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Rolf Sylvester

„Der Ölf“: Mit Engagement und im Herzen ganz Muttkrat

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Rolf Sylvester. Foto: la mechky plus
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Viele kennen ihn nur als „den Ölf“. Das liegt wohl an seinem Jülicher Zungenschlag, den er öfter und gerne benutzt. Zuhause wurde nur Platt gesprochen, nie Hochdeutsch, erinnert sich Rolf Sylvester.

Ja, und dann hat er sich in Ostfriesland immer Pizza bestellt… Es war die „11 mit Knobi“ gewesen. Diese war mit Zwiebeln, Champignons und Salami belegt. „Und ich bekam immer noch extra Ananas, Paprika und Koblauch drauf.“ Weil im Slang der Herzogstadt ein „e“ einem „ö“ nicht unähnlich ist, genau so wie ein „i“ hier wie ein „ü“ klingt, wurde halt aus der „Elf“ eine „Ölf“.

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Ein Freund aus Norddeutschland, der mit am Tisch saß, hörte dies, fand es bemerkenswert und offenbar recht treffend. So ist irgendwann aus dieser 11 dann auch der Name des Pizzabestellers geworden. Damit nicht genug, schwappte die Namensbezeichnung bis in den Westen nach good ol’ Jülich Town herüber. Das Wie und Warum lässt sich indes nicht mehr genau nachvollziehen.

„Ich bin ‘ne richtige Muttkrat“, meint Ölf und betont, im Jülicher Krankenhaus geboren zu sein. „Finde ich wirklich schade, dass das heute nicht mehr möglich ist. Das finde ich sehr schade sogar.“ Seine Jugend verbrachte er im Elternhaus in der Jülicher Lindenstraße. Auch wenn er sich vorstellen könnte, woanders zu leben, ist er gerne hier und besitzt ein starkes Heimatgefühl. Überhaupt findet er vieles an dem, was „Rheinländer“ bezeichnet wird, als angenehm, charmant und positiv.

Mit „ölf“ fing er an, Radsport zu betreiben, insgesamt etwa sechs Jahre lang. Als sein Vater meinte, er solle doch endlich mal etwas machen, wurde hin und her überlegt. Da stießen sie auf eine Zeitungsannonce. Der gerade frisch gegründete Jülicher Radsportclub suchte Jugendliche und Kinder für die Radrennabteilung. „Im Hexenturm gibt es oben ein kleines Räumchen. Da saßen zwei, drei Leute vom Vorstand und haben einen begrüßt und sich gefreut, wenn man da hinkam und gesagt hat: ‚Ich möchte Fahrrad fahren.‘ Und so bin ich zum Radsport gekommen.“

Stolz kam er mit seinem zu Weihnachten geschenkt bekommenen Rennrad zum wöchentlichen Trainingsrennen des Radsportbezirks in Teveren. Dort zeigte man sich bass erstaunt über das Gefährt samt Beleuchtung und Gepäckträger, das zwar straßentauglich für den Alltag, aber kaum für den Rennbetrieb war. Daraufhin wandte sich ein Verantwortlicher an Ölfs Papa: „Der Jung brauch en richtig Fahrrad!“ So erhielt der Sohnemann zügig ein richtiges Rennrad bei Radsport Lenzen in Aachen.

Dieses musste aber selbst gekauft werden. Gestellt wurde nichts. Auch nicht die passenden Schuhe, die in den Pedalen einrasten konnten, Sturzringe für den Kopf oder Handschuhe. Hinzu kamen noch Trainingsanzug und Trikot in den Vereinsfarben gelb und schwarz. Im Laufe der Zeit hatte er dann drei Rennräder. Damit ist er dann Rennen gefahren, auch in den Niederlanden. Ansonsten fuhr er viel im hiesigen Raum, aber auch im Ruhrgebiet, Köln und Düsseldorf. Als weitestes ging es nach Ettlingen bei Karlsruhe. „Das war aber eine Ausnahme.“ Seine Eltern trugen dies mit und fuhren ihn stets. „Das war für sie ein großes Vergnügen.“

Fußball hat er zwar auch oft mit seinem Cousin gespielt, allerdings nur als Straßenfußball. „So mal schauen, wo ein bisschen Platz ist zwischen zwei Garagen und wo keine Autos stehen.“ Für den Verein habe es nicht gereicht, war sein Empfinden. Erst mit Anfang / Mitte 20 spielte er bei Eintracht Zwietracht in der bunten Liga in Aachen.

Dabei fand er als Kind Fußball ziemlich doof, zumindest einmal in der Woche. Denn zuhause gab es nur einen Fernseher, und samstags abends hatte die Sportschau stets Priorität, weil sie von seinem Vater und Bruder unbedingt geschaut werden musste. Ölf mit seinem Faible für Raumschiff Enterprise kam dabei immer ins Hintertreffen. Das begann zehn Minuten früher, dann wurde umgeschaltet.

Captain Kirk oder Captain Picard? „Kirk“, kommt die spontane Antwort. Er schätzt Picard durchaus, aber ihm ist alles, was auf einem anderen Ursprung basiert und so riecht, als soll so zusätzlich Geld generiert werden, zunächst suspekt. Manche Dinge sollten einfach für sich stehen dürfen, ohne kopiert zu werden. „Aber es ist nicht zwingend schlecht, nur weil es ein Ableger ist.“

Dennoch ist er Fan genug, um alles in diesem Franchise zu schauen. „Mit unterschiedlicher Begeisterung, aber tatsächlich.“ An manchen Dingen habe man halt Spaß und bliebe daran hängen, erklärt Ölf. Alles, was mit dem Genre Science Fiction verbunden ist, habe ihn fasziniert. So hat er auch hunderte Hefte Perry Rhodan gelesen.

Aber irgendwann wuchs dennoch sein Faible für den Rasensport. Da Grün immer schon seine Lieblingsfarbe war und sein Cousin Gladbach-Fan, verschrieb sich auch Rolf diesem Verein. Und das bis heute. Eingetragenes Mitglied und Besucher von etlichen Spielen im Borussiapark ist er und hat das Gen auch weitervererbt.

Was ihm bis heute ein Heimatgefühl gibt, ist der Geruch der Zuckerfabrik. „Da freue ich mich jedes Jahr drauf: Wann erschnuppere ich zum ersten Mal diesen süßlichen Geruch?“ Das sei halt nicht alltäglich. Dort hat er auch als Schüler in den Sommerferien gearbeitet. Später machte er in der Dürener Zuckerfabrik seine erste Ausbildung als Mess-, Steuer- und Regelmechaniker. Danach musste er erst einmal seinen Zivildienst ableisten, der ihn in ein Aachener Altenheim führte. Dazu zog er auch in die Kaiserstadt. Dies sei seine Eintrittskarte in die Selbständigkeit gewesen.

Der Dienst selbst war zudem für ihn eine äußerst prägende Zeit. So sehr, dass er daraufhin Sozialpädagogik in Köln studierte. Nachdem er fertig war, lernte er völlig unterschiedliche Facetten der Ausbildung kennen. So arbeitete er im „Knast“ (Strafvollzug), mit jungen Aussiedlern, in der mobilen offenen Kinder- und Jugendarbeit und in einer Tagesgruppe.

Seit dreieinhalb Jahren ist er jetzt Schulsozialarbeiter im Gymnasium Zitadelle und in der Nordschule. Dort ist er Ansprechpartner für alle: Kinder, Lehrer und Eltern. Vieles habe auch mit Netzwerkarbeit zu tun, um beispielsweise Kontakte zu anderen Institutionen herzustellen. Gleichzeitig versucht er, in den Klassen deutlich zu machen, dass es bei Problemen, Fragen oder Anliegen keinerlei Form von Wertigkeit gebe. „Niemand muss denken: Mein Problem ist es nicht würdig, besprochen zu werden.“

Egal ob jemand mit Klassenkameraden nicht parat kommt oder zuhause Dinge nicht rund laufen, ob Eltern mit ihren Kindern Erziehungsschwierigkeiten haben oder Lehrern etwas auffällt und sie sich Sorgen machen: Ölf hat immer ein offenes Ohr. Gerade die Lehrkörper hätten einen etwas anderen Schwerpunkt in ihrer Arbeit als Ölf. Außerdem kann er sich ganz anders Zeit nehmen als jemand, der alles rund um seinen Unterricht im Auge haben muss und noch viele Baustellen nebenbei habe. „Da kann ich noch mal einen anderen Zugang bieten. Ich gebe halt keine Noten.“

Rad fährt er übrigens immer noch gerne. Beispielsweise in den Urlaub. Die längste Tour ging mit Gepäck bis nach Ostfriesland. „Auch da ist ein Stück weit der Weg das Ziel.“ Aktiv ist er in vielerlei Hinsicht, war eine Zeitlang Vorsitzender vom Jazzclub. Auch der Naturschutzverein Koslar liegt ihm sehr am Herzen.

Zudem ist er zuweilen auf der Bühne zu finden. Dort spielt er die Bassgitarre. Angefangen hat er als Gitarrist bei der Band „Another World“. „Scheinbar spielen in meinem Leben Zeitungsannoncen eine große Rolle.“ Ein Jülicher Student setzte einen kleinen Artikel in die Zeitung. Er wolle eine Band gründen und sucht einen Bassisten. Da habe Ölf in angerufen, ob er nicht einen zweiten Gitarristen brauchen könnte. Brauchte er nicht. Also lieh sich Ölf einen Bass aus, fuhr hin und blieb letztlich daran hängen.

Dies war 1985 bei den „Prophets of Doom“. Danach folgten „Talking for Hours“ und „6 aus 49“, die er beide mitgründete. Von 1993 bis 2016 war er mehr als zwei Mal ölf Jahre lang bei letzterer Formation. Derzeit spielt er bei der WEB Liveband, gerade erst mit Weihnachtsprogramm auf dem Jülicher Kirchplatz. „Schon als kleiner Junge fand ich es super, wenn da irgendwelche Leute unter bunten Lampen mit Gitarren um den Hals im Fernsehen zu sehen waren. Das wollte ich auch haben, wollte ich machen“, meint Ölf.


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