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Es wird teurer

Wenn Unternehmen auf einen unguten Wettbewerb am Markt reagieren müssen, dann wirkt sich das letztlich beim Verbraucher aus. So stellt es sich derzeit auch für die Strom- und Gaskunden der Stadtwerke Jülich dar.

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Stromzähler Close-Up | Foto: ghazii - stock.adobe.com
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So lange wie möglich, erklärte Ivan Ardines, Leiter Vertrieb und Marketing, auf einer Pressekonferenz der Stadtwerke, habe man abgewartet und die Preise stabil gehalten. Letztlich war es wirtschaftlich „nicht mehr darstellbar“, wie es stets heißt und meint, dass Unternehmen spitz rechnen und entstehende Mehrkosten auf ihre Kunden umlegen müssen.

Ursache hierfür sind verschiedene Faktoren: Einerseits schilderte Ivan Ardines, dass mit der Einstellung der Gaslieferung aus den Niederlanden eine Verknappung des Angebots einhergegangen ist. Die Diskussion um und den Ausfall von AKWs in Frankreich und den Bau von Nordstream II habe zusätzlich Ängste geschürt und für Unruhe am Markt gesorgt. Die Nachfrage, ob es sich also faktisch um eine „gefühlte“ Energieverknappung handelte, bejahte Ardines. Leben mit den Konsequenzen muss das Unternehmen dennoch. Die Folgen waren, dass extrem Strom und Gas eingekauft wurden und die Preise astronomisch stiegen. Um in Zahlen zu sprechen: Von knapp 110 Euro im November erhöhte sich der Ankaufspreis für Strom bis Mitte Dezember auf rund 330 Euro. Das trieb 39 Billig-Energieversorger in den Ruin. Hier springen die Grundversorger ein, zu denen auch die Stadtwerke Jülich gehören. Fast 500 Kunden mussten durch die Insolvenz neu in die Grundversorgung aufgenommen werden. Ardines sprach Klartext: „Wir als Grundversorger stehen dafür ein, dass alle gutes Weihnachtsfest feiern konnten.“

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„Das Geld der Jülicher an diese Unternehmen ist nun weg und hat nicht zu einer Verbesserung der Stadt und des Raumes beigetragen. Das ist nicht nachhaltig“, weist Ivan Ardines auf die reine Gewinnbetrachtung dieser Energielieferanten hin. „Wo waren diese Unternehmen zum Beispiel bei der Flut im Sommer oder jetzt, wo andere Versorger der Reihe nach Konkurs anmelden?“, fragte er. „Es kann doch nicht angehen, dass Billiganbieter Geschäftemacherei auf Kosten der Kunden betreiben und das ökonomische Risiko auf uns Grundversorger abwälzen“, machte er klar. Kritisch sieht er in diesem Zusammenhang auch das Verhalten der Verbraucherzentralen, die Grundversorger mit Klagen überzogen, weil diese die Preissteigerung vor allem auf den Neukunden umlegen würden, um den „treuen“ Bestandskunden eine Mehrbelastung nicht zuzumuten. Die Stadtwerke Jülich verfahren im Übrigen nicht so, aber natürlich gilt die Aussage des Vertriebleiters: „Die aktuelle Situation ist extrem schwierig.“

Fazit ist, dass alles teurer wird, und in konkreten Zahlen bedeutet das: Bei Strom erhöht sich der Arbeitspreis von 33,15 Cent / Kilowattstunde (kWh) auf 36,95 Cent / kWh. Für einen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2700 kWh bedeutet dies Mehrkosten von 8,55 Euro im Monat.

Bei Gas erhöht sich der Arbeitspreis bei einem Verbrauch bis 2500 kWh / Jahr von 9,53 Cent / kWh auf 13,19 Cent / kWh und bei einem Verbrauch ab 2.501 kWh / Jahr von 9,29 Cent / kWh auf 12,95 Cent / kWh. Ein Vier-Personen-Haushalt hat etwa einen Jahresverbrauch von 8000 kWh. Für ihn bedeutet dies Mehrkosten von 24,40 Euro im Monat.

Rund 34 Euro Mehrausgaben im Monat klingt grundsätzlich überschaubar. Anders sieht das für Menschen und Familien aus, die die sogenannte Sozialhilfe beziehen – oder solchen, die knapp über dem „Satz“ liegen und damit keinen Anspruch auf staatliche Stütze haben. Beide müssen die Stromkosten aus ihren Bezügen decken. Das wird viele im wahrsten Sinne „eiskalt“ erwischen. Und da sind die Nachzahlungen für das Jahr 2021 noch nicht eingerechnet. Auch hier ist zu erwarten, dass alle erheblich tiefer in die Tasche greifen müssen. Distanzunterricht und Heimarbeitsplätze in Coronazeiten bedeuten auch, dass mehr Strom verbraucht wird und mehr geheizt werden musste. Das wird sich in den Abrechnungen bemerkbar machen. Gerade für die Menschen mit Sozialbezügen, darin sind sich Stadtwerke-Pressesprecherin Sigrid Baum und Doris Vogel als Dezernentin der Stadt Jülich einig, muss eine Lösung gefunden werden. „Die Politik ist gefordert“, lautet die einhellige Meinung. Dezernentin Vogel lässt gerade prüfen, ob hierzu bereits Maßnahmen getroffen werden.

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Dorothée Schenk
Freie Journalistin, Redakteurin (gelernt bei der Westdeutschen Zeitung in Neuss, Krefeld, Mönchengladbach) und Kunsthistorikerin (M.A. in Würzburg) Gebürtige Sauerländerin und Wahl-Jülicherin.

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