Start Magazin Geschichte/n Flüssiger Wirtschaftserfolg

Flüssiger Wirtschaftserfolg

Milch hat für Jülich eine ähnliche Bedeutung wie Zucker. Beide Wirtschaftszweige nahmen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ihren Aufschwung in der Herzogstadt. Zum Welttag der Milch am 1. Juni lohnt ein Blick in die Geschichte und die Gegenwart.

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Ohne Milch – ist eine kühne These, aber vielleicht nicht ganz unbegründet – hätte Jülich 1969 nicht 14.000 Menschen bewegt und es nicht in die Schlagzeilen geschafft: Karl Knipprath war neben seinem politischen Engagement als Fußball-Enthusiast großer Sponsor von Jülich 1910, der Verein, der es zur Amateurmeisterschaft brachte. Bekanntermaßen war Karl Knipprath Molkereibesitzer und zuletzt Präsident des Zentralverband der privaten Molkereiwirtschaft e.v. Bonn. Aber die Milchgeschichte Jülichs reicht natürlich viel weiter zurück.

Johann Nepomuk von Schwerz soll 1836 das Jülicher Land den „Garten des Ceres“ genannt haben nach der römische Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. Kein Wunder, dass hier Milchvieh reichlich Nahrung fand, zumal es neben Milch und Fleisch auch Felddünger lieferte und als Zugtier beliebt war. 1808 gab es sogar eine Rinderart, die als Jülicher Rasse bekannt war.

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Die Zahl der Milchkühe wuchs stetig: 1864 gab es im Schnitt drei Milchkühe pro Betrieb, gut 100 Jahre später waren es über 10 und 1980 16,5 Kühe pro Betrieb. Sicher ist diese Entwicklung auch gekoppelt an die Entwicklung der ersten Melkmaschinen, deren Prototyp 1850 erfunden wurde.

Postkarte aus dem Bestand des Stadtarchivs Jülich.

Die älteste Molkerei im Jülicher Land entstand in Mersch auf Initiative von Vikar Friedrich Lippold. Als Genossenschaftsmolkerei wurde sie 1896 gegründet und bis 1956 stetig erweitert. Zuletzt wurden rund 12 Millionen Liter Milch verarbeitet, Absatzschwierigkeiten führten 1969 zur Auflösung.

Auch in Welldorf war 1886 durch Bürgermeister Josef Lemm und weitere Mitstreiter eine Genossenschaftsmolkerei gegründet worden, aber schon 1907 kam es zu Unstimmigkeiten und Bürgermeister Lemm zog in die Kreisstadt Jülich um dort die Zentrale Molkerei aufzubauen. Zwölf Dörfer belieferte diese Molkerei. Die Stadt Jülich übernahm im 1. Weltkrieg, am 3. November 1917, die Geschäfte, um die Bevölkerung notdürftig mit Frischmilch und Molkereiprodukten zu versorgen. Ab 1931 ging die Molkerei in den Besitz von Theodor Röhe über, wurde beim verheerenden Bombenangriff auf Jülich am 16.11.1944 völlig zerstört, aber von seiner Familie 1947 wiederaufgebaut. Seine Tochter Anneliese heiratete Karl Knipprath und festigte damit für vier Jahrzehnte über seinen Tod hinaus das Unternehmen. 1950 erbte die Familie Knipprath die Molkerei, die später zur Zentral-Molkerei Jülich Karl Knipprath Gmbh & Co. Kg wurde. „Fleiß, Unternehmerische Tatkraft und Geschicklichkeit“ attestiert die Geschichtsschreibung Karl Knipprath, dem es gelang, dass der Jülicher Betrieb in die Spitzengruppe der rheinischen Molkereien aufrückte und er, wie bereits gesagt, zum Präsidenten des Zentralverband der privaten Molkereiwirtschaft e.v. Bonn gewählt wurde – neben seiner Tätigkeit als Bürgermeister. Ein Ehrenamt, das er mit 36 Jahren antrat und 28 Jahre bis 1984 weichenstellend ausfüllte. In der Molkerei wurden schließlich, 1982, von 3000 Milchkühen rund 22 Millionen Liter Milch in Jülich verarbeitet.

Heute gibt es in Jülich keine Molkerei im eigentlichen Sinne mehr. Marc Flatten ist im Jülicher Land der letzte seiner Art: Er ist Milchbauer auf dem Gut Waldeck in Koslar. Ein Zugezogener – oder durch den Tagebau vertriebener – der neben seiner Belieferung an eine große Molkerei auch eine Eigenvermarktung betreibt und durch regionale Anbieter ergänzt.

Quellen
Jülicher Heimatkalender 21, 1971, Josef Langen: Molkereien im Kreise Jülich einst und jetzt
und
Jahrbuch des Kreises Düren, 12, 1984, Martin Esser: Die Geschichte der Milchverwertung und Milchverarbeitung


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1 KOMMENTAR

  1. Eine bessere Butter als von der Juelicher Molkerei Knipprath habe ich bisher nicht mehr finden koennen. Regional ist doch oftmals besser als Massen-Fabrikation. Schade, dass die Menschen diese echte Knipprath-Butter nicht mehr geniessen koennen.

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