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Jülich setzt 1000faches Zeichen für Demokratie

In vielen Städten in Deutschland gegen die Menschen in diesen Tagen auf die Straße, um Gesicht zu zeigen für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde. Die Polizei meldete 700 Demonstranten, nach Zählung der Veranstalter sind rund 1000 Jülicherinnen und Jülicher in unserer HERZOGstadt unterwegs gewesen, um ein sichtbares Signal gegen rechtes Gedankengut zu setzen.

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„Ich bin total ergriffen! Rheinisch aufgerundet sind wir 1500! Das haben wir Kevin und David zu verdanken“ rief Bürgermeister Axel Fuchs den Demonstrierenden zu und zeigte sich einmal mehr begeistert von Jülich und den Jülichern. „Wir sind solidarisch! Wir sind Jülich! Wir sind keine AfD, wir sind Demokraten und dafür kämpfen wir!“ Kevin Hoffstadt und David Merz hatten die Demonstration „Jülich solidarisch – Ein Zeichen gegen Faschismus“ initiiert und angemeldet – über alle Parteien und Institutionen hinweg.

Die Jusos waren selbst überrascht von der Resonanz. Sie hatten mit etwa 100 Teilnehmenden gerechnet. Trotz frostiger Temperaturen strömten bis 17.30 Uhr und darüber hinaus immer mehr Menschen auf den Propst-Bechte-Platz. Über die Aachener und Ellbachstraße ging der Zug über die Pasqualini-Straße und den Walramplatz, über den Markt und durch die Kölnstraße zum Schlossplatz. Am Nadelöhr Ellbachbrücke zur Pasqualini-Straße zählten die Veranstalter die Demonstrierenden und kamen auf fast 1000 Menschen, die ihrem Aufruf gefolgt waren. Bei der Solidarität-Demonstration im März 2022 nach dem Angriff Putins auf die Ukraine wären rund 400 Menschen auf den Marktplatz gekommen. Diese Demo hätte die Zahlen noch einmal getoppt, meinte David Merz hörbar begeistert.

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Einige Senioren bekannten, dass es die erste Demo war, an der sie teilnahmen. Andere kamen bereits bestens ausgestattet mit Fahnen oder selbst gestalteten Plakaten. Von Schriftzügen wie „Wenn AfD die Antwort ist, wie dumm ist dann die Frage?“ oder „Mut zu Vielfalt und Toleranz in Deutschland“ bis zu kreativen Bildinhalten – ein Geist à la Ghostbusters mit Hitler-Bärtchen – oder ein Konterfei des Thüringer AfD-Chefs und der Aufschrift „Entzieht dem Faschisten ,Bernd‘ Höcke die Grundrechte“. Allerdings war auch etwas vorbereitet: Interessierten wurden ein Stapel von Plakaten mit der Aufschrift „Stopp die AfD“ zur Mitnahme gereicht. Begeistert waren die Anwesenden hörbar über die Vielzahl der Gleichgesinnten. Es war ein Partei-, Institutionen- und Vereins-übergreifendes Generationenprojekt: Mit Kinderwagen und Rollator, mit dem Rollstuhl oder Fahrräder schiebend, alt und jung hatten sich auf den Weg gemacht.

„Wir haben uns gefragt, wie unsere Vorfahren, dieses Regime entstehen lassen konnten. Schaut hin! Heute können wir es live und in Farbe sehen“, ergriff Kevin Hoffstadt als Erster das Wort. „Wer nicht bereit ist, Deutschland erneut vor dem Faschismus und damit dem inbegriffenen Leid zu verteidigen, der macht sich zum Mittäter“, führte er den Anwesenden vor Augen. „Wer das jetzt immer noch nicht erkennt, der möchte das auch nicht.“ Er rief die Anwesenden dazu auf, besonnen aber bestimmt gegen Faschismen aufzustehen und mahnte: „haltet Eure Parteien sauber und wenn Ihr demnächst Karneval feiern geht, achtet doch mal darauf, wer nur bei dem Song ,Kein Kölsch für Nazis‘ nicht mitsingt. Bleibt wehrhaft, noch können wir die Demokratie verteidigen!“

Als sachkundiger Bürger für die SPD im Rat und Mitarbeiter der Stadt Jülich trat Mo Khomassi ans Mikrophon. Seine Betroffenheit war offenkundig: 1989 im Libanon geboren und mit den Eltern vor dem Krieg geflohen, ist er seit 35 Jahren in Deutschland zu Hause. „Deutschland ist meine Heimat“ unterstrich er. Jeder Mensch verdiene Respekt und gleiche Chancen unabhängig von seiner ethnischen Herkunft. „Rassismus verhindert Fortschritt. Denn Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft benachteiligt werden, werden Vorteile, Talente und Fähigkeiten verschwendet. Faschismus ist eine bedrohliche Ideologie, die sich gegen Frieden und Gleichheit richtet. Es ist entscheidend, dass wir uns gemeinsam gegen solche extremistischen Ansichten einsetzen und für eine gerechte Gesellschaft kämpfen.“

Die Einordnung der aktuellen Bedrohung der Demokratie übernahm Bürgermeister Axel Fuchs. Er erinnerte an die – zufällige? – zeitlichen Nähe des Jahrestages der Wannseekonferenz 1942 mit dem Ziel der Ermordung Menschen jüdischen Glaubens und der von Correctiv aufgedeckten Zusammenkunft 2024 von AfD-Politikern, Vertretern der so genannten Werteunion und Rechtsradikalen, bei der es um einen „Masterplan“ zur Vertreibung von Menschen ging und die seither in Deutschen Städten Zehntausende gegen Faschismus und für Demokratie auf die Straße bringt. Zufällig ist Demo-Mit-Organisator am 23. Mai geboren, dem Jahrestag der Gründung der Bundesrepublik und Verkündung des Grundgesetzes vor 75 Jahren, wie Axel Fuchs verriet. Er zitierte Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das steht über allem. Genau deswegen müssen wir aufstehen: Wir! Die Normalen! Die, die immer ruhig sind, wir müssen aufstehen. Aber nicht nur heute. Wenn Ihr diese Fascho-Sprüche hört, steht auch auf: Am Arbeitsplatz, an der Theke, auf dem Fußballplatz.“

Bundestagsabgeordneter Thomas Rachel (CDU) war eigens aus Berlin angereist, um sich an die Seite der Demonstrierenden zu stellen. „Ich bin absolut fassungslos als Demokrat“, bekannte er, rief aber gleichzeitig zur Solidarität auf. „Wir spüren alle, es verändert sich etwas in diesem Lande und wir müssen verdammt aufpassen und deswegen: Wenn uns diese Demokratie etwas wert ist, dann wird es Zeit – spätestens jetzt –, dass wir für diese Demokratie kämpfen.“

Das Abschlusswort gehörte Susanne Schlüter vom Arbeitskreis Asyl, die befand, das zwar viele da sein, „aber noch nicht genug!“ Kritisch bewertete sie die neue Gesetzgebung zur doppelten Staatsbürgerschaft der Ampel, betonte aber auch, dass in einem demokratischen Staat das Recht, zur Kontrolle derjenigen, die das Land regieren oder regieren möchten, eben auch Grundrechte seien, die die AfD umkehren wolle. „Dem Vorstoß der AfD, perverse völkische Grundideen und antidemokratische Programme, gilt es jetzt eine Brandmauer zu bauen.“ war der nachhaltige Appell und Richtung Regierende: „Deshalb sollten die Politik und die Gesellschaft den Fokus auf Aufnahme und Teilhabe und nicht auf Abschiebung legen.“

Um 19 Uhr löste sich die Demonstration auf.

 

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