Start Magazin Titelstory Ich will doch nur spielen

Ich will doch nur spielen

Brettspiele

207
0
TEILEN
Bretter | Illustration: Sophie Dohmen
Bretter | Illustration: Sophie Dohmen
- Anzeige -

Warum spielt der Mensch? Die Gründe sind sehr vielfältig. Spielerisch das strategische Denken oder die Geschicklichkeit zu fördern, das Glück auf seine Seite zu ziehen, den anderen zu besiegen, zum Zeitvertreib oder zur Unterhaltung in der Gesellschaft.

Spielen gehört zum Menschen und ist vermutlich eine der ältesten Kulturtechniken. Das erste Spielbrett wurde im Boden oder Sand skizziert und mit Naturmaterialen bestückt. Lange bevor der homo sapiens sprechen, lesen und schreiben konnte, entwickelte er sich zum homo ludens, zum spielenden Menschen.

- Anzeige -

„Der Mensch spielt nur, wo er in der vollen Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt,“ so beschrieb einst Friedrich Schiller das Verhältnis des Menschen zum Spielen.

Am Hofe von Herzog Wilhelm V wurde auch gespielt. In einem Gemälde (Kinderspiele) von Pieter Bruegel dem Älteren, finden wir um 1560 unterschiedliche Kinderspiele. Das Kulturgut Spiel wurde gepflegt. Aber nicht nur Brettspiele, sondern auch Steckenpferd, Kreisel, Tauziehen und Fässerrollen hatten ihren Platz.

500 Jahre später spielen wir mehr denn je. Auf der Spielwarenmesse in Essen, der größten Publikumsmesse der Welt, wurden im Oktober 1000 Neuheiten vorgestellt, 100 mehr als im vergangenen Jahr. Die Zahl steigt. Es ist ein Dschungel aus weltweiten Neuheiten. Vom einfachen Partyspiel bis zum kompletten Kennerspiel ist alles vertreten. Der Laie wird hier leicht überfordert.

Jeder hat so seine Favoriten, die einen SIEDELN, andere mögen lieber das kooperative Spiel. Wie aber findet man sich zurecht?

Seit 1979 werden Spiele vom Verein Spiel des Jahres e.V. ausgezeichnet, dieser war von 2007 -2016 im Kreis Düren ansässig, zuletzt in der Herzogenstadt.

Die Spiele werden von unabhängigen Spielerezensenten und ihren Spielekreisen getestet. Nach Abgabe der Wertungslisten trifft man sich im Mai zur Nominierung und wählt im Juni das Kinderspiel des Jahres sowie im Juli das Spiel des Jahres. Seit 2011 wird zusätzlich das Kennerspiel verliehen. Diese Spiele haben oft ein größeres Regelwerk und eine längere Spieldauer.

Bretter | Foto: HERZOG
Bretter | Foto: HERZOG

Die erste Auszeichnung vergab der Verein 1979 an „Hase und Igel“ vom Ravensburger Spieleverlag. Auf den ersten Blick mutet HASE UND IGEL recht harmlos an, wie ein Kinderspiel. Ein Eindruck, den die etwas liebliche Grafik der Ravensburger-Ausgabe noch stützte. Im Spiel stellt es die verblüfften Spieler schnell vor Probleme, verlangt kluges Disponieren und Taktieren in jeder Phase. Der Autor David Parlett hat ein Rennspiel entwickelt, indem der Spieler so schnell laufen muss wie der Hause und zugleich so klug sein muss wie der Igel und bei dem der Würfel, also der Glücksfaktor, überhaupt keine Rolle spielt. In England war das Spiel in etwas anderer Version übrigens schon Jahre vorher ein echter Hit. Es läuft dort unverdrossen auch heute noch unter dem Titel HARE AND TORTOISE, also Hase und Schildkröte, was der angelsächsischen wie der romanischen Überlieferung der uralten Fabel entspricht.

In Deutschland mittlerweile über zwei Millionen mal verkauft sorgte es seiner Zeit für den Beginn des Siegeszugs der Marke „Spiel des Jahres“. Es folgten Klassiker wie Rummikub, Sagaland, Scotland Yard, Heimlich & Co, Barbarossa und Café International.

Und dann kam „Siedler von Catan“, erhielt 1995 den Kritikerpreis und revolutionierte die Spielelandschaft. Erstmals wurde ein Spiel mit einem höheren Einstiegsanspruch ausgezeichnet. In der Laudatio stand: DIE SIEDLER VON CATAN bestechen durch klaren Aufbau, logische Struktur und eine harmonische Verbindung von verschiedenen Spielelementen, die zusammen ein einmaliges Spielerlebnis bieten. Dabei werden, wie das zu einem guten Spiel gehört, die verschiedensten Spielcharaktere angesprochen: der gewiefte Taktiker, der kühle Rechner und der wortgewandte Händler. Das Eintauchen in eine phantastische, vielschichtige Spielwelt… ein Spiel, das garantiert ein Klassiker wird.

In der Folgezeit erschienen sinnvolle und spannende Erweiterungen wie „Die Seefahrer“ un „Städte und Ritter“. Die Begeisterung zu „Siedeln“ ist bis heute ungebrochen, 22 Millionen Spiele wurden bisher verkauft und zum 25-jährigen Jubiläum erschien im vergangenen Jahr eine Sonderedition aus Holz.

Siedler von Catan machte seinen Erfinder Klaus Teuber zum Star der Spieleerfinder. Der ehemalige Zahntechnikermeister gewann u.a. viermal den begehrten Kritikerpreis Spiel des Jahres, dreimal den Deutschen Spielepreis, zweimal den Deutschen Kinderspielpreis und zweimal die Essener Feder.

Wenn man in seine Fußstapfen treten möchte, selbst eine tolle Spielidee hat, oder ein Spieleautor werden möchte, hilft einem die Spielautorenzunft e.V.. Die SAZ oder Games Designers Assoziation vertritt als Interessenverband die Rechte der Spieleautoren und fördert angehende Spieleautoren und setzt sich für eine Stärkung des Kulturguts Spiel in der Gesellschaft ein. Einmal pro Jahr werden junge Spieleautoren in Göttingen ausgezeichnet und entsprechend gefördert.

Wem die Fußstapfen zu groß sind und nur spielen will, der kann in Jülich unter http://mister-x.de Mitspieler suchen und finden. Weitere Tipps findet man unter http://nrw-spielt.info. Wer das ein oder andere Spiel kostenlos testen möchte, dem sei die Stadtbücherei empfohlen, die über eine gute Spieleauswahl verfügt.

Aktueller Trend, wenn wir Pokemon Go außen vor lassen, sind kooperative Spiele. Gemeinsam gegen das Spiel, gemeinsame Gewinner und gemeinsame Verlierer. Aber auch Spiele für immer kleinere Familien bzw. eine kleinere Mindestanzahl an Spielern finden den Weg auf den Markt. Neu waren in den letzten Jahr Spiele, die dreidimensional auf dem Tisch standen. Hier ist Colt Express (Kritikerpreis 2015) sehr erwähnenswert, da man einen richtigen Zug aufbauen muss und dann als Banditen diesen Zug ausrauben dürfen. In der Erweiterung kommen noch Postkutschen und Pferde dazu. Die Liste von interessanten und empfehlenwerten Spielen ist nahezu unendlich und das analoge und digitale Spiel wächst immer mehr zusammen, Mensch ärgere dich nicht ist auch als App ein Klassiker.


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here