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Die weite Welt ist mein Feld

Berti Cremer ist seit der achten Generation Schausteller. Regelmäßig verbreitet er mit seiner Familie und ihren Fahrgeschäften und Süßwarenläden, Freude, auf den bekannten Kirmesplätzen der Region. Sei es auf der Dürener Annakirmes, dem Aachener Bend oder eben auf dem Jülicher Stadtfest.

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Berti Cremer auf der Maikirmes in Düren Foto: Luana Esser
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„Für mich bedeutet Schausteller sein, Geborgenheit, weil ich auf den Kirmesplätzen mein Zuhause gefunden habe.“ Schausteller Berti Cremer erzählt vom Leben auf den Kirmesplätzen der Region. In der Herzogsstadt ist die Familie Cremer regelmäßig auf Frühlingsfest und Co. anzutreffen. „Seit dem ich denken kann, stehen Oma Rosi und Opa Ulrich Paulus mit ihrem Süßwagen in Jülich auf dem Wochenmarkt“, und zwar jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag erzählt der 18-jährige. Zuletzt fand auf dem Erntedankfest in Jülich ein berufliches „Familientreffen“ statt. Die Großeltern Annelie und Heinz Cremer standen mit ihrer Kinderschleife auf dem Schlossplatz, Tante Anja Cremer und Schwester Celina Cremer mit einem Süßwagen auf dem Marktplatz.

„Man kann einen roten Faden in der Familie erkennen“ witzelt Berti Cremer. Sie bedienen das Segment Kinder. Er zählt auf: „Meine Eltern Hans Bert und Franziska Cremer und ich haben zwei Kinderkarussells. Ein weiteres hat mein Opa Heinz plus Kinderschleife. Meine Schwester besitzt einen Süßwagen, ebenso meine Tante, die zusätzlich ein Kinderfahrgeschäft betreibt. Sein Vater Hans Bert Cremer ist erster Vorsitzender des „Vereins Reisender Schausteller Düren“. Zudem ist er im Vorstand der ARGE NRW, die Arbeitsgemeinschaft für Schausteller aus Nordrhein-Westfalen.

Das Karussell „Manegen-Zauber“ der Familie Cremer auf dem Jülicher Frühlingsfest 2019 Foto: Privat
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Schausteller sein ist mehr als ein Beruf, Schausteller sein ist eine Berufung. Manche Schaustellerkinder entscheiden sich auch gegen ein Leben mit Camping und Kirmes. Doch für Berti Cremer war schon immer klar, welchen Weg er wählt. „Für mich stand schon immer fest, den Familienbetrieb irgendwann zu übernehmen. Während andere Kinder von einer Karriere als Fußballspieler träumten, wollte ich auch schon als kleiner Junge auf die Kirmesplätze mitfahren und in LKWs sitzen. Ich fand es schon immer toll, Schausteller zu sein. Man war in der Nähe seiner Freunde und hatte die Familie um sich herum. Es gab immer was zu tun und man konnte immer helfen.“

Berti Cremer im Jahr 2005 Foto: Privat

Das rege Kirmestreiben kann auch stressig werden, doch das bringt Berti Cremer nicht aus der Ruhe, denn die schönen Seiten des Schaustellerlebens, erzählt er, überwiegen. „Das Miteinander und die Arbeit mit meiner Familie war für mich immer das Schönste am Schausteller Dasein.“

Viele Schaustellerkinder müssen aufgrund des vielen Reisens von Platz zu Platz oft die Schule wechseln, doch bei Berti Cremer und seiner Schwester war das anders. „Meine Eltern haben extra darauf geachtet, dass unsere Plätze im nahen Umfeld zu unserem Wohnort Rödingen, sind. So konnte ich den örtlichen Kindergarten und die Grundschule besuchen. Anschließend bin ich dann auf das Gymnasium Zitadelle in Jülich gegangen und habe dieses Jahr mein Abitur absolviert.“

Berti Cremer mit seinem Vater Hans Bert Cremer im Jahr 2007 Foto: Privat

Für viele Bereiche des alltäglichen Lebens war es während der Pandemiehochzeit besonders hart. Neben der Gastronomie war vor allem die Kultur- und Veranstaltungsbranche besonders stark betroffen. Darunter eben auch die Schausteller. „Die Coronahochzeit war keine schöne Zeit. Direkt hatte ich zwar nicht mit den Finanzen zu tun, aber am Rande bekommt man natürlich alles mit. Unser gewohnter Aufenthalt auf den Plätzen wurde uns auch genommen.“ Die Familie Cremer und tausende andere Schausteller reisten daher nach Berlin und protestierten im Juli 2020, gegen das Berufsverbot.

Familie Cremer und weitere Schausteller bei der Demo in Berlin 2020 Foto: Privat

Falls es den Schaustellern dann doch gewährt ist zu arbeiten, gibt es viele verschiedene Dinge zu tun. Ein „Nine-till-Five“-Job ist es jedoch nicht. Aber wie sieht denn so ein normaler Tagesablauf eines Schaustellers aus? Berti Cremer erzählt: „Es gibt zwei verschiedene Arten von einem Tagesablauf. Einmal wenn wir auf einer Kirmes mit unseren Geschäften geöffnet haben oder wenn wir gerade mal keinen Kirmesplatz haben. Wenn wir geöffnet haben, fahren wir zum Kirmesplatz und betreiben unser Karussell, ziehen den Vorhang auf und verkaufen Fahrchips. Diese sammeln wir dann wieder ein. Abends geht der Vorhang wieder zu. Wenn wir nicht unterwegs sind werden meist Wartungsarbeiten erledigt. Das heißt, Glühbirnen auswechseln, die Hupen der Fahrgeschäft-Fahrzeuge reparieren oder Dinge neu streichen.“

Der Sommer ist nun vorbei und bald beginnt die sinnlichste Zeit des Jahres – damit verbunden auch die Zeit der Weihnachtsmärkte. „Zur Weihnachtszeit stehen wir auf dem Dürener Weihnachtsmarkts“ erklärt Berti Cremer. Die Weihnachtskirmes ist dann auch für dieses Jahr der letzte Platz der Familie Cremer. Dann ist erstmal Saisonende.


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