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Für Smartphones und autonome Fahrzeuge

Jülicher Forscher haben gemeinsam mit italienischen und deutschen Kollegen einen besonders preiswerten Infrarot-Detektor entwickelt, der sich gut in bestehende Kamerachips und Smartphones integrieren lässt. Der neue Sensor macht gleich zwei technisch wichtige Bereiche der Infrarot-Strahlung sichtbar, die bisher von konventionellen Photodioden nicht abgedeckt wurden. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt ACS Photonics vorgestellt.

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Die Flüssigkeiten Isopropanol und Toluol erscheinen für das bloße Auge durchsichtig. Im NIR- und SWIR-Bereich werden unterschiedliche Anteile absorbiert, was in Kombination eine genaue Bestimmung ermöglicht. Copyright: SImola et al., ACS Photonics 2021, 8, 7, 2166-2173 (CC BY-NC-ND 4.0)
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Die Welt erscheint klarer in kurzwelligem Infrarot, kurz SWIR: Kameras, die in diesem Bereich des Spektrums arbeiten, liefern Bilder in Graustufen – üblicherweise gestochen scharf. Denn durch Regen, Nebel oder Dunst können solche Fotochips einfach hindurchsehen. Sichtbares Licht wird durch kleine Wassertröpfchen in der Luft gestreut – was sich als Schleier auf dem Bild bemerkbar macht, der die Sichtweite und Detailerfassung begrenzt. Dieser Effekt spielt aber für Licht im SWIR-Bereich keine Rolle. Daher bieten sich solche Kameras für Anwendungen an, wo eine freie Sicht unabdingbar ist, zum Beispiel für autonom fahrende Pkw oder die Luftfahrtsicherheit.

Herkömmliche Kamera-Chips aus Silizium können den SWIR-Bereich jedoch nur sehr eingeschränkt abbilden. „Es gibt bereits andere Kameras, die für diese Zwecke genutzt werden. Die sehr hohen Kosten verhindern jedoch oftmals den Einsatz im Alltag“, erläutert Dan Buca vom Forschungszentrum Jülich. Die Verwendung von Materialien, die sich nur schwer mit Standard-Schaltkreisen aus Silizium verbinden lassen, macht die Integration in einen Chip komplex und damit teuer: „Unser Detektor füllt daher eine Lücke: Er deckt einen Bereich des Spektrums ab, für den bisher keine preiswerten Sensoren existierten. Die Wahl von Legierungen und Elementen, die gut mit Silizium verträglich sind, ermöglicht es uns nun, vergleichsweise einfache Herstellungsprozesse mit Standard-Werkzeugen anzuwenden. So können wir sehr günstige Kamerachips konstruieren, die in jedem Smartphone genauso wie in heutigen Kameras verbaut werden können“, ergänzt Dan Buca.

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Die Basis für den neuen Detektor bildet eine dünne Schicht aus Silizium, dem Standardmaterial für Computerchips. Darauf werden weitere Lagen von Halbleitermaterialien abgeschieden, welche die Elemente Germanium und Zinn enthalten, im Periodensystem alle in derselben Hauptgruppe stehen wie Silizium.

„Die Germanium-Zinn-Halbleiter wurden in Jülich entwickelt“, erläutert Prof. Giovanni Isella vom Polytechnikum Mailand, der die Entwicklung des neuen Bauteils gemeinsam mit Dan Buca geleitet hat. „Es hat beinahe zehn Jahre gedauert, bis alle Parameter optimiert waren. Aber jetzt lassen sich diese Halbleiterschichten in jeder Chipfabrik mit etablierter Technik aufbauen.“ Dadurch ist es möglich, sie besonders preiswert herzustellen. Und weil sie auf Silizium basieren, lassen sie sich auch ohne größere Probleme auf bestehenden Chips integrieren.

So kann man aus den verschiedenen Halbleiter-Schichten Pixel auf Fotochips für Digitalkameras fertigen – die dann in der Lage sind, die gleichen Bilder in verschiedenen Bereichen des Infrarot-Spektrums aufzunehmen. Das lässt manche Objekte – im wahrsten Sinn des Wortes – in einem anderen Licht erscheinen: „Bei Gemälden zum Beispiel können wir damit durch Farbschichten hindurchblicken und erkennen, was der Künstler darunter gemalt hat“, sagt Giovanni Isella. Und bestimmte Druckfarben, die als Sicherheitsmerkmal für Geldscheine genutzt werden, scheinen zu verschwinden, wenn sie unter IR-Licht betrachtet werden. Mit dem Jülicher Detektor ließe sich die Echtheit der Banknoten daher leicht überprüfen.

Zwischen verschiedenen Wellenlängen umschaltbar

Eine Besonderheit des Detektors ist dabei: er ist für zwei verschiedene Bereiche des infraroten Spektrums empfänglich. Dazu muss die Vorspannung, die an ihm anliegt, einfach nur umgepolt werden – und schon schaltet das Bauteil vom Nahen Infrarot (NIR) auf Kurzwelliges Infrarot (SWIR) um. „Damit erweitern wir den Anwendungsbereich des Sensors“, sagt Giovanni Isella.

Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, verschiedene Flüssigkeiten und Gase zu unterscheiden, die NIR- und SWIR-Strahlung unterschiedlich stark absorbieren. Das konnte das Forscherteam am Beispiel der Lösungsmittel Isopropanol und Toluol demonstrieren. Mithilfe des schaltbaren Detektors lassen sich die für das menschliche Auge farblosen Flüssigkeiten eindeutig auseinanderhalten. Das ist nicht nur für Anwendungen im Chemielabor nützlich, sondern auch für vielfältige andere Alltagsanwendungen interessant.

Die in ACS Photonics veröffentlichten Ergebnisse sind nur der erste Schritt, um das Anwendungspotenzial des NIR/SWIR-Doppelbanddetektors zu erschließen. Die beteiligten Forschungsteams setzen ihre Zusammenarbeit fort, mit dem Ziel, ein kommerzielles Produkt zu entwickeln.


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