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AHA – Auszeit im Lockdown!?

Wie haben Sie die letzten Wochen des Lock- bzw. Shutdowns erlebt? Hat Sie nicht auch zumindest zu Beginn der pandemischen Freiheitsbeschränkungen eine seltsame Gefühlsmischung von einerseits großer Unsicherheit, ja vielleicht sogar Furcht, andererseits aber auch einer inneren Harmonie der Entschleunigung und Besinnung aufs Wesentliche erfüllt?

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Bedeutete der mit dem Lockdown staatlich verordnete Rückzug ins Private für Sie nicht auch zumindest zeitweise eine willkommene Auszeit fernab von Alltagshektik, Leistungsdruck und Gewinnstreben?

Ist es nicht so, dass diese Pandemie regelrecht ein Brennglas auf die stets unergründliche Ambivalenz unseres irdischen Lebens zwischen Gut und Böse, so auch zwischen Verurteilung des menschlichen Lebens zur Endlichkeit einerseits und Hoffnung auf Heilung, Rettung und göttliche Ewigkeit andererseits hält?

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Diese Zwiespältigkeit in unserem Lebenslauf bricht nach allen bisherigen historischen Erfahrungen in derart eklatanten Bedrohungslagen wie im Krieg oder bei Epidemie mit voller Wucht aus.

Und dann sind wir es selbst, die wir in unserer Eigenverantwortung und unserer Fähigkeit zur Selbstdisziplin und Solidarität, aber auch in unserem Vertrauen zu den Regierenden im Höchstmaß gefordert sind.

Und genau das haben wir Deutsche bislang in einer unglaublich vorbildlichen und weltweit anerkannten Weise geschafft!
Weit über 80 Prozent der Deutschen stehen fest hinter den Beschlüssen der Bundes- und Landesregierungen zu den Beschränkungen im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, schulischen, kulturell-sportlichen und vor allem privaten Leben.

Die gewiss zunächst von den Deutschen als Super-GAU wahrgenommene Corona-Krise wirkt offenbar gleichermaßen als äußerst aktiver Katalysator für eine rasante innere Einheitsentwicklung in unserem Land, das sich zuvor politisch zunehmend zerrissen zeigte.

Diese faszinierende Bipolarität der Krise hat so manche vorherigen Schlagzeilen blasser werden lassen.

So zeigen sich vormalige Dauerbrenner in der öffentlichen Diskussion wie der fortschreitende Rechtspopulismus oder die Bedrohungen durch den Klimawandel als zumindest relativiert bzw. differenziert.

Wir Deutsche diskutieren dafür mehr denn je und in weiter Spannbreite unserer Gesellschaft sowie höchst anspruchsvoll über die hochgradige Schutzfunktion unserer grundgesetzlich garantierten Grundrechte, die Konkurrenz unter diesen Grundrechten sowie die mögliche Vorrangigkeit des in Art. 2 Abs. 2 unseres Grundgesetzes (GG) verankerten Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit und der daraus resultierenden staatlichen Pflicht, sich schützend vor das Leben zu stellen sowie Beeinträchtigungen der Gesundheit abzuwenden.

Und wir Deutsche tolerieren zur Wahrung des Lebens- und Gesundheitsschutzes vor allem besonderer Risikogruppen von betroffenen Menschen die – wohlgemerkt gemäß der Ermächtigungsgrundlage in § 28 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) befristete – Einschränkung anderer Grundrechte wie u.a. unser Recht auf die freie Entfaltung unserer Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), unser Recht auf die Ausübung der Religionsfreiheit (Art. 4 GG), unser Recht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) oder unser Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG).
Nur eine eigenartige Mixtur weniger Querdenker, Verschwörungstheoretiker, Rechts- und Linkspopulisten und Impfgegner wenden sich mit lauter Stimme gegen die verordneten Schutzmaßnahmen.

Aber lautes Geschrei und zu Markte getragene Ignoranz können dem unter uns Deutschen mit übergroßer Mehrheit eingesetzten gesunden Menschenverstand nichts anhaben.

Wer sich als vermeintlich ehrenwerter „Widerstandskämpfer“ gegen mit Freiheitsverlusten einhergehende „übertriebene“ Corona-Politik geriert und als Protestler ohne Rücksicht auf Abstandsregeln und ohne Mundschutz auf die Straße geht, der demonstriert in Wahrheit nicht für die Einhaltung der Grundrechte, sondern demonstriert eine gefährliche Ego-Verantwortung, nämliche eine Freiheit ohne Maß, ohne Solidarverantwortung, ohne Folgenabschätzung, ohne Staatsbürgerlichkeit, schlicht ohne Verstand.

Natürlich ist der Corona-Ausnahmezustand ein Stresstest für unseren Rechtsstaat und seiner unantastbaren Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative.

Aber diesen Stresstest haben wir mit Bravour bestanden!

Denn die in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Rechtsschutz und -Rechtsweggarantie, sich z.B. gegen staatliche Verordnungen zur Wehr zu setzen, ist jedem Bürger auch und gerade in Corona-Zeiten unangefochten garantiert.

Die meisten Gerichte bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht haben bislang die mit Augenmaß und Verantwortung auf den Weg gebrachten Corona-Regierungsbeschlüsse in grundrechtlicher Abwägung und ausdrücklich als befristete Maßnahmen bestätigt.

Jetzt heißt es prioritär, im Zuge des erfolgreichen Krisenmanagements im Kampf gegen den Corona-Virus der wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns Herr zu werden.

Einige Ausrufungszeichen sind hierbei bereits von den politisch Verantwortlichen gesetzt worden.

Jedenfalls sollte bei all den noch anstehenden Herausforderungen in den anhaltenden Corona-Zeiten der bislang gezeigte, überwiegend als einheitlich und geschlossen gezeigte politische Wille und die vorzügliche Entschlusskraft von Regierung und Opposition in den Parlamenten von Bund und Ländern die Oberhand behalten.

Der Bundesgesundheitsminister legt uns aktuell einen instruktiven AHA-Auftrag ans Herz, und zwar buchstäblich mit

A für Abstandshaltung
H für Hygiene und
A für Atemschutzmaske.

Diese Basics werden uns noch lange im täglichen Leben der Pandemie begleiten, aber sie sind nun wahrlich zu ertragen, um die Gesundheit und das Leben zu schützen!

Kennen Sie ihn nicht zudem, diesen anderen AHA-Effekt, den uns der Corona-Ticker täglich vermittelt?

Lernen wir nicht jeden Tag etwas zu Virologie, Epidemiologie, zu Infektionsketten, Risikogruppen, Reproduktionszahlen, zu staatlichen Soforthilfen oder Exit-Strategien dazu!?

Was für spannende und aufwühlende Zeiten in der gelebten Ambivalenz zwischen Auszeit durch Entschleunigung und Neustart aus dem Lockdown, Bangen und Hoffen, Gesundheit und Freiheit, Leben und Tod, Krisenzeiten, aus denen wir durchaus gestärkt, nämlich ausgestattet mit mehr Achtsamkeit für wesentliche Werte wie Verantwortung, Solidarität und Rücksichtnahme hervorgehen können.

AHA, lasst uns alle achtsam sein, um gesund zu bleiben!


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