Start featured Vom Belag und Belägen

Vom Belag und Belägen

346
0
TEILEN
Illustration: Zara Schmittgall
Illustration: Zara Schmittgall
- Anzeige -

„Das ist aber ein dicker Belag!“ Je nachdem, in welchem Zusammenhang ein derartiger Ausspruch zu hören ist, können die damit verbundenen Empfindungen gänzlich unterschiedlich sein. Bei einer leckeren Pizza läuft bereits in freudiger Erwartung das Wasser im Munde zusammen. Nun gut: Das passiert auf dem Zahnarztstuhl natürlich auch. Allerdings aus einem völlig anderen Grund.

Andererseits ist ein fehlender Belag dort bereits ein inniger Anlass zum vorsichtigen Jubeln, während sich nach der Lieferung des italienischen Flachbrotes schon reichlich Grund für ein enttäuschtes Gesicht bietet. Dafür gibt es reichlich Belege.

- Anzeige -

Nun ist ein Belag zwar ein Beleg dafür, dass etwas vollzogen worden ist, so als fertiges Produkt, aber ein Beleg kann es auch für etwas geben, dass eben noch überhaupt nichts getan ist.

Beim Belag wiederum reicht es in manchen Fällen bereits, dass er überhaupt vorhanden ist. Da kann der Automechaniker ein Lied von singen, wenn er sich die Scheibenbremsen anschaut, bei denen dann nicht nur die Beläge, sondern auch die Bremsen selbst erneuert werden müssen. Wie das Lied geht? Natürlich: „Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld? Wer hat so viel Pinke-Pinke…“

Dabei kann die Quantität genauso entscheidend sein wie die Qualität. Es hängt auch von dem Betrachter ab. Oder vom Nutznießer. Bei der Pizza unterscheidet dies den Gourmet von einem Gourmand. Ersteres ist ein Feinschmecker oder eine Feinschmeckerin. Feinschmeckende? Nein, das sind wohl Einlagen in der Suppe von Kannibalen. So als eine Art Delikatessenwurst als Belag für deren Frühstücksbrot.

Jedenfalls ist ein Gourmet eine Person mit dem Gaumen für etwas Delikates oder sogar das ganz Besondere. Letzterer ist eine Naschkatze, ein Schlemmer, jemand, der gierig ist. Hauptsache viel. Aber bereits am Spinat scheiden sich die Geister. Während die einen davon schwärmen und kaum etwas anderes als Pizzabelag (mit viel Knofi!) zulassen, ist das für andere einfach nur bäh-bäh. Brokkoli? Jeh misch bloß fott domit!

Rucola, Parmaschinken und je nach Gusto frisch geriebener Parmesan galt ebenfalls einst als Spitzen-Spezialität. Dies dürfte in Zeiten gehobener Veganer-Mentalität allerdings den faden Beigeschmack eines Zankapfels in sich tragen. Vom Schinken ganz zu schweigen. Es gibt also auch einen falschen Belag.

Wenn die Qualität und die Quantität bemängelt wird, ist es wirklich Zeit zum Handeln. So sieht es derzeit mit den Straßen in Jülich und um Jülich und um Jülich herum aus. An etlichen Stellen ist die Bevölkerung von der jenseitigen Gegend getrennt. Fast unerreichbar erscheint sie. Es sei denn, man selbst ist Fußgänger, Rad- oder Mopedfahrer und mogelt sich so durch.

So ähnlich muss es bei den Belagerungen in alten Zeiten gewesen sein. Beispielsweise im 17. Jahrhundert beim Spanisch-Niederländischen Krieg, der gerade mit der Ausstellung „Weltreich und Provinz. Die Spanier am Niederrhein 1560-1660“ im Pulvermagazin des Museums Zitadelle thematisiert wird. Guido von Büren oder Marcell Perse können bestimmt allerlei Wissenswertes, unglaublich Erstaunliches und Schmunzeln erregende Schmonzetten dazu zum Besten geben.

Damals dürfte sich die Bevölkerung unter „Belag“ noch reichlich andere Dinge vorgestellt haben. Zum Beispiel Pflastersteine. Ob die damals auch einfach aus der Straße herausgerissen und als Wurfmaterial benutzt wurden wie Anno 1968?

Reihenweise wurden die Pflastersteine geworfen, und zwar weg. So in den Nachkriegsjahren während der Wirtschaftswunderzeit, als nicht nur der Rubel, sondern vielmehr die feste Deutsche Mark rollen musste.

Und das nicht allein symbolisch. Wenn der Verkehr sich bewegt, dann bewegt sich auch der Geldmarkt. Das bedeutet erstens, dass die Menschen genug Vermögen haben, um sich die nötigen Fortbewegungsmittel samt zugehörigen Kraftstoff zu kaufen. Zweitens bringen größere Fahrzeuge Gegenstände jeglicher Preishöhe, um den finanziellen Gegenwert fortlaufend in Umlauf zu bringen und zu halten.

Doch zuweilen ist es nicht damit getan, den Belag einfach herunterzubekommen. Manchmal muss auch ein neuer wieder drauf. Dies gilt für die richtige Bereifung genauso wie für das erdige Gegenstück. Und das kann hier wie da den Unmut der Menschen erregen. Sorgt die mangelnde Profiltiefe bei den Gesetzeshütern hier und da für den Drang, einen Zettel auszufüllen, um ein bestimmtes Sümmchen einzufordern, stößt es andererseits von Seiten des Erdbodens häufig bei aufgebrachten Zeitgenossen auf reichlich Ungeduld.

„Der müsste doch dringend erneuert werden.“ Löcher werden gesucht und fehlende Steine markiert und dokumentiert, weil die Obrigkeit doch tätig werden müsse. Unfallgefahr inklusive. Die Medien begleiten den Status zusätzlich immens kritisch.

Ein neuer Belag muss her! Und kommt es dann zu Abtragen und Beseitigung des alten Belags, kann das schon einmal dauern. Und dauern. Und dauern. Eine schiere Ewigkeit.

Dann kreisen sich die Gedanken nur darum, wann endlich nicht mehr durch das halbe Jülicher Land gekreist werden muss, um den geschlossenen Kreisel zu umkreisen. Weil der von Straßen-NRW und diversen Gewerken in Beschlag genommen wurde, um den Belag und alles übrige zu erneuern.

1560 bis 1660? Einhundert Jahre? Ein Pappenstiel!

Was ist denn Ihr Lieblingsbelag? Sand? Das war zumindest der von Björn Borg. Nein, kein Gegner von Captain Picard. Eher von John McEnroe und Jimmy Connors. Boris Becker lag da wohl der Rasen näher. Am liebsten der in seinem Wohnzimmer. Genau: Wimbledon.

So ist das eben. Auf dem richtigen Belag lassen sich Höchstleistungen erreichen. Jeder sollte für sich herausfinden, welches denn überhaupt der passende Belag dazu ist.

Darf’s auch etwas mehr sein? Hauptsache ist, dass er da ist. Der Belag. Pünktlich zum 1. September. In Ihrem Briefkasten, oder wo auch immer Sie ihn entgegennehmen. Denn sonst könnten Sie ihn auch gerade nicht lesen. Gemeint ist natürlich die aktuelle HERZOG-Ausgabe mit dem Titel „Belag“.

Übrigens: Jeder HERZOG hat sein eigenes Thema. Und etliche Artikel sind daraufhin zugeschnitten. Achten Sie einfach einmal darauf. Ach, dass wussten Sie bereits und freuen sich womöglich jeden Monat darauf? Wunderbar.

Dann hat das Magazin ja den richtigen Belag, sprich die nötigen Inhalte für alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Und bildet nicht nur eine griffbereite Verpackung für Pommes und Currywurst. So als Durchpaushilfe für einen fettigen Belag. In diesem wie auch jenem Fall wünsche ich: Wohl bekomm’s!


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here