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Offener Brief „Braunkohlen-Moratorium“

An die Vorsitzenden und Mitglieder der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ sowie die Ministerpräsidenten der Länder Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben Betroffenen, Initiativen und Verbänden aus dem Rheinischen Braunkohlen-Revier im Vorfeld der nächsten Sitzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ am 23. August einen offenen Brief verfasst.

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Foto: Hubert Perschke
Ausstellung „Ruhe, aber nicht in Frieden“ Foto: Hubert Perschke
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Sie wenden sich „mit dem dringenden Appell an Sie, sich für ein ,Braunkohlen- Moratorium‘ bis zu den durch die Bundesregierung auf Basis der Vorschläge der Kommission festgelegten Rahmenbedingungen für den Kohleausstieg einzusetzen und diesen zur Bedingung der weiteren Arbeit der Kommission zu machen.“

Im Folgenden heißt es:
„Aufgaben und Zeitplan für die Kommission sind klar definiert. Dazu gehört auch, vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums und der notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen, renaturierungs- und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen festzulegen. Das Ergebnis der Kommissions-Arbeit ist derzeit noch nicht absehbar. Auch kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vorweggenommen werden, welche politischen Entscheidungen von der Bundesregierung wann getroffen werden.

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Was uns große Sorge macht, ist, dass unserer Wahrnehmung nach aktuell die Bergbautreibende im Rheinland die derzeit bestehende Situation eines noch nicht definierten Zeitplanes des Kohleausstiegs ausnutzt, um beschleunigt und ohne energiepolitische Erfordernis unumkehrbare Fakten zu schaffen. Das aber stellt die Arbeit der Kommission massiv infrage.

Zudem führt dieses Vorgehen zu nicht hinnehmbaren, irreversiblen Folgen in der Region.
Während die Kommission tagt, werden Tag für Tag die Maßnahmen zur Devastierung ganzer Dörfer fortgesetzt, Kulturdenkmäler und Kirchen abgerissen und schützenswerte Natur für die Gewinnung der Braunkohle zerstört.

Dies führt nicht zuletzt zu massiven persönlichen, psychischen und wirtschaftlichen Belastungen von Menschen, die aus ihrem Zuhause, ihrer Heimat vertrieben werden. Für Landwirte, deren Flächen verloren gehen, ist die Situation existenzbedrohend.

Auch drohen aus unserer Sicht bei dem von der RWE Power AG geplanten Beginn von Rodungsarbeiten im Hambacher Wald ohne Not eine Eskalation der Situation und damit eine massive Störung des sozialen Friedens. Es wird kaum zu vermitteln sein, dass in Berlin eine Kommission den Zeitplan für den Kohleausstieg neu justiert, während zeitgleich mit dem Hambacher Wald ein Symbol für eine Zukunft ohne Braunkohle zerstört wird.

Dies wiegt umso schwerer, als nach unserem Kenntnisstand RWE trotz des geforderten Moratoriums problemlos die Tagebaue Hambach und Garzweiler über einen Zeitraum von einigen Jahren weiter auskohlen könnte, ohne weitere Rodungen oder Umsiedlungsmaßnahmen in noch weitgehend intakten Dörfern vorzunehmen.

Nicht hinnehmbar wäre auch eine mögliche RWE-Strategie, weitere Flächen für den Tagebau vorzubereiten, um damit im Falle der klimaschutzpolitisch erforderlichen Nicht-Inanspruchnahme höhere Entschädigungen einzufordern.
Im Einzelnen beinhaltet unsere Forderung nach einem Braunkohlen-Moratorium die folgenden Punkte:
• Aussetzung aller rodungsvorbereitenden Maßnahmen sowie Fäll- und Rodungsstopp im Hambacher Wald;
• Keine Zwangsenteignungen und das Ruhen laufender Zwangsenteignungs- verfahren auf Wunsch der betroffenen Grundstücksbesitzer und Landwirte;
• Unterbrechung von nicht gewollten Umsiedlungsverfahren in Keyenberg, Kuckum, Unterwestrich, Oberwestrich, Berverath, Manheim und Morschenich (für alle, die von der Umsiedlung betroffen sind und das Verfahren auszusetzen wünschen);
• Aussetzen der für die Umsiedlungsbetroffenen belastenden Bergbauvorberei- tungsarbeiten in den und um die betroffenen Gemeinden;
• Stopp der geplanten Abrissaktivitäten von Kirchen und Denkmälern in Manheim, Morschenich, Keyenberg, Kuckum, Unterwestrich, Oberwestrich, Berverath;
• Bewahrung der A 61 (bei Autobahnkreuz Jackerath, Garzweiler);
• Keine Zulassung des RWE-Antrags für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Braunkohlenkraftwerks BoAplus in Bergheim-Niederaußem;
• Verantwortungsvolle, neutrale Haltung von politischen Amtsträgern, Bundes-, Landes- und Bezirksregierungen in Bezug auf bergbauliche Maßnahmen.

Wir, die unterzeichnenden Tagebaubetroffenen, Initiativen und Verbände, sind davon überzeugt, dass ein solches Moratorium ein unabdingbarer Beitrag wäre, um einen gesamtgesellschaftlichen Konsens im Hinblick auf den Kohleausstieg zu erzielen. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zur Wahrung des sozialen Friedens geleistet werden.

Deshalb bitten wir Sie, sich im Sinne eines solchen Moratoriums einzusetzen. Ihrer Antwort sehen wir erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen,
gezeichnet
Andreas Büttgen Dirk Jansen
Initiative Buirer für Buir BUND NRW e.V.
Norbert Winzen
Tagebaubetroffener
Mitunterzeichner:
• Aktionsbündnis Stommelner Bürger “Leben ohne Braunkohle” (LoB)
• Big BEN e.V. (Bürgerinitiative gegen BoA-Erweiterung in Niederaußem)
• Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband NRW e.V. (BUND NRW)
• Das Gelbe Band
• Dorfinteressengemeinschaft Wanlo
• Evangelische Gemeinde zu Düren
• Evangelischer Kirchenkreis Jülich
• Initiative Bergbaugeschädigter 50189
• Initiative Buirer für Buir
• Katholikenrat Region Düren
• Klimabündnis Niederrhein
• KlimaTisch Erkelenz e.V.
• Naturschutzbund Deutschland Landesverband NRW e.V. (NABU NRW)
• NABU Kreisverband Düren
• Netzwerk Bergbaugeschädigter im Rheinischen Revier
• Perspektive für Holzweiler


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