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Fliegende Gerichte im Mainauer Manifest

Die deutsche Justiz zeigt sich allzu verstaubt und will sich nun endlich aktiv dem neuzeitlichen Fortschritt verschreiben. Das hat exklusiv für den HERZOG Dr. phil. Dr. jur. h. c. Michael Glossarius recherchiert.

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Dies ist das zukunftsweisende Fazit im Mainauer Manifest, dem Abschlusskommuniqué der Länderjustizministerkonferenz, die seit dem 1. April auf der Insel Mainau im Bodensee im berühmten Schloß Prudenzia unter Vorsitz des NRW-Justizministers Dr. jur. Rudi Kehraus (parteilos) getagt hat.

Das Land NRW soll hierbei mit einem Modellprojekt namens „Justitia kommt zu Dir“ vorangehen, um das Justizwesen grundlegend zu modernisieren.

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„Von der Kanzel herunter Recht sprechen ist nicht mehr zeitgemäß und fremdelt mit dem aufgeklärten Bürger des 21. Jahrhunderts, derzeit präsentiert sich die Justiz jugendsprachlich noch allzu ‚cringly‘“, ist Dr. Kehraus überzeugt und will, wie er es deklariert, die Juristerei „hip und trendy“ werden lassen.

Die Jurisprudenz will laut der Länderminister aus ihren kasernenartigen Gemäuern endlich in die Zivilgesellschaft hinausrücken.

Und so brachte bislang der nicht gerade als progressiv bekannte bayerische Justizminister Prof. Dr. Sepp Hinterberger (CSU) unter nicht enden wollendem Beifall seiner Ministerkollegen das zündende Konzept zum Modellprojekt „Justitia kommt zu Dir“ auf den Verhandlungstisch.

„Wir Juristen müssen uns endlich locker machen, unsere Roben öffnen und eine neue Justiz zum Anfassen schaffen“, proklamierte Hinterberger sein historisches Credo für die Neuformierung der deutschen Justiz.

Mit einer über alle Parteigrenzen hinausgehenden einmütigen Beschlusslage überrascht die Ministerkonferenz die deutsche Öffentlichkeit.

„Es wird kein Tabu geben. Wir wollen nicht nur reformieren, wir wollen revolutionieren. Wir werden nach und nach die klassischen Gerichtssäle abschaffen und die Menschen mit fliegenden Gerichten vom neuen Rechtswesen begeistern“, resümieren Dr. Kehraus und Prof. Hinterberger auf der abschließenden Pressekonferenz auf Schloß Prudenz das Mainauer Manifest.

Der von der Länderministerkonferenz ernannte Sonderbeauftragte für die „Reformierung der deutschen Justiz unter besonderer Berücksichtigung der Erhaltung der Privilegien der Rechtspflegeorgane (Richter, Staatsanwälte, Anwälte)“, der sächsische Justizminister Dr. Egidius Dreesden, der auf die Ehrenamtlichkeit seiner Beauftragung besonderen Wert legt, erläutert exklusiv gegenüber der amtlichen Presseagentur SCHERZOG die Kerninhalte des Modellprojekts „Die Justiz kommt zu Dir“ in gebotener Kürze.
So ist vorgesehen, sogenannte „fliegende Gerichte“ zu installieren.
„Wir bocken sozusagen die Gerichtssäle auf Räder auf und fahren zu den Klägern oder Angeklagten oder anderen Prozessbeteiligten in ihre Wohnorte und Wohnstraßen“, vermeldet Dr. Dreesden stolz und mit wegweisender Gestik.

Diese fliegenden Gerichte hätten sogar noch einen den weiteren Vorzug eines ganz besonderen und obendrein sparintensiven Synergieeffektes.

Denn würde ein Delinquent in einer Strafverhandlung zur Haftverbüßung verurteilt, könne er unmittelbar und sofort mit demselben Fahrzeug in die nächste JVA transportiert werden.

Dr. Dreesden hat nach seinen Angaben bereits Verhandlungen mit einem namhaften deutschen Caravanhersteller aufgenommen, der eine Sonderausfertigung des klassischen Wohnmobils zu einem Gerichtssaal im Kleinformat konzipieren soll.

„Wir werden für die bundesweite Installierung dieser neuen avantgardistischer Rechtspflege ca. 1 Million dieser Sonderfahrzeuge in Gestalt fliegenden Gerichte benötigen. Der Bundesjustizminister muss noch nach kurzer Anhörung von Bundestag und Bundesrat sein Go geben, damit die Finanzmittel von mindestens 100 Milliarden Euro für die Anschaffung dieser Justizboliden bereitgestellt werden“, konstatiert der Sonderbeauftragte.

Nach seinen Worten soll das Interieur dieser Spezialfahrzeuge materialtechnisch und farblich so aufwendig wie ansprechend und komfortabel gestaltet werden, dass sich für die rechtsuchenden Menschen gemeinsam mit Richtern, Staatsanwälten und Anwälten ein justiziables Wohlgefühl einstellt.

Schließlich sollen diese Sonderfahrzeuge als weit sichtbarer Sympathieträger der neuen deutschen Justiz und nicht zuletzt zur besseren Erkennung im Straßenverkehr mit einer gut sichtbaren und dem Vorbild der „Emily“ bei Rolls-Royce folgenden Kühlerfigur in Form der bekannten Justitia-Skulptur ausstaffiert werden.

Nach Angaben von Dr. Dreesden würden für eine solche Sonderausstattung jeweils nur 5.000 € pro Figur anfallen, für eine Emily bezahle man auf dem Schwarzmarkt immerhin das doppelte.

Schließlich sollen sich diese Spezialfahrzeuge mit einer Co-2-freien Wasserstoff-Antriebstechnik fortbewegen.

So würden sich Justiz und Ökologie sich in einer noch nie da gewesenen Symbiose in unserer Fortschrittsgesellschaft zusammenfinden.

Aufgrund dieser immensen Herausforderungen im Projekt „Justitia kommt zu Dir“ im Zuge der Zeitenwende deutscher Jurisprudenz schlagen die Länderminister für die Beschaffung dieser Einsatzfahrzeuge die Schaffung eines Sondervermögens Justiz vor.

„Auf ein Sondervermögen mehr oder weniger kommt es allemal nicht mehr an. Und bei der Justiz weiß man zumindest, dass es gut angelegtes Geld ist“, kommentiert Dr. Rudi Kehraus bereits vorab aufmunternd die kommenden schwierigen Haushaltsgespräche mit dem bekanntlich etwas ausgabensperrigen Bundesfinanzministers Dr. h.c. Ch. Pekuniat.

Aber bei den fliegenden Gerichten soll es im Zuge der einzigartigen deutschen Justizreform nach dem Willen der im Bodensee tagenden Ministerialoberen allein nicht bleiben.

„Die Justiz muss den Menschen wieder in den Mittelpunkt rücken“, ist das Kernpostulat im Abschlusskommuniqué der Ministerkonferenz.

Das Modellprojekt „Justitia kommt zu Dir“ beinhaltet auch eine völlig neue Kleiderordnung für die Rechtspflegeorgane, um menschennah und schlüssig eine gerichtliche Wohlfühloase zu realisieren.

„Die schwarzen Roben werden fallen. Richter, Staatsanwälte und Anwälte sollen künftig farbig auftreten, um dem Juristen endlich ein menschliches Outfit zu verleihen.“

Diese weitere revolutionäre Ankündigung des Sonderbeauftragten Dr. Dreesden lässt wahrlich aufhorchen, denn die schwarze Robe war bislang unverzichtbare Juristengarderobe.

Die Minister schlagen laut Dr. Dreesden vor, dass die schwarzen Roben durch solche in den Farben der jeweiligen Bundesländer ersetzt werden sollen, wobei überdies die Wappentiere der Länder auf den Schulterklappen der Roben aufgebracht werden sollen. Hierzu seien die Minister haben noch durchaus verhandlungsoffen.

Die amtliche Presseagentur SCHERZOG kann begeistert festhalten: Die Zeitenwende ist in der deutschen Justiz mit einem Doppelwums angekommen.

So bilanzieren es auch Dr. Kehraus, Dr. Hinterberger und Dr. Dreesden einmütig im Redaktionsgespräch mit dem SCHERZOG und loben sich und die von ihnen so bezeichnete großartige Erfolgsgeschichte des Mainauer Manifests.

Und dann überraschen diese couragierten Spitzenjuristen final noch mit einer bislang geheim gehaltenen weiteren Reformidee des Projekts „Justitia kommt zu Dir“.

„Wir werden auch in die digitale Offensive gehen und den Justizalltag in die sozialen Medien transportieren.
Die fliegenden Gerichtssäle werden das Internet geradezu stürmen.
Instagramm, YouTube, Tik Tok, Snapchat, Facebook, Twitter, sie alle werden Katalysatoren des virtuellen Siegeszuges der neuen deutschen Justiz sein“, zitieren die Protagonisten der Ministerkonferenz aus dem Epilog des Mainauer Manifests.


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