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2020: Was uns in Wort und Bild bewegt hat

Erst sah es so aus, als würde "die Muschel" das allbeherrschende Thema - dann kam Corona. Schleichend, überraschend und unvorbereitet traf der Virus die Menschen. Erstaunlich, wie einige Monate im Leben von Menschen die Wahrnehmung verändern können und Wörter inflationär in Erscheinung treten. Erstaunlich aber auch, wie viel Fantasie freigesetzt worden ist in neuen Formaten für Feiern bis zur wirtschaftlichen Entdeckerfreude. Was die meisten sicher verblüfft: Es war dennoch fast ein Jahr wie viele andere. Es gab Kultur, Fortschritt, Veröffentlichungen, Willkommenskultur und Abschiede, eine Wahl und Ostern und Weihnachten fielen auch nicht aus.

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Es ist ein historisches Jahr gewesen – historisch auch, weil Europa 75 Jahre Frieden hätte feiern sollen. Stattdessen gab es visuelle Impulse mit der Ausstellung „Überleben“ und stilles Gedenken im November.

Wer weiß noch, wer „Sabine“ war?

Es war gar nicht „Corona“, was uns zuerst Salz in die Feierlaune streute: Es war „Sabine“, das Orkantief mit in der Spitze bis zu 110 Kilometern Windgeschwindigkeit! Als der Virus noch als immer größer werdende Meldung in den Nachrichtenspalten grassierte, wurde im Jülicher Land anfangs noch Karneval gefeiert. Und auch in dieser Zeit war schon die Solidarität der Gesellschaften gefordert: Im Festzelt ging es närrisch zu, bis die dunklen Wolken aufzogen und das Sturmtief das „Aus“ für Sitzungskarneval und viele Umzüge bedeutete. Aber die Jülicher haben noch mal Glück gehabt: “Sabine” fällte hauptsächlich Bäume. Die Schäden waren ansonsten überschaubar und auch die millionenschwere „Muschel“ blieb unversehrt stehen.

Pandemie

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Es war der Monat, in dem der HERZOG seine Ausgabe visionär „maskiert“ getauft hatte. Da war der „Maskenball„, zu dem die Redaktion aufrief, noch Monate entfernt und auch Maskenpflicht noch nicht im Vokabular der Menschen verhaftet. Aber hier wurde der Anfang markiert. „Das absurde Verhalten der Großstädter in Krisensituationen“ könnte man in abgewandelter Form einen Filmtitel zitieren: Im Kreis Heinsberg brach Corona aus und im Jülicher Land brachen die Menschen zu Hamsterkäufen auf. Corona war bald in aller Munde – zuweilen sogar (buch-)stäblich durch die Tests, die reihenweise vorgenommen wurden.

Im März kam der erste Lockdown: In einer ernsten und leidenschaftlichen Rede wandte sich Bürgermeister Axel Fuchs in einer Videobotschaft an die Jülicher. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen. Geschäfte, Gastronomen und Schulen schlossen. Statt Schockstarre zeigten sich die Menschen bald kreativ, propagierten #stayathome und gingen ins Netz: Wörter wie „Ladentür-Geschäfte„, Loyallokal und Lieferservice etablierten sich – bis jetzt. Solidarität war und ist das Gebot der Stunde, das sich bis zur letzen Gutscheinaktion der Werbegemeinschaft weiterträgt. Nicht schönreden lässt sich der wirtschaftliche Verlust der einzelnen Branchen und die Sorge davor, wie es weitergeht. Sie bleibt trotz des Impfstoffes, der ja kurz vor Jahresschluss nach dem Stern über Bethlehem als Hoffnungsstreif am Horizont erschienen ist. Viel Geld floss nach Jülich, um die ärgsten Verluste aufzufangen: Aus dem Kreis an die Kommunen, vom Land NRW – Jülich erhielt über 4,3 Millionen Euro Unterstützung –, an die Wirtschaft durch die so genannte „Novemberhilfe„, die 75 Prozent des jeweiligen durchschnittlichen Umsatzes im November 2019 ausmachte, an das Jülicher Krankenhaus, das unter den „Rettungsschirm“ des Landes NRW kam und fast eine Millionen Euro erhielt, an den Brückenkopf-Zoo und die Vereine. Sie bekamen Geld – und die vielen Helfer Applaus.

Foto: Volker Goebels

Praktisch im 24 Stunden-Dienst waren die Ansprechpartner im Rathaus, Ordnungskräfte und Freiwilligen, die den Einkaufsdienst leisteten, zu dem der Bürgerbus kurzfristig mit Unterstützung umfunktioniert worden war. Der Dank galt aber auch allen Einsatzkräften von Polizei, Krankenhaus, Rettungskräften und Pflegern – den besonders die Brüder Lynch vom Irish Pub würdigten: Sie versorgten – trotz der bekanntermaßen problematischen Lage der Gastronomen – mehrfach die so genannten „First Responder“ und luden sie zum Essen ein – für Selbstabholer, versteht sich. Und auch um die Studenten wurde sich gekümmert. Viele von ihnen fern der Heimat und ohne notwendige Nebeneinkommensmöglichkeit wurden von Jülichern auf Initiative der KSG – Katholische Hochschulgemeinde – mit der Aktion „Pfingsten im Schuhkarton“ versorgt.

Dass „Corona“ auch eine künstlerische Seite hat erfuhren die Leser des HERZOGs im Porträt über Luke Koeppe: Der Jülicher ist eine der Fachkräfte, die an den Reinigungs- und Restaurationsarbeiten unter anderem des Corona-Leopardus-Schreins beteiligt waren. Apropos:

Kultur

Die Feierkultur hatte als erstes Pause. Zuerst wurde alles abgesagt: Angefangen vom Frühlingsfest, Jülich-live über das Stadtfest und Kunsthandwerkerinnen-Markt, Weinfest und schließlich auch der Weihnachtsmarkt. Aber dazwischen sprossen die Ideen: Wenn die Menschen nicht zur Kultur kommen können, so die Frage, wie kann die Kultur zu den Menschen kommen? Die Stadtbücherei sorgte für einen „Türdienst“ und setzte die Onleihe um, das Museum Zitadelle drehte einen ImageFilm und lud den HERZOG inzwischen schon siebenmal zum Besuch im Museum. Außerdem begleitete die Redaktion den Umzug per Film ins Zentrum für Stadtgeschichte.

TonArt ging ins Netz, probte online und präsentierte sich zweimal schon konzertant – zuletzt als Adventsgruß. Die Schlosskonzerte gingen Online. #PoesiegegenCorona startete am Welttag der Poesie, dem 21. März.
Der Kulturbahnhof musste für rund 100 Tage schließen, machte aber mit seinem Veranstaltungs-Technik-Partner DPVB, Daniel von Büren, in der Aktion “night of lights“ auf die Schwierigkeiten der Branche und auch Bedeutung von Kultur aufmerksam – Signalfarbe: Rot! Zu dem Zeitpunkt waren die ersten Streaming-Konzerte auf der KuBa-Bühne in Kooperation mit DPVB und HERZOG gefeiert worden und erreichten ein Publikum, das nicht nur corona-AHA-bedingt den Rahmen gesprengt hätte: Die Sehnsucht der Menschen nach Kultur – den Machern wie Genießern – brach sich Bahn. #LerneninZeitenvonCorona bezog sich nicht nur auf Schule und Studium im weitesten Sinne, sondern auch auf die Feier- und andere Kultur. Der Biergarten wurde als Bühne entdeckt – sowohl an der Rur als auch im Kulturbahnhof. Erstmals lud Thomas Beys im Juni zur Biergarten-Show und landete damit nicht nur bei den 100 Präsenzgästen einen Erfolg, sondern auch auf über 1500 Bildschirmen. Zeitgemäß startete „der Präsident“ zum 4. Advent wieder durch und präsentiert „Die große KuBa Weihnachts-Show“ – diesmal allerdings ohne Präsenzpublikum. Dazwischen gab es im September die „Polittalkshow“ im Vorfeld der Kommunalwahl, denn, so das Motto: Politikverdrossenheit war gestern.

Wahljahr

Die Kommunalwahlen – sie standen unter einem schwierigen Stern. Die Präsentations- und Begegnungsmöglichkeiten waren begrenzt, Sitzungen im Rathaus fanden zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Das „WWW“, soziale Netzwerke und Videoformate waren das Mittel der Wahl. Fünfmal lud der HERZOG die Jülicher ein, über die wichtigsten Fragen an die Politik zu entscheiden und den Parteien die Möglichkeit, auf die Fragen zu antworten. Die Sorge, dass wegen der Kontaktgebote die Menschen ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen würden, erwies sich als unbegründet: Vor dem Wahltag am 13. September hatten im Kreis Düren bereits über 50.500 Menschen ihre Stimme per Briefwahl abgegeben und in Jülich lag mit 57,02 Prozent die Wahlbeteiligung sogar über dem Landesdurchschnitt. Im Nachklang galt es von vielen Ratsherren- und Damen Abschied zu nehmen, die nicht mehr zu Wahl antraten und einigen Ortsvorstehern, die ausgeschieden sind. Bürgermeister Axel Fuchs wurde mit über 83 Prozent wiedergewählt, die CDU bleibt nach der Wahl stärkste Fraktion. Sie hatte drei Wochen vor der Wahl den plötzlichen Tod ihres Fraktionsvorsitzenden zu verkraften.

Foto: Volker Goebels

Menschen

Mit Peter Capellmann verlor nicht nur die CDU einen Motor, Visionär und Vordenker. Der plötzliche und unerwartete Tod des 58-jährigen hinterließ auch in der Stadt an vielen Stellen ein vorübergehendes Vakuum. Die SPD betrauerte in diesem Jahr den Tod eines Urgesteins der Jülicher Sozialdemokratie: Hans Meyer. Die Pfarrei Heilig Geist musste im Januar Pastor Dr. Peter Jöcken zu Grabe tragen. Völlig unerwartet starb ebenfalls im Januar der „Vater des Science College“, Heinz Lingen. Der Wirt des Franziskaners, Hans Koßler, der über drei Jahrzehnte für viele Menschen ein fester Bestandteil im Leben von Jülich und der Jülicher war, starb im April. Nach langer schwerer Krankheit starb Uwe Palmen, dessen Name in Jülich fest mit dem Deutschen Roten Kreuz verbunden bleibt. Auch das Jahresende war von Abschieden gekennzeichnet: Der Herr der Natur- und historischen Wege Jülichs, Alwin Reiche, starb. Dr. Gerald Wilmsmann, Chefarzt am Jülicher Krankenhaus, erlag dem Corona-Virus.

Neben den endgültigen Abschieden gilt es an viele Menschen im Jahr 2020 zu erinnern, die Festtage zu feiern hatten: Altbürgermeister Dr. Peter Nieveler wurde 85 Jahre alt, Historiker Prof. Günter Bers 80 Jahre, ebenso Alt-Propst Heinrich Bongard und FH-Original Prof. Hermann Buchkremer.

Und an Ausgezeichnete: Jens Modrzynski und Oliver Jonas gewannen den Filmwettbewerb „Laterna Geographica“, der Kulturbahnhof wurde mit dem Kinoprogrammpreis NRW geehrt und Conrad Doose mit dem Minerva-Preis. Dieser wird, wie der avisierte Stadtmarketing-Preis an den Jazzclub und Peter Schmitz, allerdings erst im Laufe des Jahres 2021 offiziell übergeben. Als Europasieger durchs Ziel ging Alfred Hermes bei der Berglauf-EM auf Madeira. Apropos:

Sport

Wie viele Seiten der Sport hat können Interessierte im Jahrbuch 2021 des Kreises Düren nachlesen, das druckfrisch zum Jahresende erschienen ist. Hier wie im realen Leben hatte Sport keine „Quarantäne“. Er fand im Netz statt und mit AHA-Effekt und insgesamt über 300 Teilnehmern im Brückenkopf-Park. Im HERZOG-Trikot liefen die Ferienkinder zum 18. Fußballcamp im Karl-Knipprath-Stadion auf, weil Dorothée Schenk, Chefredakteurin des Stadtmagazins, die Schirmherrschaft übernommen hatte. Auf diesem Spielfeld fanden sich auch zur „historischen Verlobung“ die Traditionsvereine SC Jülich 1910/97 und SV Jülich 12 zusammen. Sie werden – nach langem Ringen – die Gegner im heimischen Stadion wohl auf einem Kunstrasenplatz empfangen können. Nicht das einzige Projekt, in das in Jülich Bewegung gekommen ist.

Mobilität

Richtig auf Spur gesetzt wurde das Jahresthema Wasserstoff schon im Februar, als der erste Wasserstoffzug an Gleis 3 in Jülich hielt. Und es ging Zug um Zug. Es wurde verkündet: Der S-Bahnanschluss nach Köln führt über Jülich, und der Braintrain wird seine Testfahrten beginnen. Allerdings nicht mit Wasserstoff – damit fährt erstmal die Stadt Jülich ihr Dienstfahrzeug. Der Kreis Düren lässt derweil seine Busse elektrisch fahren – fünf Stück derzeit. Wer Strom tanken will, der kann künftig in Jülich mehrere Punkte anfahren. Die Stadt rüstet in Sachen Ladesäulen nach langer Diskussion auf. Aber auch in Sachen Fahrrad macht sich die Stadt bereit: Radvorrangroute und RurUferRadweg werden auf- beziehungsweise ausgebaut. Die Stadt schafft ein Lastenfahrrad an und erprobt im Zuge des Mobilitätskonzeptes die autofreie Innenstadt – natürlich inklusive breiter Diskussion. Überhaupt wurde viel gesprochen in diesem Jahr.

Forschungsstadt

Der „Grundstein“ zum Brainergy-Park wurde gelegt und bis zum Jahresende weiter ausgebaut. „Wir wollen einer der Leuchttürme der Energiewende werden“, lautet das ehrgeizige Ziel. Das Fraunhofer Institut siedelt sich an, Vertreter von Siemens, Linde und F&S Solar gaben sich ein Stelldichein. Big Player interessieren sich für den Standort Jülich. Während sich das Forschungszentrum Jülich mit Supercomputer und Untersuchungen zum Pandemie-Szenario profiliert, erhält ETC für die Entwicklung von Hochdruckspeichern aus Carbonfasern zur gasförmigen Wasserstoffspeicherung den „AC²-Innovationspreis Region Aachen 2020″. Eppendorf baut derzeit den Standort Jülich weiter aus – es ist die dritte Erweiterung. Und etwas Abseits der Aufmerksamkeit entwickelt innoVitro so genannte „EarGuards“, Erleichterung für Maskentragende. Dass der Nachwuchs nicht ausgeht, dafür sorgen die Indenauten und auch die Schulen, wie Mädchengymnasium Jülich und Gymnasium Haus Overbach, die sich in Sachen „Digitalisierung“ breit aufstellen. Ein sichtbares Zeichen des Forschungsstadt ist seit diesem Jahr: Der zweite Solarturm.

Foto: Stadt Jülich / Gisa Stein

Veränderungen

Viele Bagger waren in diesem Jahr in Jülich unterwegs: Am Ginsterweg wachsen die Gebäude in die Höhe, in der Lindenallee wurde der nächste Bauabschnitt angegangen, während inzwischen die Abrisstätigkeiten an der alten Stadthalle begonnen haben entsteht auf Sichtweite das Verwaltungszentrum des Kirchenkreises Jülich, das mit dem Abbau des Rokoko-Tores begonnen wurde.
2020 war ein „Entscheidungsjahr“ – sichtbar wird manches erst ab 2021: Das Gymnasium Zitadelle benötigt bauliche Zuwendung ebenso wie die Grundschulen in städtischer Trägerschaft. Auch das Parkhaus Zitadelle soll absehbar in Angriff genommen werden. Das alles sind Bausteine für das Integrierte Handlungskonzept – InHK – für das 613 Ideen ausgewertet wurden und 229 Kommentare sowie knapp 7000 Bewertungen eingegangen sind. In den kommenden Jahren soll die Stadt mit 15 Millionen Euro Fördergeldern umgestaltet werden. Die letzte Umgestaltung liegt dann 35 Jahre zurück.

Jubiläen

Ausgefallen ist das 40-jährige Jubiläum der Bühne 80, etwas untergegangen wäre beinahe das Silberjubiläum des Jazzclubs Jülich, und „gerade so“  geschafft hat es noch das 20-jährige der NoiseLess-Reihe, wenn auch mit verminderter Gästezahl statt Party zum Jubiläum. Nur auf dem Papier im HERZOG feierte die Feuerwehr Güsten ihr 100-jähriges und auch die Tennisvereinigung Stetternich ihr 45-jähriges Jubiläum.

Und was bringt das neue Jahr: Auf 500 Jahre Jülich-Kleve-Berg werden wir blicken, ebenso auf 75 Jahre NRW mit Wilhelm Johnen, dem Herzog von Jülich. Vor 65 Jahren wurde der Grundstein zum heutigen Forschungszentrum Jülich – damals als Kernforschungsanlage – gelegt.  Da schließt sich der Kreis zum Jahresanfang, an dem Landtagsabgeordneten Dr. Patricia Peill anlässlich des Neujahrsempfangs und Verleihung des Stadtmarketingpreises 2020 auf das Jahr 2030 blickte und sagte „Die Zukunft ist Jülich!“


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