Start featured Das Brot-Gen

Das Brot-Gen

„Hallo Doro-Tee, ich fahre morgen mit Martin und Motorrad nach Tirol, ohne PC. Ich weiß, ich habe den Artikel über die Bäckerei in der fünften Generation in der Jülicher Marktstraße versprochen. Die einzigen, die in Jülich noch alles selber backen. Da wird nichts aus der Fabrik verkauft. … Ja, ja, da kommt schon auch zweimal die Woche ein LKW vor den Laden und liefert aus, aber nichts fertig Gebackenes. Der bringt nur Mehl, andere Zutaten wie Butter, Eier und Obst für die Torten …“ „Also Du hast den Artikel versprochen, aber noch nicht verbrochen?“ „Ja, könnten wir das im nächsten …?“ „Nee“, sagt Doro-Tee. „Wir haben doch jetzt das Themenheft BROT UND SPIELE.“ „O.K., sage ich, „it´s now or never“ Diesen Satz habe ich schon früher in vier vollbesetzten Vorstellungen auf der Stadthallenbühne geübt.

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Die Leidenschaft für Brot ist bei der Familie Maintz-Weitz vererbbar. Foto: privat
Die Leidenschaft für Brot ist bei der Familie Maintz-Weitz vererbbar. Foto: privat
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Ich rufe im Laden an. Ich habe wohl den denkbar schlechtesten Moment erwischt. Die Bäckersfrau und die Bäckertochter haben versprochen, die Bäckeroma im Krankenhaus zu besuchen. Der HERZOG wünscht Gute Besserung! Am Privat-Telefon ringen Elke Mainz, die für das Geschäft und den Laden zuständig ist, und ich nach einem Termin. Sie hat die zündende Idee: „Hier und jetzt am Telefon.“ Mir fällt ein Stein vom Herzen und wird unten angekommen zu Brot. Zaubern kann sie auch noch.

Ansichtsmaterial. Sag´ ich doch, it´s now or never. Blick nach oben, Danke! Inzwischen ist Christina Mainz vom Bäckerladen bei der Mutter angekommen. „Können wir fahren?“ „Ja, gleich.“ Sie verkörpert unter anderem die fünfte Generation und ergänzt nun als Stimme im Hintergrund. Mein erstes Telefoninterview ist im Status Nascendi, wie mein Lieblings-Chemielehrer aus Düren immer lispelte.

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Angefangen hat alles mit einem Lebensmittelladen in Inden Altdorf, an den aber auch schon eine eigene Bäckerei angeschlossen war. Der Laden musste abgerissen werden, als die Straße verbreitert wurde. Also Umziehen in einen anderes Geschäft im gleichen Ort. Aber auch dort gab es nicht allzu viel Zukunft oder andersherum, es gab zu viel davon, nämlich den Tagebau „Zukunft“.

Ein verbrämender Euphemismus. Schön auch das deutsche Pendant dazu: Glimpfwort. Das habe ich ja noch nie gehört, Beschönigung schon eher. Ich würde eher sagen, blanker Hohn. Jedenfalls bedeutete der weg gebaggerte Bäckerladen nicht das Ende. Neueröffnung in der Jülicher Marktstraße. Aber auch dort blieben die beiden Betreiber-Familien nicht vor dem Schicksal gefeit. Elke Mainz hat vor sieben Jahren ihren Mann verloren, vor acht Jahren ihre Schwägerin. Neben ihr und ihrer Tochter Christine, die für das Kaufmännische zuständig ist, arbeiten Schwager Adam Weitz als Konditormeister, Neffe Patrick Weitz als Bäckermeister und Backstuben-Leiter hinter den Kulissen, verstärkt von Nadine, ebenfalls Konditormeisterin. Die Riesenauswahl an Kuchen und Torten sei besonders beliebt bei der Kundschaft. „Aber bitte mit Sahne!“ kann man auch im eigenen Kaffee singen oder im Sprechgesang bestellen. Fladen werden traditionsgemäß gerne für Beerdigungen bestellt, insbesondere der schwarze Flam. Das ist ein Fladen mit getrockneten Birnen. Reistorten sind die perfekte Ergänzung. Beim Brot reicht das Spektrum über 15 Sorten von schwarz wie Schwarzbrot bis weiß wie Weißbrot, alle „Graustufen“ sind vertreten. Die Teig-Sorten werden selbst zubereitet auch der Sauerteig. Das „wir bleiben draußen“ gilt für alle Arten von Konservierungsstoffen.

„Geschlossene Gesellschaft“

Als der Politiker Müntefering vor zwei Jahrzehnten Jülich besuchte, wurde für ihn und seinen Stab von Mitarbeitern und Sicherheitsleuten der ganze Laden reserviert. Kam er überhaupt zum Essen? Jedenfalls hatte er viele Autogramme zu schreiben. Vor dem Laden war alles voll geparkt mit schwarzen Limousinen.

„In der Not hilft Brot oder auch der ganze Bäckerladen“

Es ist Sonntag. Die Zuckerfabrik brennt. Anruf vom THW. Mainz-Weitz schmiert einige Hundert Brötchen für die Rettungsmannschaften.
Gasgeruch in der Marktstraße. Ordner holen alle Leute von der Straße und schicken sie in die anliegenden Geschäfte. Nichts geht mehr, voll Haus. Frau an Frau. Mann an Mann. Mann an Frau. Das war ein Fehlalarm. Aber der Stromausfall von einer Stunde Dauer war echt. Bei der Bäckerei gingen die Kassen noch manuell, aber bei Kaisers, das ist ja auch schon Geschichte, ging gar nichts mehr.

„Backen für den Papst“

Als der Papst in Köln zu Besuch war, hatten die Rotkreuz- und Sicherheitshelfer in Jülich ihr Hauptquartier. Sie wurden mit Riesenbroten und einer Unzahl von Brötchen von Mainz-Weitz versorgt.

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Peer Kling
Peer Kling, typisches "KFA-Kind", nicht aus der Retorte, aber in der zweiten Volksschulklasse nach Jülich zugezogen, weil der Vater die Stelle als der erste Öffentlichkeitsarbeiter "auf dem Atom" bekam. Peer interessiert sich für fast alles, insbesondere für Kunst, Kino, Katzen, Küche, Komik, Chemie, Chor und Theater. Jährlich eine kleine Urlaubsreise mit M & M, mit Motorrad und Martin.

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