiteren Fotografen-Kollegen – beides wuchs wunschgemäß gleichmäßig. Das Konzept ging auf. Mittlerweile sind 1400 Anfragen per Mail über den Rechner des Vereinsgründers gegangen – also Anfragen von Familien; nicht eingerechnet sind etwa Palliativstationen, Kindergärten und Unternehmer. Sie fallen von vorneherein durchs Raster.

1000 „tapfere Knirpsen“ sind schon abgelichtet worden.

„Wir möchten Ihrem Kind und Ihrer ganzen Familie in einer schweren Zeit ein wenig zur Seite stehen, indem wir Ihnen Bilder voller Zuversicht, Hoffnung und Freude schenken“, heißt das Bekenntnis auf der Website. Das Gesamtpaket der „tapferen Knipser“: geschenkte Zeit, Fachwissen und schließlich auch sichtbare Erinnerungsstücke – finanziert aus eigener Tasche. Das ist der „Mitgliedsbeitrag“ der Fotografen, einen anderen gibt es nicht. 1200 Familien haben eine positive Antwort bekommen. 1000 Aufträge sind erfüllt. Meist wünschen die Eltern sich eine Veröffentlichung im Blog des Vereins und schicken per Mail wunderbare und dankbare Rückmeldungen. Raum ist aber auch für gemeinsames Trauern, wenn ein Kind den Kampf ums Leben verloren hat.

„Der für mich größte emotionale Aufwand ist es, persönliche Absagen zu formulieren“, sagt Günter Jagodzinska, der inzwischen fast Experte für lebensbedrohliche Krankheitsbilder von Kindern ist. Bei jeder Anfrage hat er anfangs im Netz recherchiert, um die Schwere der Erkrankung zu erfassen. „So schlimm das klingt“, sagt Jagodzinska, bei der Vielzahl von Kindern im Rollstuhl oder mit Down Syndrom müsse es Grenzen geben.

Die Begegnung mit Krankheit und Tod muss der Fotograf aushalten können

Raphael und eine Schwester haben sichtlich Spaß am "Shooting". Foto: tee
Raphael und eine Schwester haben sichtlich Spaß am „Shooting“. Foto: tee

Inzwischen hat er ein fünfköpfiges Diagnose-Team an der Seite, das für ihn medizinische Zweifelsfälle klärt, und acht Koordinatoren, die die Anfragen an die Fotografen weitergeben. Was ihm bleibt, ist der Erstkontakt. Die stetige Konfrontation mit Krankheit und drohendem Tod muss man aushalten. Jagodzinska stützt sein Glaube, und er vertraut seinem Schöpfer, weil „einem letztlich die Entscheidungen aus der Hand genommen sind“. Weil er die emotionalen Belastungen kennt, gibt er seinen Fotografen einen inzwischen 18-seitigen Leitfaden an die Hand, in dem vom Erstkontakt mit den Eltern bis zum Ausfüllen des Formulars gefühlt alle Eventualitäten nachlesbar sind. Das verhindert allerdings nicht, wie der Vereinsgründer weiß, dass einige Kollegen die Begegnung in der Realität unterschätzen und klar wird, dass eben nicht sie, sondern die Kinder „tapfere Knirpse“ sind.

Weiteres unter www.tapfere-knirpse.de


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