Start Magazin Geschichte/n Villa Buth: Ein Antrag, eine Petition und viele Beteiligte

Villa Buth: Ein Antrag, eine Petition und viele Beteiligte

Seit gut vier Monaten liegt bei der Stadt Jülich der Antrag auf Abriss der Villa Buth vor. Kurz vor Weihnachten sickerte die Nachricht auch in die Öffentlichkeit. Seither laufen im Hintergrund viele Gespräche und Vorbereitungen – von den Initiatoren, die die Villa Buth erhalten wollen, und weitere Schritte des Eigners und der Behörden, um eine Rechtssicherheit des Antrages herzustellen.

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Villa Buth in Kirchberg. Foto: Dorothée Schenk
Villa Buth in Kirchberg. Foto: Dorothée Schenk
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Es ist gerade in diesen Tagen rund um den Gedenktag für die Opfer des Holocaust ein sensibles Thema: Die Villa Buth in Kirchberg ist nicht nur ein Denkmal. Sie ist der zentrale Ort, an dem über 100 Menschen jüdischen Glaubens im Jülicher Land für die bevorstehende Deportation in die Vernichtungslager gebracht wurden. Ein wichtiger Erinnerungsort für die jüdische Tradition im Jülicher Land und für die Verbrechen der deutschen Nazidiktatur 1933/1945 , wie die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz e. V., der Jülicher Geschichtsverein 1923 e.V. , der Bürgerbeirat Historische Festungsstadt Jülich e.V. und die Joseph-Kuhl-Gesellschaft e.V. es in einer Pressemitteilung formulieren. Gemeinsam haben sie sich mit einer Petition an den Landtag NRW gewandt, mit der Bitte beim Erhalt zu helfen.

Bei der Villa Buth spielt ein Fakt eine besondere Rolle. Sie ist nicht im öffentlichen Besitz. Das Gebäude gehört der Unternehmerfamilie Eichhorn. Die Villa befindet sich auf dem Betriebsgelände und in direkter der Papierfabrik. Nach dem Krieg ist das Haus nicht mehr als Wohnhaus von der Familie genutzt worden. Arbeiter der Papierfabrik waren dort untergebracht. Seit 20 Jahren, so heißt es in der Petition, stehe die Villa leer. Sie verfällt inzwischen zusehends. Wegen der maroden Bausubstanz ist ein Betreten des Gebäudes gefährlich. Die Zugänge wurden mit Brettern verschlossen.

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Dass sich der Unternehmer der Verantwortung der Geschichte des Hauses stellt, zeigte 2019 Hellmuth Eichhorn, als er ein Schulprojekt am Gymnasium Heilig-Geist-Gymnasium Würselen mit finanzierte. Ein Geschichtskurs befasste sich mit der Aufarbeitung der Geschichte der Villa und beschäftigte sich mit den Menschen, die dort bis zu ihrer Deportation leben mussten. Die Schülerschaft erstellte eine 315-Seiten-starke Dokumentation, ein 3D Modell und einen 41-minütigen Dokumentarfilm. Aus der Projektarbeit wurde schließlich ein Buch, das vom Jülicher Geschichtsverein herausgegeben wurde.

Modell der Villa Buth, Ansicht von der Parkseite, Blick in das erste Obergeschoss mit Freitreppe. Foto: Bernhard Dautzenberg, Museum Zitadelle Jülich
Schon lange vor der detailreichen Aufarbeitung war klar, dass eine Sanierung des 120 Jahre alten Baus Millionen verschlingen würde. Mit 9 Millionen Euro sind die Kosten derzeit beziffert. Eine Sanierung sei wirtschaftlich nicht darstellbar, lautet das eingebrachte Argument von Unternehmerseite. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten im Zuge einer Sanierung noch einmal nach oben korrigiert werden müssten, sind sich der Jülicher Bürgermeister Axel Fuchs und der technische Beigeordnete Martin Schulz einig. „Wir rechnen mit deutlich mehr. Unsere Prognose liegt zwischen 12 bis 15 Millionen Euro.“ Derzeit befinde man sich im Erörterungsverfahren. Dem ersten Antrag auf Abriss der Villa Buth konnte nach den vorgelegten Unterlagen keine Genehmigung erteilt werden. Die Antragsteller besserten nach. Derzeit sei die Untere Denkmalbehörde, bei der Stadt Jülich angesiedelt und laut Gesetz für das Verfahren zuständig, mit einer offiziellen Stellungnahme befasst. Ein Gesprächstermin mit dem Antragsteller soll Anfang Februar stattfinden.

Der Landschaftsverband Rheinland hat bereits eine Stellungnahme abgegeben, die sich erwartungsgemäß für den Erhalt der Villa ausspricht. Ein Treffen mit der Stadt und Vertretern des Antragstellers soll der LVR abgelehnt haben. Man wolle, so berichtet Bürgermeister Fuchs, die Stellungnahme der Unteren Denkmalbehörde abwarten.

Inzwischen hat der Jülicher Heinz-Peter Schüller zu einer Vereinsgründung mit dem Titel „Villa Buth – gegen den Verfall, für das Leben“ aufgerufen. Nach Rückfrage bei der Pfarrei Heilig Geist Jülich wurde bestätigt, dass er das Pfarrheim zu diesem Zweck für den morgigen Samstag, 27. Januar, gemietet hat. Außerdem soll nach einer Andacht um 16 Uhr in St. Martinus Kirchberg, ab 17.30 Uhr ein Schweigemarsch mit Grablichtern zur Villa Buth und zur Hauptverwaltung Fa. Carl Eichhorn erfolgen. Die Pfarrei weist darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine kirchliche Veranstaltung handelt. Der Gemeinderat von Kirchberg hat allerdings entschieden, die Kirche zur Verfügung zu stellen. Dieser Demonstrationszug ist bei der Stadt Jülich angemeldet worden.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt ideell das Vorhaben der Vereinsgründung und den Schweigemarsch, wie Pressesprecher Thomas Mertz auf Nachfrage bestätigte. Das Schul-Projekt zur Villa Buth im Rahmen des DSD Programms „denkmal aktiv“ entstanden. Die Stiftung sei dafür da, Eigner von Denkmälern zu unterstützten „und das nicht nur finanziell“, sondern auch konzeptionell. Es gehe darum, für alle gemeinsam die beste Lösung zu finden. „Die beste Lösung für den Erhalt eines Denkmals ist immer die Nutzung“, sagt Mertz. Für eine Aussage über eine Konzeption sei es aber zu früh, weil die Stiftung bisher noch nicht involviert gewesen sei.

Villa Buth in der Gründerjahren um 1900. Foto: Untere Denkmalbehörde
Villa Buth in der Gründerjahren um 1900. Foto: Untere Denkmalbehörde
Nutzung ist das Stichwort. In der Petition der Vereine an den Landtag heißt es: „Notfalls muss das Eigentum auf einen Dritten (ggf. eine Stiftung) übertragen werden. Wir sind bereit, einen Förderverein zu diesem Zweck zu gründen.“ Unklar bleibt, ob es über das Ziel, den Abriss der Villa Buth zu verhindern, weitere Maßnahmen geben soll. Unklar ist auch, wie eine Finanzierung gesichert werden könnte. Das gilt sowohl für den Erhalt, eine Sanierung als auch die Installation einer Nachfolgenutzung von der Konzeption bis Ausstattung. Keine Erwähnung finden die zu erwartenden Folgekosten wie Unterhaltung des Gebäudes, Personalkosten und Instandhaltung der geplanten Gedenkstätte.

Friederike Goertz, die als Zeitzeugung und einzige Überlebende der Inhaftierten der Villa Buth überlebte, war eine wichtige Quelle für die Schul-Arbeit im Projektkurs. Auf S. 175 des Buches „Villa Buth – Zwischenstation zum Holocaust“ kommt sie zu Wort und betont die Wichtigkeit der Erinnerungskultur. Dem Erhalt des Ortes ihrer Gefangenschaft, der Villa Buth, misst sie dabei weniger Bedeutung bei.

„Wir werden im Rahmen einer Abwägung eine Entscheidung treffen müssen“, sagte Bürgermeister Axel Fuchs, und: „Wir haben uns an Recht und Gesetz zu halten.“ Klar ist: „Die Stadt Jülich wird kein Geld investieren können!“


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