Bereits in jungen Jahren hat er sich in der kulturellen Szene der Rurstadt als Gitarrist seiner Band „Smelling Sock“ hervorgetan, deren Name später einfach zu „Socks“ verkürzt wurde. An diese Zeit erinnerte auch Bürgermeister Axel Fuchs bei seiner Laudatio während der Preisverleihung im Großen Saal des Rathauses: „Cornel ist – das darf man ruhig sagen – immer noch in der Seele, also nicht mehr äußerlich, ein Punk. Punks sind ja sehr kreative Menschen, aber irgendwann werden aus Punks natürlich auch gestandene Männer, und wenn ich mich jetzt umschaue in diesem Raum, gibt es hier mindestens zwei Punks, eben der jetzige Geschäftsführer des Kulturbahnhofs und der Bürgermeister.“
So wie der erste Bürger Jülichs hat auch Cornel Cremer nie seine Wurzeln verleugnet, im Gegenteil: „Die ersten zehn Jahre im Vorstand war ich ja noch in der Zeit der Sturm und Drangphase, der Wilde, habe so ein bisschen die Rock‘n‘Roll-Schiene mitgefahren“, erinnert er sich. „Dann war ich auf einmal in der Position Geschäftsführer. Da musste ich natürlich ein bisschen weg von der wilden Phase, um das Ganze auch ein bisschen seriöser anzugehen.“ Schließlich sei er seit diesem Zeitpunkt nicht nur für das Programm, sondern auch für Verwaltung, Finanzen und Marketing zuständig.
Als Nachfolger von Christoph Klemens schätzt er dessen geleistete Arbeit besonders hoch ein: „Christoph hat das ganz toll aufgebaut, der hat die anstrengende und komplizierte Phase des Kulturbahnhofs durchlebt, und ich bin dann eingestiegen, als die anstrengende Phase eigentlich vorbei war, wo man anfangen konnte, aus diesem tollen Haus, aus dem Juwel richtig viel herauszuschöpfen.“ Dabei weiß er auch, seine eigenen Qualitäten und Stärken treffend zu beurteilen: „Ich glaube, weil ich eben auch Jülicher bin, weil ich die Kontakte habe – ich bin Vereinsmeier, ich bin in zig Vereinen, habe überall meine Kontakte – , dass ich ein buntes, vielseitiges Haus daraus gemacht habe, das anerkannt ist von allen möglichen Kreisen.“
Gleichzeitig ist ihm auch bewusst, dass er letztlich ein – wenn auch nicht ganz so kleines – Rädchen im Getriebe der Erfolgsgeschichte ist: „Den Stadtmarketing-Preis bekomme ich als Person, es ist aber eine Team-Geschichte. Unser Vorstand und unsere Mitglieder, unser ehrenamtliches Team, das ja aus zig engagierten Leuten besteht, haben das geschaffen.“ Dies betonte er auch bei seiner Dankesrede, als er den Preis im Großen Saal entgegen nahm. Er sei kein Freund von Reden und gehe ungerne an das Mikrophon, lieber sei er der Mann im Hintergrund, und überhaupt:
„Ich wäre nichts ohne mein Team, ohne Jenny (Lorbach), ohne meine ganzen ehrenamtlichen Mitarbeiter im KuBa. Ohne sie würden wir nicht so ein tolles Programm auf die Beine bringen.“
Seine eigene Position hatte er zuvor im Gespräch mit dem Herzog einzuordnen versucht: „Du brauchst immer einen, der vorne steht, der den Impuls gibt, der ein bisschen den Deckel drauf hält, ein bisschen kontrolliert, ein bisschen managt und verteilt und so etwas.“ Womöglich habe dem KuBa auch der Geschäftsführerwechsel gut getan, „dass da eine neue Person ist. Es ist die Frage, ob ich in drei Jahren jetzt auch sagen muss: Der Bahnhof reicht. Schaun wir mal.“ Eigentlich habe er noch große Lust und noch viel vor, dass er noch länger weitermachen möchte. „Aber neuer Wind ist immer gut.“
Und vor zehn Jahren sei der Kulturbahnhof noch recht jung gewesen, so dass mehr zu verändern gewesen sei als heute. „Ich finde, wir haben heute viel in die richtigen Bahnen gelenkt. Wir sind ein fusionierendes Kulturzentrum. Viel mehr erfinden kann man da nicht, man kann ja nicht jedes Jahr die Kultur neu erfinden.“
So wurde unter anderem die KuBa-Kneipe umstrukturiert. „Vor vielen Jahren gab es an jeder Ecke eine Kneipe, in jedem Dorf, jetzt schließen immer mehr und mehr Gastronomiebetriebe. Damit haben wir natürlich auch zu kämpfen. Wir haben uns Gott-sei-Dank früh genug umorientiert, weg vom reinen Kneipenbetrieb hin zur Veranstaltungsgastronomie.“ Die Anzahl der dortigen Veranstaltungen ist in den letzten Jahren gestiegen und generieren so wichtige Einnahmen über die Gastronomie, die gebraucht werden, um den Laden am Laufen zu halten.
Das Verhalten der Menschen gegenüber Gaststätten habe sich eben verändert, unterstreicht Cornel. Es sei nicht mehr so, dass die Gäste sagten: „Komm wir gehen mal in den Bahnhof auf ein Bierchen oder so. Sondern inzwischen geht man in den Bahnhof zur Veranstaltung und trinkt dabei ein paar Bierchen. Das findet er traurig und schade, weil er selbst auch früher das sehr stark genutzt habe: „Aber wenn es so ist, dann ist es so.“ Jammern helfe da wenig.
So erweist er sich zudem als jemand, der sich von Problemen nicht einschüchtern lässt. Der Erfolg spricht für sich.
„Wir haben über 300 Veranstaltungen im Jahr, das ist echt heftig.“
Einen „ganz ganz großen Batzen“ davon machen die Kinoveranstaltung aus, nämlich etwas weniger als die Hälfte. „Kino ist auch ein ganz wichtiger Baustein in dem System Kulturbahnhof. Das ist inzwischen auch eine finanzielle Basis. Mit den Einnahmen planen und arbeiten wir.“ Zumal städtische Zuschüsse auch immer weniger würden.
Auch hier hat er den von Christoph Klemens bestens gelegten Grundstein weitergeführt. Bereits er konnte mehrfach den Kino-Programmpreis entgegen nehmen. Mittlerweile sind es ein Dutzend Mal in Folge, wovon Cornel reichlich schwärmt: „Im Rahmen dieser stilvollen und sehr tollen Veranstaltung, die meistens in Köln stattfindet, haben wir die Gelegenheit, Stars und Sternchen aus dem Film zu treffen. Vor zwei Jahren habe ich auch mal Bier trinken dürfen mit Jan-Josef Liefers. Im Rahmen so einer Veranstaltung ist es dann echt toll, solche Leute mal zu treffen und mit denen vielleicht mal drei Sätze zu wechseln oder anzustoßen. Diese Veranstaltung ist immer hochkarätig besetzt. Da kommt alles, was in Deutschland Rang und Namen hat im Film- und Fernsehbereich kommen dahin, egal ob es Jürgen Vogel ist oder Mario Adorf oder Iris Berben, Till Schweiger.“ Auch eine Begegnung mit Elyas M‘Barek und Matthias Schweighöfer geben ihm einen Einblick in eine ganz andere Welt, die aber in einigen Bereichen auch Gemeinsamkeiten offenbart.
Mittlerweile ist der Kulturbahnhof Jülich von Kinderkino und Kindertheater für die Kleinsten bis zum Musik-Café Ü60 eine Generationen übergreifende Institution, die „komplett querbeet für alle Arten von Vereinsarbeit, für alle Arten von soziokulturelle Arbeit“ Raum bietet, der auch dankend angenommen wird. Überhaupt ist der Kulturbahnhof für seine Veranstaltungen und Arbeit mittlerweile überregional bekannt und beliebt. Auch wenn er seinen Traum, die Toten Hosen einmal hierher zu holen, vermutlich nie verwirklichen wird, einige Menschen aus dem Umfeld der Band wie Drummer Vom Ritchie, Produzent Jon Caffery und Buchautor Jan Weiler haben ihren Weg bereits in den KuBa gefunden.
Auch fast alle Karneval-Stars haben dort ein Gastspiel hingelegt, von den Bläck Fööss, über Tommy Engel, Kasalla, Cat Ballou waren sie alle da. „Der KuBa hat sich unter den Bands in Köln einen Namen gemacht, das heißt, wir werden angerufen von den Nachwuchsbands, von den neuen Bands. Ganz am Start Querbeat sind auf uns zugekommen, weil sie gehört haben, es muss so toll sein bei uns, dann waren sie auch da und waren auch begeistert, aber wir sind inzwischen auch für die wahrscheinlich zu klein.“ Denn mittlerweile sind sie richtig durchgestartet und verkaufen die Säle in der Domstadt restlos aus, was Cornel bestens versteht. Auch für ihn war deren Konzert eines des Highlights des vergangenen Jahres. „Das war phänomenal.“
Der überzeugte Allround-Netzwerker und Herzblut-Jülicher ist die überhaupt die perfekte Besetzung für seine Stelle. Neben seinen Jobs in diversen Bands und mit Markus Uhlenbruck Produzent des Jülich-Samplers ist er auch im Karneval sehr aktiv. Persönlich groß geworden mit der CCKG, die auch dem KuBa sehr verbunden ist, „das ist ja quasi das Heimathaus“, ist er zudem seit vielen Jahren auch beim Lazarus aktiv. „Das ist mir ein ganz wichtiger Verein, weil es nicht nur ein Karnevals- sondern auch ein historischer Verein ist. Das heißt: Ich bin auch ganz interessiert an der Geschichte unserer Stadt.“ Allein die über 300 Jahre währende Aktivität der Gesellschaft beeindruckt ihn. „Und Lazarus macht mir unheimlich viel Spaß. Der Karnevalsdienstag ist so eine schöne Geschichte mit allen Alten und Jungen, wenn die zusammen Brauchtum pflegen.“
„Man sieht aber auch, wie Jülicher Bürger das positiv aufnehmen. Das macht Mega-Spaß.“
Seit einem Jahr ist er auch ganz aktiv in der KG Ulk von 1902, Jülichs ältester Karnevalsgesellschaft, denn der Lazarus ist wie gesagt keine Karnevals-, sondern eine historische Gesellschaft. „Da bin ich seit vier oder fünf Jahren im kleinen Rat, was mir auch unheimlich viel Spaß macht, bin da auch seit letzten Jahr Geschäftsführer geworden im Verantwortungsbereich, was mir auch sehr sehr viel Spaß macht, das ist eine tolle Truppe.“ Nebenher spielt er Tennis bei Blau-Weiß, ist passiv Fan des 1. FC Köln und Mitglied in diversen Vereinen wie dem Jazzclub.
„Von Anfang an war mir wichtig, als ich im KuBa angefangen habe, Kooperationen einzugehen, mit dem Jazzclub, mit Virginia Lisken, die ihr NoiseLess macht, mit den Theatergruppen, den einzelnen Vereinen, eben mit den Karnevalsvereinen. Jede Jülicher Karnevalsgesellschaft macht bei uns irgendeine Veranstaltung, ob das jetzt der Ulk ist mit „KG Ulk rockt den KuBa“ oder mit der KG Rurblümchen.“ Überhaupt ist er Netzwerker mit Leib und Seele: „Wenn jeder sein Wissen einbringt und seine Kontakte einbringt und seine eigenen Netzwerke noch zusammen mit den anderen Netzwerken, dann hat man ein großes Wollknäuel. Da kann jeder den anderen unterstützen und sein Fachwissen, seine Ideen mit einbringen. Dann ist der Erfolg vorprogrammiert.“
Eine umfassende Ausbildung als Kaufmann für audiovisuelle Medien hat er bei der Kölner Fernseh-Produktionsfirma AZ Media und der Unternehmensberatungsfirma Kienbaum in Gummersbach genossen und kennt sich sowohl in klassischen Reportagen und Dokumentationen als auch der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie dem Controlling aus.
„Bei AZ war ich auch, weil die so vielseitig sind und viele Standorte haben, ich war viel in Berlin, viel in Hamburg, habe da Produktionen vor Ort geleitet. Als ich die Ausbildung beendet hatte, habe ich auch die Produktionsleitung selbst übernommen für Fernsehproduktionen.“
Eigentlich könne man so eine Fernsehproduktion mit einer Veranstaltung vergleichen. „Du musst Genehmigungen einholen, du musst deine Schauspieler, deine Akteure, deine Protagonisten besorgen, bezahlen und abrechnen. Du musst alles planen. Das Gleiche machst du bei einer Veranstaltung auch. Deswegen kann man die Ausbildung eigentlich mit dem vergleichen, was ich heute mache.“ Auch dass er viel mit Personal und anderen Menschen umgehen und alles auch finanziell verwalten muss, denn auch die Verwaltung ist im KuBa ein großer Bereich. Daher habe, als auf einmal im KuBa die Stelle vakant wurde, er sich ganz lange damit beschäftigt: „Sollst Du es machen, sollst Du es nicht machen? Sollst Du Deine Karriereaussichten aufgeben?“
„Da habe ich ein paar Leute um Rat gefragt, die meisten haben mir abgeraten. Aus meinem Familien- und Freundeskreis haben alle gesagt, nee, lass et. Ich habe dann in der Stadt nachgefragt, den alten Bürgermeister gefragt, die haben mir eher zugeraten. Und da habe ich es einfach gemacht“, sagt er und lacht. „Und bis heut bereu ich‘s auch nicht. Und wenn ich heute meine Freunde und meine Familie frage, dann sagen die auch:
„Gut, dass Du nicht auf uns gehört hast.‘“
Er glaube auch, dass es für Jülich und die Kulturarbeit von Nutzen sei, dass Christoph Klemenz dort geblieben ist, zuerst im Brückenkopf und dann bei der Stadt, „denn er kennt das Haus, wir kennen uns total gut, wir machen auch sehr viel zusammen, er weiß, worauf er zurückgreifen kann, ich weiß, was ich an ihm hab, wir tauschen uns auch ganz viel aus. Es gibt eigentlich keine Woche, wo wir nicht telefonieren oder wo wir uns treffen. Das tut der ganzen Sache nur gut.“
„Ich hoffe, um jetzt mal ernst zu werden, dass trotz der schwierigen Haushaltslage in Jülich die Stadt und die Politik auch weiter an uns festhält“, erklärt Cornel. „Es wäre traurig, wenn der Kulturbahnhof irgendwann nicht mehr existieren würde. Das wäre schade. Der KuBa gehört inzwischen zu Jülich, finde ich.“