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Kehren…

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Grafik: Daniel Grasmeier
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…neue Besen wirklich gut? Ich habe mir vor zwei Wochen einen gekauft, der jetzt schon nicht mehr diese Sprichwörtlichkeit erfüllt. Oder sind in unserer kurzlebigen Zeit auch solche Utensilien nach 14 Tagen nicht mehr neu und deswegen auch nicht mehr gut? Das macht mich alten Feger schon etwas nachdenklich… Aber vielleicht war es auch nur die falsche Wahl meinerseits unter 10 außer preislich kaum unterscheidbaren Produkten…

Und da betrachte ich mir im übertragenen Sinne doch mal die von uns vielen (Nichtwähler bleiben eben draußen) gewählten Besen und was sich für wählbar haltend noch so im Sortiment befindet. Erstaunlich. Die Auswahl ist so groß wie in jedem Supermarkt und genauso undurchsichtig. Das Design ähnlich bis verwechselbar, die Inhaltsangaben entweder kryptisch oder schlagwortartig oder beides: 30% mehr! Bessere Formel! Jetzt mit ADHL!

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Da fällt die Wahl dem noch kritischen (Aus-)Wähler schwer. Welcher Besen kehrt (natürlich in meinem Sinne) am besten? Ist er nur für glatte Oberflächen geeignet oder auch für raue? Und kommt er auch in die braunen Ecken? Nach Farbe zu gehen ist leider keine Möglichkeit: Ein grünlich gefärbter Sti(e)l mit schwarz-roten Borsten ist keine Qualitätsaussage, sondern ein oberflächlicher Designer-Trick. Jetzt komme mir keiner mit: Wer kehrt denn noch? Da muss mal ein ordentlicher Staubsauger her! Aus für Dreck! Marken-Abkürzung: A*f*D, eingetragenes, mittlerweile nicht mehr ganz so rechtlich geschütztes Markenzeichen. – Nee, diese Billigmarke kommt mir nicht ins Haus, die schmeißt hinten mehr Dreck raus, als sie vorne zu beseitigen vorgibt.

Oh, da ist jetzt aber was dazwischen gekommen! Ich schreibe die Herzog-Artikel allein schon wegen des Redaktionsschlusses ja nicht zwei Tage vorher:

Neue Formel: CoViD 19 oder so – es gibt auch andere Bezeichnungen. Da wird man sich schon einigen. Na, das haut aber mal rein! Ich bin nicht nur als Risikogruppenmitglied beeindruckt: erst Trullala wie bei SARS und jetzt das volle Programm – von Hysterie bis Solidarität, von Ichichich bis Aufopferung. Da sehe ich mal wieder die gespaltene Gesellschaft und ihre damit verbundene Zerbrechlichkeit. Die einen kehren still vor ihrer Tür, die anderen schieben ihren Dreck auf die Straße – wird schon einer wegmachen. Und Dreck auf die Straße schieben allerdings und unvermeidbar wir alle, dafür bezahlen wir ja auch–locker gesehen die, die ihn wegräumen, von unserer Straße.

Grafik: Daniel Grasmeier

Dafür landet er dann auf anderen – Hauptsache weit weg. Am besten in Indien, Afrika oder wo sonst irgendwelche vernachlässigbaren Existenzen versuchen, von unseren Abfällen zu leben. Während wir wiederum – jetzt wird es bemerkbar – auch unsere Arzneimittelproduktion nach China (!) haben auslagern lassen. Nicht weil die Medikamente dadurch für uns „billiger“ würden, sondern damit die „Multis“ (die gar keine multinationalen sind, sondern längst eigenständige Gebilde, die sich um staatliche Verpflichtungen einen Dreck kehren), sich den ausschließlich finanziellen Gewinn „verdient“ in die Vorstandsetagen stecken. Und nun kommt Corona und zeigt uns in ihrer vergleichsweise (noch) harmlosen Virulenz, dass unser Umgang mit dieser Welt seit langem bekannte, aber – sofern überhaupt wahrgenommen – schulterzuckend abgeschobene Konsequenzen hat. Nun sind „plötzlich“ Verzicht angesagt und Disziplin – Fremdworte für eine Spaß- und Konsumgesellschaft. „Hamsterkäufe“ finden statt. Naja, Klopapier hat immerhin kein Haltbarkeitsdatum: zu verbrauchen bis… Vom jetzt schnell gehorteten Rest befürchte ich, dass er dann demnächst weggeschmissen wird, wenn die Hysterischen sich wieder sicher fühlen. „Boah, nicht schon wieder Nudeln – und das ganze Mehl… In die Tonne, hier kann doch eh keiner backen!“

Bis dieser Artikel erscheint, ist Corona sicherlich nicht ausgestanden. Ich erinnere an die „Spanische Grippe“ 1918, die wohl eigentlich eine amerikanische war. Und die zweite Welle war heftiger als die erste, man wiegte sich in der erwünschten Sicherheit, das Schlimmste überstanden zu haben…

Und nun zurück zum Anfang meines Beitrags: So kritisch ich unsere Polit-Besen einleitend betrachtet habe, ich darf dankbar relativierend sagen: Sie kehren derzeit gut. Verglichen mit denen anderer Länder allemal.

Die Rückkehr zum Wesentlichen, so ungewohnt sie sein mag, das Wieder-Einkehren in das, was das Leben ausmachen sollte: Zeit füreinander zu haben und diese nicht im Urlaubsflieger zu verplempern, um sich dieselbe Sonne, die auch hier scheint, auf den A…ch so urlaubsbedürftigen Leib brennen zu lassen… Das ist das Gute am Schlechten, die positive Möglichkeit, die in jeder Krise steckt. Meine Hoffnung…

Und meine Befürchtung: Wenn ́s denn erstmal vorbei ist, werden sich nur noch wenige darum kehren. Dann geht es wieder weiter, wie vorher gehabt – wochenlanger Verzicht wird zügigst nachgeholt, und das Klopapier wird den Enkeln vererbt. Doch: Verschobene Probleme kehren… wieder.


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