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Made in Jülich: Brainergy-Park

Ein Blick ins Jahr 2032. Auf der Merscher Höhe steht die neue Stadt vor der Stadt. Hier arbeiten Menschen in Forschungslaboren, kleineren Produktionsstätten und Handwerksbetrieben, die sich mit Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Zukunftsprojekten beschäftigen. Sie tauschen sich aus, lernen voneinander, ergänzen sich. In der Mittagspause sitzen sie um einen See oder vertreten sich die Füße entlang der historischen Streuobstwiesen und im Artenschutzgebiet. Eine Vision, die auf dem Masterplan des Brainery-Park fußt, der am Mittwoch im Technologiezentrum Jülich vorgestellt wurde.

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Energie für die Entwicklung der Region will der Brainergy-Park freisetzen. Foto: Dorothée Schenk
Energie für die Entwicklung der Region will der Brainergy-Park freisetzen. Foto: Dorothée Schenk
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Energiegeladen, ausgesprochen gut gelaunt und visionär präsentierten die Vordenker ihr Projekt: Tobias Ell von Carpus+Partner, Wirtschaftsgeograph Prof. Michael Gramm, Frank Drewes von der Stadtentwicklungsgesellschaft der Stadt Jülich und Prof. Ulf Herrmann vom Solar-Institut am Campus Jülich haben gemeinsam den Masterplan für den Brainergy-Park in Jülich entwickelt. Unisono betonten sie die große Anziehungskraft, die das Areal haben werde. Das ist keine Zukunftsmusik. Die dicht mit Fachleuten besetzten Stuhlreihen im Jülicher Technologiezentrum brachten deutlich zum Ausdruck, dass diese Anziehungskraft längst eingesetzt hat.

Alles drehte sich um Energie und das aus gutem Grund. Schließlich, so Ell, sei die Region ohne sie gar nicht zu denken. Die Energievergangenheit der Region mit der Energiezukunft zu kombinieren und darstellen was die Region in Zukunft sein wolle, darauf käme es an. Und dazu sollen radikal neue Wege gegangen werden, denn, so Tobias Ell:

„Es ist immer so, dass konventionelle Prozesse zu konventionellen Lösungen führen.“

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Große Visionen brauchen da auch große Worte. Nicht weniger als „maßgeschneiderte Kompetenzflächen und ein Kompetenzzentrum für Energiewende“ sind das Ziel. Im Brainergy-Park soll nach der Vorstellung der gedanklichen Väter der Sprung von der Forschung in die Industrie abgebildet werden.

Konrekt heißt das, auf „7 Hektar + X“ – „das Areal ist modular erweiterbar“, wie Tobias Ell sagte – sollen sich um einen Zentralbau die unterschiedlichen Industrieformen ansiedeln. Geplant ist ein Zentralgebäude als „Gehirn“ für das gesamte Areal, das technisch, energetisch wie nachhaltig die Gebäude und Menschen miteinander verknüpft. Was heute schon durch „Smart-Homes“ Realität ist, wird hier im großen Stil entwickelt. Dazu gehören ein eigener Energiekreislauf ebenso wie eine eigene Entwässerung. Damit auch alles nachvollziehbar und erlebbar ist, soll hier ein Besucherzentrum entstehen. „Es soll schon vom Gefühl her gleich klar sein, dass dieses Areal etwas besonderes ist und kein klassisches Gewerbegebiet“, erläuterte Ell. Der Brainergy-Park könne als Modell für größere Städte dienen, und „wir können es einmal ausprobieren vor Ort.“ 10 bis 15 Jahre Entwicklungszeit prognostizierte er.

Tobias Ell bei den Erläuterungen zum Masterplan des Brainergy-Parks im Jülicher Technologie-Zentrum. Foto: Dorothée Schenk
Tobias Ell bei den Erläuterungen zum Masterplan des Brainergy-Parks im Jülicher Technologie-Zentrum. Foto: Dorothée Schenk

Optimal sind nach Aussagen aller Beteiligten die Standort-Voraussetzungen: Das gilt für die Lage inmitten der kommenden Tagebau-Folgelandschaften, als Schnittpunkt im Städte-Dreieck Düsseldorf – Köln – Aachen und auch die Nähe zu den europäischen Grenzgebieten. Natürlich nicht zu vergessen die Infrastruktur. Hier ist nicht nur die Verkehrsanbindung gemeint, sondern auch die Nachbarschaft zu den Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Campus-Sprecher Ralf Sander sagte mit hörbarem Selbstbewusstsein: „Wir haben den vermutlich erfolgreichsten dualen Studiengang im Bereich der Digitalisierung in Jülich.“ 170 Studienanfänger schrieben sich 2017 ein. „Das ist natürlich ein enormer Fundus und wir wollen genau dieses humane Nachwuchspotential nutzen.“

Gerade sie in der Region zu halten, müsste eines der ersten Ziel sein, unterstrich Jülichs Bürgermeister Axel Fuchs. „Wir müssen ja dafür sorgen, dass die besten Köpfe, die wir hier tagtäglich ausbilden, auch hier bleiben wollen. Und da brauchen wir die Unterstützung.“ 11 Milliarden Euro seien – zu recht – in der vergleichbaren Lage in den Strukturwandel der Lausitz geflossen. „Wenn man das in Relation setzt, sind wir in einem Bereich, der absolut überschaubar ist.“ Einigkeit herrscht bei den Bürgermeister der drei beteiligten Kommunen, die sich zur Masterplan-Präsentation im Schulterschluss präsentierten. Hermann Heuser aus Niederzier ergänzte: „Hier besteht Gelegenheit seitens des Bundes und des Landes,den Strukturwandel im Revier durch dieses Vorzeigeprojekt, durch diesen Hotspot zu unterstützen.“ „Das kann nicht nur von drei Kommunen getragen werden“, stimmte Jürgen Frantzen aus Titz ein: „Wichtig, dass wir den Wettbewerb um kluge Köpfe annehmen.“ Dieser gelebte interkommunale Gedanke sei keine Selbstverständlichkeit, betonte Axel Fuchs und nannte auch gleich den Grund:

„Strukturwandel alleine kann nicht gelingen. Wir sind drei Kollegen, die über den Tellerrand hinausschauen.“

Prof. Gramm formulierte es sportlich: Vom Achtelfinale sprach er, das man bereits im „Strukturwandel-Pokal Deutschlands“ sei mit dem Projekt erreicht habe. Inzwischen, so legte Hermann Heuser, Bürgermeister von Niederzier nach, sei man in der Championsleague angekommen und die koste erfahrungsgemäß Geld.

Zu den Kosten: Die Summe von 56,5 Millionen Euro stand im Raum. Addieren muss man noch die – noch nicht bezifferten – Kosten für ein normales Gewerbegebiet, die Tobias Ell gerne als so genannte „Null-Linie“ bezeichnete. Null-Linie heißt natürlich nicht „Null-Kosten“. Berücksichtigt werden müssen in der Gegenrechnung allerdings die Fördermittel, die – wenn es gelingt – 70 bis 90 Prozent der Kosten decken.

Der Masterplan für den Brainergy-Park. Foto: Stadt Jülich
Der Masterplan für den Brainergy-Park. Foto: Stadt Jülich

Keine Angst vor großen Zahlen haben Menschen, die sich stets mit ihnen umgeben und so zeigten sich weder der Geschäftsführer der Handwerkskammer Peter Deckers noch IHK-Geschäftsführer Dr. Michael Bayer sonderlich beeindruckt. Im Gegenteil. Bayer sagte: „Die Kosten sind substanziell, wenn man aber sieht was die Investionen bewirken können, halte ich sie für absolut maßvoll.“ Von einem Feuerwerk der Möglichkeiten sprach Bayer und blieb im Fußball-Bild. „Der Sportdirektor hat gut eingekauft, der Trainer hat eine Strategie entwickelt und jetzt muss das Spiel beginnen.“ Das sei erfahrungsgemäß mit Laufarbeit verbunden, damit am Ende des Tages der Ball im Tor lande. Bei aller Launigkeit, richtete er aber mahnende Worte in Richtung Bundesregierung: Bei der Deckung der Kosten sieht er Berlin in der Pflicht. Michael Bayer sagte.

„Wir haben Jahrzehntelang für die Energieversorgung Deutschlands gesorgt und da kann jetzt auch mal was zurückkommen.“

Ein wichtiges Anliegen ist es den Bürgermeistern, die Menschen in der Region aufzuklären, warum für den Brainergy-Park so viel Geld fließen wird. Bürgermeister Fuchs ist klar, dass sich die Summe für die Bürger „bombastisch“ anhört. „Ganz wichtig wird sein, die Bevölkerung mitzunehmen. Man muss transparent machen, was dahinter steckt.“

In Jülich wird dieses Vorhaben gleich in die Tat umgesetzt. Mitte Februar, nach der fünften Jahreszeit, wird Frank Drewes von der Stadtentwicklungsgesellschaft zu einem Informationsabend einladen.

 

 


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