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Mit Geld nicht zu bezahlen

Einkaufen für viele Menschen etwas besonderes: Neben dem Nützlichen bedeutet es Begegnungen, ein Plausch, in die Vielfalt des Angebots eintauchen. Das ist aber nicht allen Menschen möglich – auch nicht in Jülich. Dabei geht es nicht um das lustvolle „shoppen“, sondern um den täglichen Einkauf, darum, das Lebensnotwendigste in den Kühlschrank und Vorratsschrank zu bekommen. Wem das nicht möglich ist, der ist meist krankheitsbedingt oder auch aus Altersgründen ans Haus gebunden, hat keinen Anschluss mehr oder soziale Kontakte.

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Foto: pixabay
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Aus dieser Erkenntnis heraus hat der Seniorenbeirat 2012 den „Einkaufsdienst“ ins Leben gerufen. Kostenlos ist der Service für die Kunden, lediglich eine Pauschale von 30 Cent je gefahrenen Kilometer wird berechnet. Ruth Tavernier-Schwab führt das Werk von Marlies Keil fort, die vor sechs Jahren mit fünf Ehrenamtlern den Dienst aufgenommen hat. Inzwischen ist das Team auf neun angewachsen, wobei Gisela Booz, Renate Hövelmann und Ruth Tavernier-Schwab vor allem die telefonisch Annahme betreuen. Meist melden sich die „Kunden“ auf die Zeitungsnotiz. Dann wird ein Einkäufer gesucht, der die Kundin übernehmen kann. Ein Kennenlern-Termin wird ausgemacht, der Ablauf besprochen. Wie wird abgerechnet? Welcher Tag passt am besten für beide Partner? Dazu gehört natürlich auch, das geklärt wird, was denn gemeint ist, wenn „Graubrot“ auf dem Zettel steht. Helles? Dunkles? Mit Körnern? Wird der Apfel rotbackig geliebt oder eher grün?

„Manchmal ist es auch nur eine einmalige Hilfe, wenn beispielsweise jemand aus dem Krankenhaus entlassen wird“, berichtet die Seniorenbeirats-Vorsitzende Tavernier-Schwab. „Wir haben aber viele Stammkunden.“ – mit Stammeinkäuferinnen wie Birgit Rose und Gudrun Kreuels. Sie sind Frauen der ersten Stunde und haben beide etwa drei Dauerkunden, für die sie wöchentlich einkaufen, und noch einmal so viele, die sie sporadisch betreuen.Wie viel Zeit muss man da einrechnen?„Insgesamt?“ Birgit Rose lacht. „Da kommt ganz schön was zusammen“ Reine Einkaufszeit ist es etwa eine halbe Stunde bis eine Stunde, aber „wenn Menschen den Anspruch haben, reden zu wollen – dann ist es ein halber Nachmittag.“ Eine Last ist es ihr offensichtlich nicht, denn ihre Motivation formuliert sie ganz klar: „Ich wollte meine Zeit gerne weiterschenken. Das Einkaufen ist eigentlich nebensächlich.“

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„Ich kann das nur deshalb so machen, weil ich alleine bin. Und weil ich lebhaft bin, brauche ich das. Ich gehe gerne mit Leuten um“, erklärt Gudrun Kreuels, die gerade 79 Jahre alt geworden ist und noch lange nicht ans aufhören denkt: Schließlich, so sagt sie lachend: „Ich gehe gerne einkaufen – für andere…“ „Es entstehen Beziehungen“, sagen die Frauen übereinstimmend. Gudrun Kreuels berichtet von einer Dame mit besonders knappem Geldbeutel. Ihr bringt sie gerne selbstgemachte Marmelade und Schmalz mit. „Das ist für mich etwas Tolles, wenn ich ihr etwas mitbringen kann, über das sie sich richtig freut und was sie sich sonst nicht leisten kann.“ Das gilt dann auch für das Gesteck zum Advent, das ein besonderes Mitbringsel wird.

Auf einer großen Vertrauensbasis steht der Einkaufsdienst, denn, auch das spricht Ruth Tavernier-Schwab an: Die Angst finanziell übervorteilt zu werden und Fremde in die eigenen Wände gucken zu lassen sind ein großes Hemmnis, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darum ist das Symbol des „Einkaufskorbs“ so wichtig, der neben der Kontaktmöglichkeit steht. „Das ist eine Sicherheit: Das ist die Gruppe und die nimmt auch kein Geld.“ Das ist nämlich nicht bei allen Einkaufsdiensten so.

Anrufzeiten des Ehrenamtlichen Einkaufsdienstes: 9 bis 12 Uhr,
Gisela Booz, Ruf 02461 / 57618;
Renate Hövelmann, Ruf 02461 / 910175,
Ruth Tavernier-Schwab, Ruf 02461 / 340444.


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