Start Nachrichten Politik „Periodenarmut“ ja – „Geschlechtsverkehrsarmut“ nein

„Periodenarmut“ ja – „Geschlechtsverkehrsarmut“ nein

Tampons und Binden könnten künftig kostenfrei unter anderem in Jülicher Schulen und öffentlichen Einrichtungen erhältlich sein.

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Foto: SouthernSun | pixabay
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„Periodenarmut“, dieses etwas sperrige Wort, weist international auf ein sozial tabuisiertes Phänomen hin: Mädchen und Frauen fehlt bei gestiegenen Lebenshaltungskosten Hygieneartikel einkaufen zu können. Die Fraktionen von Bündnis 90/die Grünen und der SPD forderten deshalb mit einem Antrag im Ausschuss für Jugend Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport, Abhilfe zu schaffen: Tampons und Binden sollen in kommunalen Gebäuden, und natürlich besonders in allen städtischen Schulen, künftig kostenfrei in Spendern bereitgestellt werden. Gleichzeitig möchten beide Fraktionen das Thema „Monatsblutung“ aus der Tabuzone holen und öffentlich darüber sprechen, auch weil Bilder zum Thema in den sozialen Medien immer wieder zensiert würden, wie es im Antragstext kritisiert wird.

Vorreiter mit diesem Angebot sei die Stadt Hamm, erläuterte Marita Boslar von Bündnis 90/Die Grünen. Diese sei seit März 2021 als erste Kommune in NRW, die solche Menstruationsartikel öffentlich zur Verfügung stelle und 20.000 € jährlich für diese Maßnahme zahle. Im einwohnermäßig kleineren Jülich seien die Kosten offensichtlich geringer, so heißt es auch in der Pressemitteilung von Bündnis90/Die Grünen zum Thema. Auch der Kreis Düren hatte Anfang November einstimmig beschlossen, in den kreiseigenen Schulen entsprechende Spender mit Tampons und Binden in den Toiletten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ob sich dies bewährt oder zu stark verstopfte Toiletten ein Problem werden, zeige dann wohl die Testphase von einem Jahr. Die anwesenden Mitglieder aller Fraktionen standen dem Thema positiv und aufgeschlossen gegenüber. Der frisch gebackene Sozialdezernent Thomas Mühlheims wusste zu berichten, dass in der Stadtbücherei bereits solche Menstruationsartikel verfügbar seien. Ob mehr kommunale Einrichtungen folgen, wird im Zuge des Antrages zu prüfen sein, denn dieser wurde einstimmig der Verwaltung zur Prüfung eingereicht.

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Kontrovers diskutiert wurde zuvor, ob auch gleichzeitig Kondome kostenfrei mit abgegeben werden sollten – ein entsprechender Vorschlag kam von Hendrick Vollrath, Sachkundiger Bürger der JÜL Partei. Dazu gab es jedoch direkten Wiederspruch einiger Ausschussmitglieder. Bürgermeister Axel Fuchs kommentierte nicht ohne Schärfe, dass er zumindest vom Begriff der „Geschlechtsverkehrsarmut“ in Abgrenzung zur „Periodenarmut“ noch nichts gehört habe. Das Thema könnte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal gesondert eingebracht werden, so der Tenor im Ausschuss.

Hintergrund: Frauen und Mädchen ab einem gewissen Alter kennen das: Die monatliche Regelblutung kommt manchmal unerwartet. Dann jemand anderen zu bitten, mit Tampons oder Binden auszuhelfen ist insbesondere jungen Mädchen oft peinlich, denn das Thema ist noch immer mit Scham behaftet. Auch kann sich längst nicht jede Frau und jedes Mädchen diese Produkte leisten, insbesondere angesichts steigender Lebenshaltungskosten. Die Fraktionen von Bündnis 90/die Grünen und der SPD forderten deshalb mit einem Antrag im Ausschuss für Jugend Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport, Abhilfe zu schaffen: Tampons und Binden sollen in kommunalen Gebäuden, und natürlich besonders in allen städtischen Schulen, künftig kostenfrei in Spendern bereitgestellt werden.

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Sonja Neukirchen
M.A. Politikwiss./Soziologie (Uni Bonn 1998), Mitglied im Deutschen Fachjournalistenverband DFJV. Geborene Jülicherin, bekennende Rheinländerin. Versucht das Leben deshalb nicht zu ernst zu nehmen. Schreibt gerne von Menschen, Macht und Mäusen.

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