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BGB – Wurzel des Zivilrechts

Die „Königin des Rechts“, die Wurzel aller privaten Rechtsbeziehungen – so ist den meisten Juristen das BGB als deutscher Code Civil eingänglich.

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist unser Zivilrecht festgeschrieben. Mit nahezu 2.400 Paragrafen regelt dieses so vielfältige wie teilweise spannende Gesetzbuch alle Bereiche unseres privaten Mit- oder auch Gegeneinanders. Im deutschen Privatrecht finden wir zudem Sonderrechtsbereiche wie das Handels-, Gesellschafts- und Arbeitsrecht vor, für die über das BGB hinaus Spezialgesetze gelten (z.B. das Handelsgesetzbuch – HGB oder Kündigungsschutzgesetz – KSchG), auf die hier nicht näher eingegangen wird.

Bereits vor mehr als 121 Jahren, am 1. Januar 1900 trat das BGB in Kraft und gilt über alle Wirrungen und Irrungen deutscher Zeit- und Rechtsgeschichte und mit manchen Änderungen und Ergänzungen in großen Teilen bis heute. Das BGB ist und bleibt ein Meisterwerk der juristischen Akribie und Pointierung aufs Wesentliche.

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Während manche aktuellen Gesetzeswerke vor langatmigen sowie prosaisch und enumerativ ausschweifenden Monsterparagraphen nur so strotzen, kommt das BGB in seiner Urform zumeist auf den Punkt.

So heißt es in § 1 BGB:

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Und § 433 BGB normiert:

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen…
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

§ 823 BGB bildet den Zentralsatz deutschen Schadenrechts:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet…

Drei Klassikernormen aus dem BGB, die aus dem unwiderstehlich genialen Schöpfergeist der BGB-Autoren „in der Kürze liegt die Würze“ gegossen sind und die für sich allein in den letzten 121 Jahren abertausende Jura-Studenten umgetrieben haben sowie in abertausenden Gerichtsentscheidungen und in einer Fülle von Rechtsliteratur Rechtsgeschichte geschrieben haben.

Manche Zeitgenossen in der heutigen Gesetzesschöpfung sollten sich redaktionell gemäß dem Leitsatz „back to the roots“ am Vorbild des BGB orientieren.

Das BGB erscheint zwar nicht nur dem Laienleser in vielen Passagen sterbenslangweilig und gelegentlich wenig verständlich, gehört aber zu den Bestsellern des deutschen Buchmarktes. So erreichte dieser Wälzer voller juristischer Regelungen zum Recht der Verträge und der beweglichen und unbeweglichen Sachen, zum Erb- und zum Ehe- und Familienrecht im April 2013 den erstaunlichen Platz 1 der Buchverkaufsliste von Amazon.

Jedenfalls geht nichts im deutschen Zivilrecht ohne das BGB, vom Ehekrach bis zum Erbstreit, vom Hauskauf bis zum Verkehrsunfall oder von der Vereinsgründung bis zur Namensänderung.

Die Nazidiktatur hat das BGB ebenso verwendet wie zumindest anfangs die DDR. Manches im BGB wurde reformiert, im Kern blieb es aber bis heute erhalten.

Worin liegt der Geheimcode dieses deutschen Wunderwerks allen zivilrechtlichen Handelns?

Ab 1874 saßen im Auftrag des damaligen Bundesrats elf der klügsten Geister des deutschen Rechts im Bismarck‘schen Reichskanzleramt unter geistiger Führung des renommiertesten Rechtsgelehrten und Leipziger Professors Bernhard Windscheid viele Jahre zusammen, um die Bruchstücke deutschen Zivilrechts aus mehr als 100 Rechtsregionen deutscher Kleinstaaterei zu einem Gesamtopus deutschen Zivilrechts zusammenzuführen.

Die Motive des „Lehrbuchs des Pandektenrechts“, geschaffen von Prof. Windscheid und hervorgegangen aus römischem Zeitgeist, mithin aus dem römischen Zivilrechtsbestand des 6. Jahrhunderts bestehend aus den im 19. Jahrhundert reformierten 50 Büchern der „Digesten“ und „Pandekten“ und auf den Spuren des 1861 großen Rechtsgelehrten Friedrich Carl von Savigny führten zur Vorlage des Erstentwurfs eines BGB im Jahre 1887.

Dieser Entwurf stieß hingegen in Fachwelt und Politik vornehmlich wegen seiner in weiten Teilen redaktionellen Unverständlichkeit und der mit ihm kodifizierten allzu schrankenlosen Vertrags- und Eigentumsfreiheit auf Ablehnung.

So tagte die Kommission in z.T. anderer und größerer Besetzung noch weitere 9 Jahre bis zur Fertigstellung eines Endentwurfes zum BGB, der nach durchgreifenden Überarbeitungen durch Vertreter des Reichsjustizamtes mit der Schlussabstimmung im Reichstag am 1. Juli 1896 verabschiedet wurde.

Die Verabschiedung drohte im Reichstag auf der Zielgeraden wahrhaftig am dramatischen „Hasenstreit“ zu scheitern, nämlich wegen des unbedingten Ziels der Zentrumspartei, dass die Vorschrift, wonach Jagdberechtigte für Flurschäden durch Rehe, Hirsche und Fasane haften, auch auf Hasen ausgeweitet werden müsse.
Letztlich einigten sich die Streithähne im Parlament darauf, die Jäger von der Nagerhaftung zu verschonen, wogegen die Zentrumspolitiker gemäß dem üblichen politischen Kompromiss eine Verschärfung des Eherechts im BGB zugebilligt erhielten.

Gleichwohl hielten in das Meisterwerk deutscher Zivilrechtskodifizierung auch inhaltlich wie redaktionell amüsante Normen Einzug, die bis heute den damaligen kaiserlichen Zeitgeist und wehende Landluft verkörpern.

Wunderbare Beispiele dafür sind:

§ 1300 BGB a.F.:

(1) Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzung des § 1298 und des § 1299 vorliegen, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen…

Ungeachtet der heutigen, wohl allgemein bekannten Definition der „Beiwohnung“ ist anzumerken, dass diese als „Kranzgeldparagraph“ bekannt gewordenen Vorschrift bei allem Fortschritt des Zeitgeists wahrhaftig erst im Mai 1998 aus dem BGB getilgt wurde.

§ 961 BGB:

Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.

Diese Vorschrift hat bis heute Geltung, denn gilt es doch auch bis heute, dass Bienen, wenn sie denn einmal entflogen sind, dann auch nach wie vor futsch sind.

Ob amüsant oder rechtlich wegweisend, das BGB ist und bleibt die Verkörperung der Wurzeln deutscher Zivilrechtsordnung und damit bürgerlicher Rechtssicherheit.


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