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S-Bahn-Anschluss für Jülich?

„Durchbruch für die Revierbahn!“ titelte eine begeisterte Landtagsabgeordnete Patricia Peill am Mittwochmorgen. In der Nacht, so bestätigte sie auf Nachfrage, war endlich das Ergebnis erreicht, für das sie sich so sehr eingesetzt habe: Das Nahverkehrsprojekt „S-Bahn-Anschluss im Rheinischen Revier“ war als wichtiger Punkt in die Projektliste des Strukturstärkungsgesetzes aufgenommen worden. Praktisch in letzter Minute, um noch in die Änderungsanträge des Strukturstärkungsgesetzes im Bundeskabinett in Berlin eingebracht zu werden, war das Ziel erreicht.

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Eine neue Perspektive für den Bahnhof Jülich. Foto: Dorothée Schenk
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Jülich hat mit der Aufnahme des Projektes Revier-S-Bahn ins Strukturstärkungsgesetz die Chance, wieder unmittelbar ans Schienennetz in Richtung Aachen, Köln und Düsseldorf angeschlossen zu werden. Auf der groben Skizze (siehe unten) ist die Herzogstadt eine Haltestelle im Rheinischen Revier zwischen Aachen und Bedburg, wo der Umstieg in Richtung Köln erfolgen könnte. Einschränkend meinte Landtagsabgeordnete Patricia Peill, dass noch nicht festgelegt sei, auf welchen Bahnhöfen tatsächlich die „Revierbahn“ halten werden wird. Erst einmal steht hörbar die Erleichterung im Vordergrund, dass der Coup gelungen ist.

In einem Brandbrief auf Initiative von Peill wurde die Dringlichkeit des Unternehmens offenbar überzeugend deutlich gemacht. Im Schulterschluss zeigten sich die Bürgermeister des Kreises Düren – zu denen natürlich auch Jülichs Bürgermeister Axel Fuchs gehörte – und der vom Tagebau betroffenen Kommunen, Landrat Wolfgang Spelthahn. Unterstützung erhielten sie zusätzlich durch Verkehrsminister Henrik Wüst, der eigens in Berlin vorstellig geworden ist, um für das Mobilitätskonzept zu werben. „Jeder auf seinem Posten hat sich so lange eingesetzt, bis es auf der Liste stand“, sagte Abgeordnete Peill und ergänzt: „Es lohnt sich, gemeinsam für ein gutes Projekt zu kämpfen und als Kommunen und Kreise im Rheinischen Revier mit einer Stimme zu sprechen; dann kann man sich auch gegenüber den anderen Kohleländern behaupten.“

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Im Mai gab es noch große Zweifel an der Umsetzbarkeit. Der Grund: Vom Nahverkehr Rheinland (NVR) und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) lagen keine Machbarkeitsstudien für die begehrte Schienenverbindung vor, die wesentliches Kriterium für die Aufnahme in das Strukturstärkungsgesetz waren. Zügig wurde der Förderantrag für eine Machbarkeitsstudie gestellt – deren Umsetzung hätte aber nicht fristgerecht gelingen können. Aus Berlin spielte Dietmar Nietan als Bundestagsabgeordneter den Ball ins Feld der Landesregierung NRW, wohlwissend, so Peill, dass die Länder keine Entscheidungsbefugnis bei Bundesgesetzen haben. Nietan hatte Mitte Mai Ministerpräsident Laschet zum Handeln aufgefordert und kritisiert: „Keine Bundesregierung wird sich für ein Verkehrsprojekt einsetzen, für das die Landesregierung kein Interesse zeigt.“ Die Berliner Hausaufgaben, nämlich das Projekt S -Bahn fürs Rheinische Revier ins Bundesgesetz einzubringen, sind jetzt in Düsseldorf und im Rheinischen Revier erledigt worden. Für das gute Zusammenspiel dankte Patricia Peill den Kreis Dürener Bundestagsabgeordneten Thomas Rachel und Dietmar Nietan. Das „Teamplay“ habe letztlich den Erfolg in Berlin ausgemacht. „Ein gut ausgebautes und attraktives Schienennahverkehrsangebot ist wesentliche Grundlage für die Mobilität im Rheinischen Revier und damit auch für die erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels in der Region.“

Landtagsabgeordnete freuen sich über den Erfolg: Patricia Peill, Heike Troles und Romina Plonska. Foto: PPP

Möglich wurde die nachträgliche Einbringung des Projektes durch eine überraschende Entscheidung in Berlin: Die Machbarkeitsstudie als Voraussetzung entfiel und so konnte in einem Kraftakt am vergangenen Wochenende noch vor der Bundesrats-Entscheidung das Projekt auf den Weg gebracht werden. Auf die Frage, wann es zur Umsetzung kommt, also die ersten Züge ins Rollen kommen, musste Peill die Antwort schuldig bleiben. Wie alle Strukturstärkungsprojekte müsse auch die „Revierbahn“ das normale Planungsverfahren durchlaufen – wenn auch mit oberster Priorität versehen.

Kommt die Umsetzung würde Jülich an die „guten Zeiten“ vor den 1980er Jahren anknüpfen, ehe die Verbindungen weitgehend abgebaut worden waren. Ein wichtiger Faktor für die Strukturentwicklung im endenden Braunkohleabbau, Argumentationsgrundlage für die Einwohnergewinnung – Stichwort Wachstumsinitiative – und Vernetzung im besten Sinne.

Erfreut nimmt die Jülicher Politik diese Entwicklung auf. Die SPD Fraktion, so Fraktionsvorsitzender Harald Garding, habe die Aufnahme der Revierbahn in das Strukturstärkungsgesetz bereits im Dezember 2019 mit einer Resolution im Jülicher Stadtrat gefordert. „Wir freuen uns, daß sich der Einsatz auf allen politischen Ebenen gelohnt hat und dieses für die Entwicklung Jülichs wichtige Projekt weiter eine Chance hat.“ Dieser Meinung sind auch Bündnis 90/ Die Grünen, für die Emily Willkomm-Laufs ihre Zustimmung zum Ausdruck bringt. „Die Grünen wären über eine solche Anbindung für Jülich im Zusammenhang mit dem Strukturwandel und dem Klimaschutz begeistert und hoffen auf eine zügige Realisierung zum Wohle aller Menschen in der Region.“ Heinz Frey (JÜL) betonte, dass die Unabhängige Wählergemeinschaft bereits seit ihrer Gründung 2002 die Schienenanbindung nach Aachen und Düsseldorf gefordert habe. „Dass nun über Bedburg auch Köln direkt erreicht werden kann, unterstützt unsere Forderung, Jülich als Bahnkreuz auszubauen. Jetzt muss es nur noch ,zügig‘ umgesetzt werden!“ „Eine bessere Anbindung ist für Jülich als Wohn- und Arbeitsstandort ein ,Muss‘“, begrüßte Wolfgang Steufmehl, Fraktionsvorsitzender der FDP, die Pläne. Die gleiche Überzeugung vertritt die CDU, die eine Erleichterung für Pendler sieht. Für Partei-Pressesprecher Jens Hoevelmann gehört der „S-Bahn-Anschluss zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten für Jülich. Der erste Schritt ist getan, jetzt müssen wir mit den Partnern in der Region an der konkreten Umsetzung arbeiten.“

Eine direkte Anbindung zur Kultur wäre ebenfalls gewährleistet, freut sich Cornel Cremer, Geschäftsführer des Kulturbahnhofs über die Entwicklung. Die bedeutendste Kleinkunst-, Musik- und Theaterbühne der Stadt hätte die Möglichkeit, neue Potentiale auszuschöpfen und auch Gäste aus den Nachbarkommunen zu gewinnen. Das soziokulturelle Zentrum war in den alten Bahnhof eingezogen, nachdem dieser in den 1990er Jahren der Bedeutungslosigkeit anheim gestellt worden war. Jetzt könnten sich hier wieder neue Synergien ergeben.

Noch mehr auf die Schiene gebracht

Erfreulich findet Nietan auch, dass der dreigleisige Ausbau der Strecke von Köln über Düren nach Aachen sogar in das so genannte Maßnahmenvorbereitungsgesetz aufgenommen werden soll. Damit sei eine erhebliche Beschleunigung des Ausbaus verbunden. Die Strecke Köln-Aachen als Bestandteil des Transeuropäischen Korridors „Rhine-Alpine“ leide unter den Kapazitätsengpässen insbesondere zwischen Aachen und Düren. „Dieser Engpass soll nun beseitigt werden. Das ist für eine nachhaltige strukturpolitische Weiterentwicklung des Wirtschaftsraum der Städteregion und des Kreises Düren von großer Bedeutung“, informiert Dietmar Nietan.

Über das Gesetzgebungsverfahren zum Kohleausstieg und zur Strukturstärkung wird der Bundestag nächste Woche Freitag abschließend entscheiden, ließ Dietmar Nietan wissen. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Vereinbarungen mit Braunkohleländern und Steinkohleländern bedürfen der zustimmenden Kenntnisnahme des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages, erläuterte Thomas Rachel.


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